Mit Klient*innen verhandeln / Kontext Sozialhilfe

Stichwörter:

a.) generalisierbare Merkmale für alle Schlüsselsituationen zu diesem Titel

  • Die Ziele für die Zusammenarbeit zwischen Sozialarbeiter*innen und Klient*innen und die Vorstellungen über die Vorgehensweise gehen bei den Beteiligten (Klient*innen, andere am Problem oder der Lösung Beteiligte, PSA aus deren professionellen Sichtweise, das offizielle Mandat, denen PSA verpflichtet sind) auseinander.
  • Mit Hilfe geeigneten Verhandlungstechniken schaffen PSA eine gemeinsame Ausgangslage, auf deren Hintergrund Vereinbarungen möglich sind.
  • PSA unterliegen dem Spannungsfeld des Tripelmandates und sind bestrebt allen Perspektiven gerecht zu werden.
  • Die/der PSA erklärt den Klient*innen die Rahmenbedingungen und zeigt Konsequenzen von Verhaltensweisen auf, so dass die Klient*innen diese berücksichtigen können.
  • Die Klient*innen benötigen beim Erschliessen von Ressourcen die Unterstützung der PSA.

b.) generalisierbare Elemente welche die SH betreffen

  • Die Sozialhilfe arbeitet nach dem Subsidiaritätsprinzip, welches erfordert, Zuständigkeiten und deren Grenzen im Gespräch mit Klient*innen zu klären und diese offen zu kommunizieren. Klient*innen sind im Grundsatz dazu verpflichtet subsidiäre Leistungen auch geltend zu machen.
  • Der Klientel obliegen, um eine Dienstleistung zu erhalten, gewissen Pflichten wie Kooperationsbereitschaft, Schadenminderungspflicht usw. Diese sind Gegenstand der Verhandlung und können/sollen von PSA eingefordert werden.
  • Die/der PSA erklärt den Klient*innen die rechtlichen Rahmenbedingungen und zeigt Konsequenzen von Verhaltensweisen auf, so dass die Klient*innen diese berücksichtigen können.

5.1 Erklärungswissen – Warum handeln die Personen in der Situation so?

Fragestellungen Erklärungswissen:

  • Wieso verhalten sich KlientInnen in der SH ablehnend gegenüber PSA?
  • Wieso wird der Beziehungsaufbau im Rahmen der SH von PSA sekundär behandelt bzw. warum hat sie so wenig Bedeutung?

Rollentheorie Robert K. Merton

Laut Merton ist die Normativität der Rollen relativ, da das Individuum sich verschiedenen Bezugsgruppen gegenübersieht. Es findet sich nicht nur in einer Rolle sondern meistens in mehreren Rollen gleichzeitig. Dadurch kann es zu Rollenkonflikten führen (vgl. Abels 2019: 114).

Merton interessiert sich nicht für die Entstehung sozialer Ordnung, wie sein ehemaliger Lehrer Parsons. Er setzt sich mit den Phänomenen der Unordnung auseinander. Das heisst, dass viele Individuen die Normen der Gesellschaft gar nicht erfüllen können. Einige können es nicht und andere wollen es nicht. Aus dieser Erkenntnis ist eine Theorie der Anomie entstanden, die beschreibt, dass abweichendes Verhalten durch Unterschiedlichkeiten in den kulturellen Zielen und die dafür notwendigen Mittel gibt (vgl. ebd.: 115).

Merton unterscheidet dabei folgende Verhaltensformen:

  • Konformität: Die Ziele und legitimen Mittel werden anerkennt. Das Individuum verhält sich konform.
  • Innovation: Die Ziele werden anerkennt, die legitimen Mittel jedoch nicht. Das kann einerseits Reform sein, aber auch Kriminalität.
  • Ritualismus: Die Ziele wurden aus den Augen verloren, die Mittel werden aber nach wie vor verwendet. Das Individuum verhält sich traditionell und zwanghaft.
  • Eskapismus/Apathie: Individuum sieht die Ziele, als auch die Mittel dafür als falsch. So kann es entweder zum Ausstieg aus der Gesellschaft kommen oder zur Resignation.
  • Rebellion: Gewisse Ziele und Mittel werden anerkannt, andere wiederum nicht oder die kulturellen Ziele und institutionalisierten Mittel werden komplett abgelehnt. Das Individuum möchte jedoch nicht aus der Gesellschaft aussteigen, sondern sie verändern (vgl. ebd.: 116).

Konkret heisst dies nun, dass die Werte der Gesellschaft für dessen Mitglieder unterschiedliche Bedeutungen haben und auch nicht alle die gleichen Möglichkeiten haben sie zu erreichen. Die Normativität von Rollen ist an das Handeln der Individuen gebunden, da universelle Ziele einer Gesellschaft aufgrund der unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten (durch Schichtgrenzen innerhalb der Gesellschaft) nicht erreichbar sind. Das Handeln eines Individuums wird beeinflusst durch dessen Bezugsgruppen, deshalb sind Werte und Rollen auch abhängig von ihnen. Unter Bezugsgruppen versteht man eine Gruppe, derer Zustimmung oder Ablehnung dem Individuum wichtig sind. Dies kann eine konkrete Gruppe, eine Subkultur aber auch eine Organisation sein (vgl. ebd.: 117).

Zu jeder sozialen Position gehören viele Rollen, sozusagen ein Rollen-Set. So wird auch deutlich, dass viele verschiedene Erwartungen an eine Position gestellt werden und das Individuum mit unterschiedlichen, zum Teil auch widersprüchlichen, Erwartungen fertig werden muss (vgl.ebd.: 118).

Er stellt eine Verbindung zur Theorie des Rollenkonfliktes her. Diese beschreibt zwei unterschiedliche Möglichkeiten eines solchen Konfliktes:

  • Intrarollenkonflikt: Innerhalb einer Rollen werden von unterschiedlichen Bezugsgruppen verschiedene/widersprüchliche Erwartungen gestellt.
  • Interrollenkonflikt: Widersprüchliche Erwartungen an unterschiedliche Rollen des Individuums (vgl. ebd.: 119).

Ausserdem fragt Merton in seiner Theorie nach den sozialen Mechanismen, die einen Konflikt verhindern oder minimieren, die Ordnung wiederherstellen, die Struktur der Rollenbeziehungen erhalten und die Handlungsfähigkeit des Individuums sichern (vgl. ebd.: 119).

Bedeutung der Rollentheorie von Merton für PSA der Sozialhilfe

Wieso verhalten sich Klienten in der SH ablehnend gegenüber PSA?

Wieso wird der Beziehungsaufbau im Rahmen der SH von PSA sekundär behandelt bzw. warum hat sie wenig Bedeutung?

Wie Merton beschreibt haben Mitglieder der Gesellschaft unterschiedliche Möglichkeiten kulturelle Ziele und die dazugehörigen institutionellen Mittel zu erreichen. Klienten der SH können oder wollen die universellen Ziele der Gesellschaft nicht aus eigener Kraft erreichen, sie sind auf Unterstützung angewiesen. Dies kann dazu führen, dass sie unterschiedliche Verhaltensformen entwickeln unter anderem:

  • Ritualismus: Mittel werden anerkennt (Finanzierung durch die SH), die eigentlichen Ziele, die dadurch erreicht werden können, sind nicht mehr wahrnehmbar. Die Klienten haben die Situation akzeptiert und zeigen keine Bereitschaft die Ziele wieder in den Blick zu bekommen.
  • Eskapismus/Apathie: Die Klienten sehen sowohl die Mittel (hier beispielhaft die Angebote der SH zur Integration in den Arbeitsmarkt, institutionelle Unterstützung oder Beratung) als falsch, als auch die dazugehörigen Ziele (Integration, Entlastung, persönliche Weiterentwicklung) werden nicht anerkennt.
  • Innovation: Die Ziele werden anerkennt (z.B. Integration in den Arbeitsmarkt), jedoch die dazugehörigen Mittel nicht (z.B. Bewerbungen schreiben, Eigenverantwortung).
  • Rebellion: Gewisse Ziele werden anerkannt (z.B. Integration in den Arbeitsmarkt), andere wiederum nicht (z.B. persönliche Weiterentwicklung). Auch die Mittel werden teilweise anerkannt (z.B. Finanzierung SH), wieder andere werden abgelehnt (z.B. Beratung). Oder jegliche Ziele und Mittel werden abgelehnt und Klienten möchten weiterhin in der Gesellschaft bleiben, ohne sich verändern zu wollen, sondern sie möchten die Gesellschaft verändern.

Laut Merton hat jede soziale Position unterschiedliche Rollen mit damit verbundenen Erwartungen. PSA sind in ihrer Rolle an unterschiedliche Bezugsgruppen gebunden, wie zum Beispiel Sozialhilfe, Gesellschaft, Klientel oder weitere Organisation. Aus jeder Bezugsgruppe entstehen unterschiedliche Erwartungen an die Rolle als PSA. Zum Teil sind sie übereinstimmend, aber oftmals sind sie widersprüchlich zueinander. So erwartet die Bezugsgruppe Sozialhilfe eine möglichst schnelle Ablösung des Klienten von der Sozialhilfe, wobei das Klientel ernst genommen, Vertrauen gewinnen und (teilweise) eng begleitet werden möchte. Für das Vertrauen ist ein gelungener Beziehungsaufbau unabdingbar. Nun entsteht ein Intrarollenkonflikt. Das heisst die Erwartungen der unterschiedlichen Bezugsgruppen an den PSA sind widersprüchlich und können kaum miteinander vereinbart werden. Der PSA entscheiden, welcher Bezugsgruppe er gerecht werden möchte und welche deshalb eine grössere Bedeutung für den PSA hat. Da der PSA abhängig und auch ein Teil der Bezugsgruppe Sozialhilfe ist, werden deren Erwartungen höher gewichtet.

Ökosystemischer Ansatz von Urie Bronfenbrenner

Um zu verstehen, „warum handeln Menschen in bestimmten Situationen so?“ Gibt der Okosystemische Ansatz von Urie Bronfenbernner (vgl: Hurrelmann/Bauer 2020: 78/79) einige wichtige Hinweise. Nach dieser Theorie ist die menschliche Entwicklung massgeblich von seiner gesellschaftlichen Umwelt abhängig. Dieser Ansatz lässt sich dazu nutzen, die äußeren Einflussfaktoren darzustellen und zu analysieren. Die menschliche Entwicklung wird als die dauerhafte Veränderung der Art und Weise verstanden, wie die Person auf die Umwelt eingeht und sich mit ihr auseinandersetzt. Das entwicklungsfördernde bzw. hemmende Potential wächst demnach mit der Anzahl unterstützenden bzw. hemmenden Verbindungen in anderen Lebensbereichen.

Bronfenbrenner unterscheidet fünf Systeme, in welche der Mensch eingebunden ist:

  • Das Mikrosystem: Familie – nähere ökonomische Gegebenheiten, Umgebung
  • Das Mesosystem: Wechselbeziehungen verschiedener Mikrosysteme
  • Das Exosystem: Gesellschaftlicher Nahraum, Schule, Beruf, Freizeit
  • Das Makrosystem: Gesamtkultur einer Gesellschaft / Werte- und Normstruktur
  • Das Chronosystem: Entwicklungen der Systeme im zeitlichen Verlauf

Der Blickwinkel wird dabei insbesondere auf die Übergänge und die Wechselwirkungen vom einen System in das andere gelegt. Das heisst, Auswirkungen (Irritationen) in einer Systemebene haben Einfluss auf alle anderen Systeme.

Die Bedeutung des Okosystemische Ansatz für AntragstellerInnen der SH

Wieso verhalten sich Klienten in der SH ablehnend gegenüber PSA?

Im Falle der Sozialhilfe kommen Antragsteller*innen in Kontakt zu einem für sie bisher im Makrosystem gelegenen Bereiches. Dieser übt einen – je nach Konnotation im eigenen Mikrosystem – unterschiedlichen Einfluss auf sie selbst sowie die drei unteren der Systeme in welchen sie sich bewegen, also Familie, nähere Umgebung, Arbeit oder Freundeskreis aus. Die unterschiedlichen Reaktionen aus diesem näheren Umkreis darauf, dass die betreffende Person nun SH bezieht lenkt massgeblich ihr Verhalten. So kann beispielsweise ein ablehnendes Verhalten gegenüber der Sozialhilfe aus einem Schamgefühl gegenüber der eigenen Familie entstanden sein oder aus einer Stigmatisierung aus dem Freundeskreis stammen. Andererseits kann eine gelungene Intervention der SH dazu beitragen das Mikrosystem der antragstellenden Person zu stabilisieren und oder deren Werterhaltungen anzupassen.

Bedeutung des Okosystemisches Ansatzes für PSA der Sozialhilfe

Wieso wird der Beziehungsaufbau im Rahmen der SH von PSA sekundär behandelt bzw. warum hat sie wenig Bedeutung?

****Als Mitarbeitende der SH sind diese Akteure auf der Makro- & Chrono-System-Ebene. Somit unterliegen sie der gesellschaftlichen Entwicklung und gestalten allgemeine  Werte- & Normsysteme mit. Sie unterstehen somit dem Auftrag, in Gesetze  und Richtlinien gegossene gesellschaftliche Wertesystemen verschiedener Genres zu kanalisieren, diese laufend anzupassen und  umzusetzen. Damit ergibt sich für Mitarbeitende der SH auf der Systemebene einerseits das Spannungsfeld, Prozesse aus der Perspektive verschiedener ökosystemischer Flughöhen zu erfassen und im jeweiligen Fall einzubeziehen. Andererseits müssen sie die Ansichten, Werte- & Normsysteme, den von einer Notlage betroffenen Antragstellenden ebenfalls erfassen, und versuchen diesen gerecht zu werden. Dabei verdeutlicht sich das Dilemma, in welchem PSA stehen um möglichst beiden Systemen gerecht zu werden, insbesonders in Übergängen von einem System in ein anders. Kann man beispielsweise einer Gruppe von Notleidenden Menschen in einer bestimmten Situation durch gegebene Gesetze nicht gerecht werden oder werden bestehende Gesetze durch AntragstellerInnen ausgenutzt, hat dies bei einer genügend hohen Relevanz letztlich Auswirkung auf die Gesetzgebung. Änderungen in der Gesetzgebung haben dann wiederum direkt Auswirkung auf das Denken, das Handeln und auf das Wohl, sowohl der PSA als auch der AntragstellerInnen und deren Mikrosysteme. Somit stehen PSA unter der Notwendigkeit des ständigen Ausgleichs zwischen den Systemen Gesellschaft, Institution und Individuen. Sie sind angehalten gesellschaftliche Werte und Normen zu übernehmen und durchzusetzen, was in der Komplexität wiederum hemmend auf den Beziehungsaufbau zwischen KlientInnen und PSA wirken kann.

Stigmatisierungstheorie

Erving Goffman (2018:9) beschreibt und analysiert in seiner Stigmatisierungstheorie den Prozess der Stigmatisierung in alltäglichen sozialen Situationen.

Der Begriff Stigma kommt ursprünglich aus dem griechischen und umschreibt ein auffälliges, (negativ bewertetes) Merkmal oder Attribut. Dieses Merkmal kann einen körperlichen Zustand oder auch Verhaltensweisen betreffen, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen und bezeichnen die unerwünschte Andersheit einer Person und beschreibt so «die Situation eines Individuums, dass von einer vollständigen Akzeptierug ausgeschlossen ist.»  (vgl. Goffman 2018:7)

Nach Erving Goffmans Theorie gibt es zwei Formen der Identität; die virtuale und aktuale soziale Identität. Eine virtuale Identität konstituiert sich durch Merkmale und Eigenschaften, die der normativen Erwartung einer Gesellschaft in Bezug auf eine bestimmte Kategorie und den dazugehörigen Stereotypen entsprechen.  Bei einer Begegnung ordnen sich Menschen gegenseitig in bestimmte Kategorien, die von der Gesellschaft vorgegeben werden, ein. Sie gehen dabei von Vorannahmen über die jeweilig andere Person aus und wandeln diese mit normativen Erwartungen bzw. Forderungen um. Die aktuale Identität hingegen entspricht den aktuell vorhandenen Attributen einer Person. Durch eine negativ wahrgenommene Eigenschaft mit einer herabsetzenden bzw. einer stigmatisierenden Wirkung entsteht eine Diskrepanz zwischen der virtualen und der aktualen sozialen Identität. (vgl. ebd.:10).

Diese Diskrepanz zwischen den Identitäten führt dazu, dass eine Person als Ganzes abgewertet und diskreditiert wird und führt ebenfalls dazu, dass Menschen mit einem Stigma von der Gesellschaft diskriminiert werden. Ein Stigma bestimmt, wie eine Person wahrgenommen wird und welche Motive und Eigenschaften ihr aufgrund dessen zugeschrieben werden. Bei nicht stigmatisierten Personen stimmen die virtuale und aktuale Identität überein; sie entsprechen den allgemein geltenden normativen Vorstellungen der Gesellschaft. (vgl. ebd.:13).

Dieser Prozess der Stigmatisierung und Diskriminierung kann sich zu einem Teufelskreis entwickeln; durch Stigmatisierung und Diskriminierung wird eine Person oder Gruppe an den Rand der Gesellschaft gedrängt und ausgegrenzt. Durch das anhaftende Stigma, welches nur dadurch besteht Teil einer Randgruppe zu sein, wird es den stigmatisierten Personen erschwert oder sogar verunmöglicht wieder an der Gesellschaft teilhaben zu können.

Ein Stigma ist das Ergebnis von sozialen Definitionsprozessen und abhängig von intra- und interkulturellen variablen, sozialen Bewertungsprozessen. (vgl. Petersen et al. 2020:174) Stigmatisierungsprozesse erfüllen auch eine gesellschaftliche Funktion; als ein Mittel formaler sozialer Kontrolle (vgl. Goffman 2018:171) oder evolutionspsychologisch, um durch Ausschluss das Überleben der eigenen Gruppe zu gewährleisten. (vgl. Petersen et al. 2020:174)

Erving Goffman unterscheidet in seiner Theorie zwischen verschiedenen Stigmata bzw. Ausgrenzungskategorien, die körperliche Merkmale, Charaktereigenschaften und auch die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe oder Religionsgemeinschaft betreffen können. (vgl. Goffman 2018:12)  Von Bedeutung für die soziale Interaktion im Alltag ist jedoch, ob das Stigma auffällt oder nicht. Goffman unterscheidet dabei zwischen diskreditierten und diskreditierbaren Personen. (vgl. ebd.:56) Das Stigma einer diskreditierten Person ist ein Merkmal, das in sozialen Begegnungen sofort auffällt. Bei einer diskreditierbaren Person hingegen ist das Stigma nicht sofort und unmittelbar auffällig. In der sozialen Interaktion haben diskreditierbare Personen die Kontrolle darüber, ob sie ihr Stigma offenbaren wollen. Die Hauptaufgabe der Diskreditierbaren in sozialen Interaktionen besteht in der Steuerung dieser Information (vgl. Petersen et al. 2020:176). Goffman bezeichnet dies auch als Informationskontrolle (vgl. Goffman 2018:116).

Menschen nehmen in ihrem Leben unterschiedliche Rollen ein. Obwohl stigmatisierte Personen sich in bestimmten Lebensbereichen diskreditiert fühlen oder wahrnehmen, können sie in anderen Lebensbereichen und Rollen sehr wichtige und geschätzte Rollen mit einer hohen sozialen Position ausfüllen, in denen sie sich als selbstwirksam und erfolgreich erleben. Diese Rollen können für stigmatisierte Personen eine Balance darstellen und sind wichtig für das Selbstkonzept.

Auswirkungen von Stigmata und beschädigte Identität

Es gibt drei Arten, auf denen ein Stigma auf der individuellen Ebene zum Ausdruck kommen kann; als antizipiertes, erlebtes und internalisiertes Stigma (vgl. Petersen et al. 2020:174).

Als antizipiertes Stigma werden Erwartungen des Individuums bezeichnet, im sozialen Kontext stigmatisiert und diskriminiert zu werden. Diese Erwartungshaltung führt bei Betroffenen zu Verunsicherung und Stress, denn die Furcht vor Stigmatisierung bedroht die eigene soziale Identität und Betroffene erleben sich als vulnerabel. Dadurch wird ein vermeidendes Verhalten ausgelöst, durch das Betroffene sich zu schützen versuchen. Das erlebte Stigma bezeichnet tatsächlich erlebte Stigmatisierungserfahrungen eines Individuums, wobei hier die Art des Stigmas (auffällig oder nicht-auffällig) auch die Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl beeinflussen (vgl. ebd.:174).

Das internalisierte Stigma bezeichnet das Ergebnis, welches aus der Übernahme der negativen Bewertungen und Zuschreibungen in das eigene Selbstkonzept resultiert und zeigt sich darin, dass sich Betroffene selber als minderwertig wahrnehmen und sich schämen (vgl. ebd.:175).

Goffman geht in seiner Theorie davon aus, dass stigmatisierte Personen durch diese erlebte Diskrepanz, durch die Kluft zwischen dem Ist- und Soll-Zustand der eigenen Person (normativ), eine beschädigte Identität entwickeln (vgl. Goffman 2018).

Soziale Interaktion und Bewältigungsstrategien

Soziale Interaktionen zwischen stigmatisierten und nicht-stigmatisierten Personen werden oft als belastend und angespannt erlebt (vgl. Petersen et al. 2020:175). In einer gemischten sozialen Interaktion wird erwartet, dass Attribute, die den Statusunterschied begründen, nicht direkt thematisiert werden. Dazu gehört auch, das Stigma weitgehend zu ignorieren oder sich so zu verhalten, als ob das Stigma der betroffenen Person nicht relevant wäre für die aktuelle soziale Interaktion (vgl. ebd.176). Stigmaträger merken trotzdem, dass ihnen aufgrund ihres Stigmas nicht auf Augenhöhe begegnet wird und die Spannungen die sich daraus ergeben, müssen von den Beteiligten bewältigt werden. Betroffene versuchen durch unterschiedliche Strategien, die Stigmatisierung abzuwehren und ihren Selbstwert zu schützen. Bewältigungsstrategien von Betroffenen können sein:

  • Vermeidung stigmatisierender sozialer Kontakte und Situationen Stigmaträger meiden soziale Kontakte, Situationen oder Bindungen, in denen sie eine Stigmatisierung erwarten (vgl. ebd.:177).
  • Zurücknahme des persönlichen Engagements Durch eine innere Abgrenzung und Distanzierung von gesellschaftlichen Erwartungen und Zielen, die gebunden sind an bestimmte Lebensbereiche (wie die Erwerbsarbeit) versuchen stigmatisierte Personen ihren Selbstwert zu schützen(vgl. ebd.).
  • Pflege alternativer Beziehungen Stigmatisierte wenden sich verstärkt alternativen Beziehungen zu, in denen sie Wertschätzung und Anerkennung erfahren. Jeder Mensch übernimmt im Leben verschiedene Rollen und gehört unterschiedlichen Gruppen an, in denen er/sie auch unterschiedliche soziale Positionen einnehmen kann (vgl. ebd.).
  • Externale Attribution Stigmaträger schützen ihr Selbstwertgefühl, indem sie Ausgrenzung und Abwertungen nicht auf ihre persönlichen Eigenschaften, sondern auf die Vorurteile gegenüber ihrer Gruppe zurückführen (vgl. ebd.).
  • Informationskontrolle: Verheimlichung (nur bei nicht-auffälligen Stigmata möglich) Hier besteht die Hauptaufgabe darin, das Stigma vor dem Interaktionspartner zu verbergen und das Risiko des Entdeckt-Werdens zu vermeiden (vgl. ebd.:178).
  • Offene Feindseligkeit Stigmatisierte Personen reagieren mitunter auch offen feindselig und aggressiv auf gemischte soziale Interaktionen (vgl. Goffman 2018:28).

Stigmatisierung und Sozialhilfebezug

Sozialhilfebezug ist für Betroffene mit einem Gefühl der Statusdegradierung und Stigmatisierung verbunden, auch wenn der Sozialhilfebezug an sich und die Beziehungen zu den zuständigen Fachpersonen als unterschiedlich erlebt wird (vgl. Maeder et al. 2004:136). Dabei ist nicht die Armut an sich stigmatisierend, sondern erst dann, wenn Betroffene von der Gesellschaft unterstützt werden müssen. (vgl. ebd.) Die neue Arbeitsgesellschaft misst der Erwerbsarbeit einen hohen Stellenwert bei, die Lohnarbeit ist die Grundlage für ein selbstständiges und autonomes Leben in der modernen Gesellschaft. Wenn eine Person diesen Anforderungen nicht gerecht wird oder werden kann, kann eine Stigmatisierung der Person die Folge sein. Im Sozialamt wird aus einer armutsbetroffenen Person über den Status Sozialhilfebezüger eine diskreditierte Person. Das Stigma wird in einem Sozialamt hergestellt und sichtbar gemacht. (vgl. ebd.:137) Dies ist auch der Grund, weshalb viele bedürftige Personen sich erst sehr spät bei der Sozialhilfe anmelden. Die Angst vor Stigmatisierung und Diskriminierung ist sehr gross. (vgl. ebd.:142) Im Sozialamt können SozialhilfebezügerInnen ihr Stigma nicht verheimlichen, denn für die Überprüfung einer Anspruchsberechtigung müssen sie ihre persönlichen Verhältnisse offenlegen. (vgl. ebd.:138)

Beim Stigma des Sozialhilfebezügers handelt es sich um eine Abweichung von der gesellschaftlichen Norm.  Sozialhilfebezug und Armut werden oft mit negativen Zuschreibungen und Stereotypen wie Faulheit, Abhängigkeit und persönlichem Versagen und Selbstverschulden in Verbindung gebracht. Auch die materiellen Anreizmodelle der Sozialhilfe machen gleichzeitig und unbeabsichtigt Aussagen über Charaktereigenschaften der Personen, für die sie gedacht sind. (vgl. ebd.140)

Bedeutung der Stigmatisierungstheorie für PSA der Sozialhilfe

Wieso verhalten sich Klienten in der SH ablehnend gegenüber PSA?

Wieso wird der Beziehungsaufbau im Rahmen der SH von PSA sekundär behandelt bzw. warum hat sie wenig Bedeutung?

KlientInnen der Sozialhilfe sind vulnerable Personen, die sich in einer prekären Lebenssituation befinden. Der “Gang zum Sozialamt” wird von bedürftigen Personen oft als herabwürdigend und stigmatisierend erlebt. Die Informationskontrolle ist für die Erklärung der Situationen und Verhaltensweisen der KlientInnen wichtig. Durch den Sozialhilfebezug werden KlientInnen zu diskreditierten Personen, denn sie müssen ihre persönlichen Verhältnisse offenlegen. Dadurch verliert die stigmatisierte Person die Kontrolle darüber, ob sie ihr Stigma bzw. die Information darüber preisgeben will oder nicht, was für die betroffene Person einen Verlust der Autonomie und eine Bedrohung des Selbstwertes bedeuten kann.

Die KlientInnen versuchen sich in den Situationen durch unterschiedliche Bewältigungsstrategien zu schützen. Dabei ist eine “Zurücknahme des persönlichen Engagements” zu beobachten sowie eine vermeidende Strategie (oder eine Kombination aus beidem), welche ebenfalls dem Erhalt und Schutz des Selbstwertes dienen. Das antizipierte Stigma spielt in allen Situationen eine zentrale Rolle; Die Klientel erwarten, dass sie in der Sozialhilfe, aufgrund früherer Erfahrungen und den daraus resultierenden Erwartungen, stigmatisiert und diskriminiert werden. Diese Erwartungshaltung führt zu Stress und Verunsicherung der KlientInnen. Sie fühlen sich dadurch in ihrer sozialen Identität bedroht, können die Situation aber nicht vermeiden (Pflichtkontext) und werden dadurch schutzlos und verletzlich, was andere Verhaltensweisen und Schutzmechanismen, wie aggressive Verhaltensweisen, auslösen können.

Eine soziale Interaktion, in der stigmatisierte und nicht-stigmatisierte Personen aufeinandertreffen, ist eine Situation, die von Anspannung auf beiden Seiten geprägt ist. In der Sozialhilfe sind solche Interaktionen im Rahmen von Beratungsgesprächen Alltag. Auch für die Erklärung, warum dem Beziehungsaufbau in der Sozialhilfe wenig Bedeutung beigemessen wird, lässt sich gut anhand des antizipierten Stigmas erklären. Auch PSA gehen nie unvoreingenommen in eine Gesprächssituation. Durch Fallakten und mündliche Rapporte von anderen Fachpersonen machen PSA sich schon im Voraus ein Bild von der Person, die ihnen in der Situation begegnen wird. Die KlientInnen werden durch dieses Vorgehen bereits in bestimmte Kategorien eingeordnet, z.B. klassisch in würdige und unwürdige KlientInnen und / oder  einfache und schwierige KlientInnen und mit den entsprechenden Stereotypen versehen (vgl. Maeder et al. 2004:138).

Dieses Vorgehen hat einen Einfluss darauf, wie PSA ihren KlientInnen in der sozialen Interaktion begegnen. Auch das konkrete Handeln in der sozialen Interaktion, die gewählten Interventionen werden dadurch beeinflusst. Durch das Verhalten der KlientInnen in der Beratung fühlen sie sich in ihren Vorannahmen meistens bestätigt, vor allem wenn es sich dabei um «schwierige» KlientInnen handelt.  Der Klient, der den Termin verpasst (Vermeidungsstrategie) wird als unzuverlässig wahrgenommen, Klienten mit wenig persönlichem Engagement (Schutz des Selbstkonzepts) als unmotiviert oder gar faul, verbal aggressive Klienten (Schutzstrategie, ausgelöst durch Pflichtkontext) als bedrohlich und mühsam.  KlientInnen hingegen fühlen sich durch das Verhalten und die Interventionen der PSA, bei dem der Beziehungsaufbau und das Sinnverstehen sekundär behandelt wird, wiederum in ihren Erwartungen und Vorannahmen bestätigt, worauf sie mit ihren Bewältigungsstrategien reagieren; es entsteht ein zirkulärer Prozess oder besser gesagt, ein Teufelskreis.

5.2 Interventionswissen – Wie kann ich als professionelle Fachperson handeln?

Fragestellungen Interventionswissen

  • Wie kann ich eine Beziehung aufbauen – emphatisch sein – und trotzdem meine Themen behandeln?
  • Wie gehe ich mit dem Spannungsfeld Hilfe / Kontrolle in der Beratung konkret um?

Die Arbeitsbeziehung in der sozialen Beratung

Menschen sind soziale Wesen und auf Beziehungen angewiesen zur Bewältigung von Lebens- und Entwicklungsaufgaben. Gerade in prekären Lebenssituationen benötigen Betroffene verschiedene Formen der Unterstützung, die Anerkennung vermitteln oder praktischen, kognitiven und/ oder emotionalen Beistand bieten (vgl. Wendt/Mühlum 2013:53). Die Arbeitsbeziehung ist das Fundament des Unterstützungsprozesses in der Sozialen Beratung und gilt als entscheidender Wirkfaktor für einen gelingenden Beratungsprozess (vgl.ebd.:58). Im Mittelpunkt der sozialen Beratung steht die Förderung, Erhaltung oder das Herstellen der individuellen Handlungsautonomie. Das Ziel dabei ist, Partizipationsprozesse zu fördern und dadurch eine Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen (vgl. ebd.:55). In der Arbeitsbeziehung zwischen Fachperson und KlientInnen geht es immer um spezifische Aufgaben, die jeweils im Rahmen der sozialen Beratung bearbeitet werden. Im Vordergrund der Sozialen Beratung steht also eine Arbeitsbeziehung, welche die Fachpersonen in der sozialen Interaktion mit den KlientInnen konkret ausgestalten und welche auf transparenten Verabredungen zwischen Berater und KlientInnen beruht. Sie wird dabei von Methoden geprägt, die für den Beziehungsaufbau bedeutsam sind (vgl. ebd.:58). Die Organisation definiert dabei die Rahmenbedingungen der Arbeitsbeziehung, denn gerade im Pflichtkontext wählen weder Professionelle noch KlientInnen aus, ob sie miteinander arbeiten wollen (vgl. Hochuli-Freund/Stotz 2017: 86).Der Aufbau einer stabilen Arbeitsbeziehung ist mit grossen Herausforderungen und Anstrengungen verbunden und kann als Daueraufgabe über den ganzen Beratungsprozess hinweg verstanden werden (vgl.Warschburger 2009:72).

Soziale Beratung besteht nicht nur aus Beziehungsgestaltung, sondern bearbeitet auch konkrete Probleme von KlientInnen. Der Inhaltsaspekt wird dabei wesentlich vom Beziehungsaspekt beeinflusst (vgl. Stimmer/Ansen 2016:58). Für den Aufbau einer Arbeitsbeziehung bedeutet dies, eine Balance zwischen Beziehungsaufbau und der Bearbeitung der Themen der KlientInnen zu finden. Denn eine zu starke Fokussierung auf den Beziehungsaufbau kann dazu führen, dass die Probleme der KlientInnen vernachlässigt werden und dies würde dem Auftrag Sozialer Arbeit nicht gerecht werden.

Neben den Prinzipen des Ressourcenorientierung, Mehrperspektivität (Kontextorientierung) und Interessensvertretung ist vor allem das Prinzip der Verständigungsorientierung und das Prinzip «Sinn verstehen» für den Beratungsprozess und Beziehungsaufbau von grosser Bedeutung (vgl. Stimmer/Ansen 2016:56).

Beratungsprinzipien Prinzip Sinn verstehen Beratung kann als sinnbezogenes, soziales Handeln verstanden werden. Für eine gelingende Verständigung ist das Verstehen des Sinns in der Kommunikation zwischen Beratungsperson und KlientInnen darum sehr bedeutsam. In der Beratung werden sinnhaft aufeinander bezogene Mittteilungen wechselseitig zwischen Berater und KlientInnen ausgetauscht. Es findet dabei ein sinnbezogener und deutender Prozess statt, indem die Beratungsperson die subjektive Bedeutung von Verhalten und Handlungen der KlientInnen zu verstehen versuchen (vgl. Stimmer/Ansen 2016:63). Konkret geht es darum, die (unter Umständen sehr verschiedenen) Sinndeutungen, Situationsdefinitionen und Erwartungen sensibel aufeinander abzustimmen (vgl.ebd.:64). Verstehen ist eine Rekonstruktion im Dialog; KlientInnen haben das Bedürfnis, verstanden zu werden, denn dadurch wird Verbindung geschaffen, Unterstützung gesichert, Anerkennung und Wertschätzung signalisiert. Verstehen und Wissen ist dabei ein wechselseitiger Prozess; durch diesen Verstehensprozess kann sich die Beratungsperson Wissen über die Lebenslagen, erlebte Lebenswelt und subjektiven Deutungsmuster der KlientInnen aneignen, was ein vertieftes Verstehen wiederum erleichtert (vgl. Widulle 2012:104).

Prinzip der Verständigungsorientierung (Verhandlungsorientierung und Partizipation) Beim Prinzip der Verständigungsorientierung geht es um eine kommunikative Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehreren Personen. Die Verständigungsorientierung kann als wechselseitige Annäherung und Anpassung und Vertrauensbildung verstanden werden (vgl. Stimmer/Ansen 2016:58). Dabei verhandeln Berater und KlientInnen gemeinsam über Problem- und Ressourceninterpretation und auch über mögliche Lösungswege. Hier geht es um das Zusammenspiel von Lebensweltexpertise der KlientInnen und der Fachkompetenz der Professionellen (vgl. Straßburger/Rieger 2014:47). Durch dieses Vorgehen werden KlientInnen als gleichwertige und gleichberechtigte Partner anerkannt, als ein unverzichtbarer Bestandteil für die Leistungsentstehung (vgl. Wendt/Mühlum 2013:56). Verständigungsorientiert beraten bedeutet, KlientInnen zu aktiven Co-Produzenten zu machen. Durch dieses Verständnis kann ein Ausgleich zwischen der asymmetrischen Beziehung, welche sich aus dem fachlichen Wissensvorsprung und der Machtposition der Beratungsperson ergibt, und der persönlichen Beziehung zu den KlientInnen geschaffen werden (vgl.ebd.:60). Verständigungsorientiert  beraten meint dabei nicht, dass Fachpersonen im Beratungsprozess auf persönliche Meinungsäusserungen oder konfrontierende Rückmeldungen verzichten müssen, diese sind oft sogar notwendig (vgl.Stimmer/Ansen 2016: 59). Dafür ist eine kongruente Haltung erforderlich; eine fassadenhafte Haltung und ein Rückzug in fachliche Kompetenzen, um den persönlichen Kontakt zu meiden kann von KlientInnen als Zurückweisung empfunden werden. Sie erfahren dadurch keine persönliche Resonanz auf ihre Probleme und können dadurch die Situation nicht einschätzen (vgl. Wendt/Mühlum 2013:60).

Methoden zum Beziehungsaufbau und -stabilisierung

Gesprächs- und Begegnungsvorbereitung – Antizipierte Empathie

Um einen ersten Zugang zu KlientInnen zu finden ist die «antizipatorische Empathie» eine hilfreiche Methode (vgl. Wendt/Mühlum 2013:61). Dabei bereitet sich die Beratungsperson mithilfe von Fallakten und anderen Informationen zu den KlientInnen auf das Gespräch vor. Die Methode wird in vier Schritten umgesetzt:

  • Identifikation: Gefühle und Gedanken von KlientInnen werden anhand der Vorinformationen (z.B. aus den Fallakten) kognitiv nachvollzogen.
  • Inkorporation: Erfahrungen von KlientInnen werden in diesem Schritt von der Beratungsperson gefühlsmässig so nachvollzogen, als wären es eigene Erfahrungen.
  • Reflexion: Es werden eigene, analoge Erfahrungen aktiviert, um ein vertieftes Verständnis für die KlientInnen zu erlangen.
  • Distanz: Zum Schluss erfolgt eine logische und objektive Analyse der wahrgenommenen Gefühle, Gedanken und Erfahrungen der KlientInnen.

Dieses Vorgehen ermöglicht eine emphatische Vorbereitung auf die erste Begegnung mit KlientInnen (vgl. ebd.:61). Empathie ist für den gesamten Beratungsprozess, insbesondere für den frühen Beziehungsaufbau bedeutsam. Empathie drückt sich durch eine nonverbale Zuwendung, eine klare und präzise Sprache und durch eine interessierte und wertschätzende Haltung aus. Die Beratungsperson schafft so eine Atmosphäre, in der sich die KlientInnen willkommen fühlen (vgl. ebd.61). Insbesondere für KlientInnen, die negative Erfahrungen mit Helfersystemen gemacht haben, kann dadurch ein neuer und positiver Zugang ermöglicht werden.

Drei – Phasen – Modell des Vertrauensaufbaus nach Franz Petermann

Der Vertrauensaufbau ist für eine gelingende und tragfähige Beziehung zentral, dies bezieht sich auf das Vertrauen in andere Personen und auch auf das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Kräfte. In einer Beziehung durchläuft der Vertrauensaufbau verschiedene Entwicklungsstadien. In der Regel beginnt der Vertrauensaufbau mit einer Risikoabschätzung und basiert dabei hauptsächlich auf rationalen Faktoren. Durch die Zunahme von Wissen über den Interaktionspartner treten diese rationalen Faktoren immer mehr in den Hintergrund und werden durch Beziehungsfaktoren (Identitätsbasiertes Vertrauen oder auch Misstrauen) ersetzt. Das Grundlage für das identitätsbasierte Vertrauen bilden gemeinsame Ziele, aber auch Interessen und Werte (vgl. Petermann 2013:109-110). Vertrauen kann nur in einer angstfreien Atmosphäre aufgebaut werden und dazu ist ein Mindestmass an Sicherheit nötig. Sicherheit kann durch Sicherheitssignale vermittelt werden, die sich beispielsweise in Gesten und durch eine klare Sprache ausdrücken können. Das Drei-Phasen Modell von Petermann zeigt auf, wie im Beziehungsaufbau kontinuierlich und konsistent Sicherheitssignale durch die Beratungsperson gesendet werden können, die den Vertrauensaufbau der KlientInnen unterstützen. Im Modell wird Vertrauen in drei Phasen aufgebaut (vgl. ebd.:113).

  • Phase 1: Herstellen einer verständnisvollen Kommunikation – Gezielte Zuwendung

Die Beratungsperson baut in dieser Phase das Vertrauen durch aktives Zuhören und eine zugewandte Körperhaltung und Mimik auf. Veränderungen bei den KlientInnen in Körperhaltung, Mimik, Gestik oder im sprachlichen Verhalten werden dabei von der Beratungsperson erfasst und zurückgemeldet. Die Beratungsperson konzentriert sich dabei sehr intensiv auf die KlientInnen, um sich dadurch Ängste, Befürchtungen und Wünsche und auch Forderungen wahrnehmen und sich in die KlientInnen einfühlen zu können. Dadurch wird eine verständnisvolle Kommunikation ermöglicht (vgl. ebd.:113). Durch dieses Vorgehen wird zudem Interesse und Neugierde am Gegenüber signalisiert.

  • Phase 2: Abbau bedrohlicher Handlungen

Oft werden Handlungen der Beratungsperson in der sozialen Interaktion von den KlientInnen als bedrohlich wahrgenommen, auch wenn dies nicht bewusst geschieht. Als bedrohlich werden beispielsweise Situationen oder Handlungen wahrgenommen, die von den KlientInnen nicht eingeordnet werden können, durch diese sie sich benachteiligt oder nicht angesprochen fühlen. Wenn dieser Zustand länger anhält, also Sicherheitssignale ausbleiben, dann werden KlientInnen passiv, erneute Kontaktversuche werden vermieden und es kann dadurch kein Vertrauen aufgebaut werden. Um solch bedrohlichen Situationen und der daraus resultierenden Desorientierung vorzubeugen, muss die Beratungsperson ihr Verhalten gut planen und ihrem Gegenüber transparent machen. Dies kann durch eine klare und eindeutige Sprache geschehen, die das eigene Handeln begründet. Durch Feedbacks wird den KlientInnen eine Orientierung über ihr Verhalten gegeben. Diese Techniken bieten ein Mindestmass an Struktur in der sozialen Interaktion und können Unsicherheiten abbauen (vgl. ebd.:113). Zu den häufigsten Gesprächsfehlern, die auf KlientInnen sehr bedrohlich wirken können, gehören Bewertungen, Moralisierungen, Bagatellisierungen, Kategorisierungen und Belehrungen. Solche Kommunikationsformen signalisieren KlientInnen, dass sie nicht ernst genommen werden in ihren Problemlagen. Durch das Demonstrieren einer solchen scheinbaren «Überlegenheit» wird der Vertrauens- und Beziehungsaufbau erschwert oder sogar verhindert (vgl. Wendt/Mühlum 2013:67).

  • Phase 3: Gezielter Aufbau von Vertrauen

In der letzten Phase wird durch geplante und gezielte Handlungen der Beratungsperson das Vertrauen der KlientInnen systematisch aufgebaut. Den KlientInnen wird dabei durch anspruchsvolle Aufgaben Kompetenzen übertragen. Die übertragenen Aufgaben müssen dabei reale Erfolgschancen haben und für die KlientInnen zu bewältigen sein, um ihnen Erfolgserlebnisse zu ermöglichen. Die Aufgaben sollten jedoch auch nicht zu leicht zu bewältigen sein; es muss zu einer gewissen Anstrengung seitens der KlientInnen kommen. Durch das Übertragen von anspruchsvollen Aufgaben durch die Beratungsperson erleben die Klientinnen das Gefühl, dass ihnen etwas zugetraut wird. Dadurch können sie nötige Kompetenzen aufbauen, die mehr Selbstständigkeit und Selbstvertrauen ermöglichen. Durch die wachsenden Erfolge bei der Bewältigung von Aufgaben und Anforderungen wird das Selbstvertrauen und die Selbstwirksamkeit als grundlegende Voraussetzung für Vertrauen (zu anderen Personen) gefördert.  Mit dem Begriff Aufgaben sind auch alltägliche Handlungen oder Verhaltensweisen gemeint. Im Laufe des Beratungsprozesses werden die Aufgaben schwieriger und weniger einfach zu bewältigen. Von hoher Relevanz ist, dass KlientInnen sich selbst die Erfolge für die Bewältigung der Aufgaben zuschreiben und nicht äussere Umstände dafür verantwortlich machen; denn dadurch wird das eigene Verhalten als effektiv erlebt (vgl. ebd.:113-114).

Kommunikationstechniken in der Gesprächsführung

Die folgenden Gesprächstechniken sind Grundlagen in der Gesprächsführung und fördern den Aufbau einer tragfähigen Arbeitsbeziehung. (vgl. Wendt/Mühlum 2013:67).

  • Hilfreich fragen

Das Formulieren von hilfreichen Fragen zählt zu den wichtigsten Kompetenzen in der sozialen Beratung. Ungünstige Frageformen stellen Kommunikationsbarrieren dar und sollten darum vermieden werden. Warum-Fragen lösen oft ein rechtfertigendes Verahlten aus und wirken bohrend, Kontrovers-Fragen (ist das nun so?) engen ein und Suggestivfragen (Finden Sie nicht auch, dass….?) beinhalten meist schon eine Antwort. Geschlossene Fragen bringen nur wenig Informationen, da sie mit Ja und Nein beantwortet werden können (vgl.Widulle 2012:105).

Die sogenannten W-Fragen gelten als sehr hilfreiche Fragen in Gesprächen, da durch sie subjektive Deutungen geklärt und das gegenseitige Verstehen angeregt wird.

Offenen Fragen bringen vielfältige Informationen (z.B. wann, wo, wieviel, wer, was , wohin, wozu…..?)

Orientierende Fragen führen zum Thema zurück und fokussieren ohne direkte Steuerung ( Wo waren wir stehen geblieben…?)

Konfrontierende Fragen zeigen Widersprüche auf und konfrontieren mit Diskrepanzen. (Sie haben gesagt,……wie ist es nun mit….?) (vgl ebd.:105).

  • Gefühle treffend wiedergeben

Unterdrückte, diffuse, ambivalente oder negative Emotionen sind in der Beratung oft Gegenstand des Klärungsprozesses. Das Wiedergeben von Gefühlen hat dabei eine Veränderungsfunktion; Indem Gefühle benannt und bewusst gemacht werden verändern sie sich bereits. Verständnis und Akzeptanz von Gefühlen stärken die Beziehung. Wenn KlientInnen wichtige Gefühle erkennen lassen oder auch wenn der Beratungsperson die Gefühle der KleintInnen unklar sind oder negative Gefühle im Raum stehen, sollten diese verbalisiert werden. Es sollte dabei auf eine präzise Sprache und ein Benennen der Gefühle im Hier und Jetzt geachtet werden (vgl.ebd.:108).

  • Stellung nehmen – Zustimmung und Kritik

Das Feedback ist eines der lernwirksamsten Formen des sozialen Lernens. Rückmeldungen und Stellungnahmen der Beratungspersonen können für die KlientInnen im Beratungsprozess sehr hilfreich sein. Stellungnahmen enthalten jedoch oft auch Wertungen und sind mit Zustimmung oder Kritik verbunden; hier gilt es eine Balance zu finden.

Eine fachliche Stellungnahme ist dabei von der Stellungnahme in der kooperativen Problemlösung zu unterscheiden; Stellungnahmen in der kooperativen Problemlösung stellen die subjektive Sichtweise der Beratungsperson dar und müssen so vertreten werden, dass sie Lernprozesse bei den  KlientInnen ermöglichen. Fachliche Stellungnahmen hingegen, die sich aus einem fachlichen Mandat heraus ergeben, sollten den KlientInnen fachlich präzise mitgeteilt und erläutert werden, so dass die KlientInnen diese verstehen. Es ist hilfreich, dass jeweils transparent gemacht wird, ob es sich um eine persönliche oder fachliche (unpersönliche) Stellungnahme handelt. Kritik und Konfrontation sollten immer respektvoll, konkret und ehrlich sein (vgl.ebd.:113).

  • Beziehungssensibel kommunizieren

Der Mensch hat ein grosses Bedürfnis nach Autonomie und Selbstwirksamkeit und diese Bedürfnisse beeinflussen auch viele Handlungen und Verhaltensweisen. Widerstand in der Beratung ist beispielsweise oft ein Schutzmechanismus, um das eigene Selbstbild zu schützen. Gerade im Spannungsfeld von Hilfe und Kontrolle ist es wichtig, beziehungssensibel zu kommunizieren. Beziehungssensibel kommunizieren meint, dass die Beratungsperson das Selbstbild der KlientInnen nicht verletzt, ihre Selbstbestimmung respektiert und diese vor unnötiger Beschämung schützt (vgl. ebd.113).

Trennen der Beziehungs- und Sachebene beim Verhandeln mit KlientInnen Wie bereits erwähnt, sind Beratungspersonen gefordert, eine Balance zwischen der Beziehungs- und Inhaltsebene zu finden im Beratungsprozess. Störungen auf der Beziehungsebene können Verhandlungen auf der Sachebene beeinflussen und haben somit immer Vorrang. Konkret bedeutet dies, dass im Konflikt beide Ebenen voneinander getrennt werden sollten durch konkretes Thematisieren der Probleme. Durch diese Trennung und das Einbeziehen der KlientInnen in die Problemlösung kann vermieden werden, dass sich KlientInnen als Person angegriffen fühlen (vgl. Knapp/Novak 2006:30), denn Menschen haben das Bedürfnis nach Anerkennung und möchten mit ihren Anliegen und Problemen ernst genommen werden.

Die Metakommunikation ist zur Klärung von Störungen, Widerstand und Blockaden eine hilfreiche Methode und kann auch als Störungsprävention eingesetzt werden. Eine explizite Metakommunikation ist dann angezeigt, wenn Störungen den Beratungsprozess beeinträchtigen und sich Interaktionsmuster entwickeln, die den Prozess behindern. Sie sollte deutlich als Thema formuliert werden und von den restlichen Themen im Gespräch abgehoben werden (vgl.Widulle 2012:114).

Bedeutung des Beziehungsaufbaus für die PSA der Sozialhilfe

Wie kann ich eine Beziehung aufbauen – emphatisch sein – und trotzdem meine Themen behandeln?

Wie gehe ich mit dem Spannungsfeld Hilfe / Kontrolle in der Beratung konkret um?

Die Arbeitsbeziehung ist die Grundlage für den weiteren Hilfeprozess, das bedeutet konkret, dass in den Aufbau der Arbeitsbeziehung Zeit investiert werden muss. Der Beziehungsaufbau ist eine kontinuierliche Aufgabe über den ganzen Beratungsprozess hinweg. Das Verstehen der KlientInnen, sich Wissen zu ihren subjektiven Sinndeutungen und Lebenswelten anzueignen ist dabei zentral. Dieses Vorgehen, der Beziehungsaufbau als Grundlage für Aushandlungsprozesse um KlientInnen mit ihren Problemlagen verstehen zu können, ist notwendig um gemeinsam Ziele zu entwickeln, die für die KlientInnen und PSA tragbar, vertretbar und realistisch sind. Im Konzept der Sozialhilfe wird dies unter anderem im Prinzip des Förderns und Forderns verdeutlicht;

«Es stehen dabei nicht Defizite der Armutsbetroffenen im Vordergrund, sondern deren Stärken und Ressourcen. Um die Ziele der Sozialhilfe umzusetzen, ist die Mitgestaltung der von Armut betroffenen Menschen unerlässlich. Denn das «Fordern» ist nur dann legitim und wirksam, wenn die unterstützten Personen auch tatsächlich die Möglichkeit haben, ihre Verantwortung wahrzunehmen. (vgl. Konzept der SH:9)

und

«Unter dem Begriff der zumutbaren Selbsthilfe wird verlangt, dass die Pflichtanordnung im Einzelfall immer konkret sowohl rechtlich wie auch fachlich zu prüfen und differenziert umzusetzen ist. Zumutbar ist rechtlich eine Pflicht, wenn die Klientin bzw. der Klient in der Lage ist, diese zu erfüllen. Gesundheitliche (physisch, psychisch), psychosoziale wie auch (sozial-)strukturelle Gründe sind bei manchen Klientinnen und Klienten Ursache dafür, dass sie nur sehr beschränkt in der Lage sind, die adäquate Selbsthilfe wahrzunehmen. Klientinnen und Klienten haben einen Anspruch auf fachlich massgeschneiderte Hilfe, die sie bei Bedarf in der Erfüllung ihrer Pflichten fördert und unterstützt.» (vgl.ebd.:23)

Um feststellen zu können, ob und in welchem Umfang die eigene Selbsthilfe und das Verantwortung übernehmen für die KlientInnen zumutbar ist und über welche Probleme und Ressourcen die KlientInnen verfügen, sind Aushandlungsprozesse, im Sinne des Verstehens und Deutens, zentral. Sie sind die Grundlage für eine soziale Diagnose. Im Konzept der Sozialhilfe wird der Beziehungsaufbau zu KlientInnen im Rahmen des Erstgesprächs jedoch nur kurz erwähnt (siehe auch Konzept SH:42).

Diese Voraussetzungen und Wissensbestände verlangen nach einer Reflexion darüber, ob es fachlich und ethisch vertretbar ist, dass beispielsweise Langzeitarbeitslose, welche für die Arbeitswelt nicht mehr attraktiv sind und deren Ablösungswahrscheinlichkeit von der Sozialhilfe als gering beurteilt wird, auch in der Sozialberatung der Sozialhilfe teilweise sekundär behandelt werden und ob sich dieses wirtschaftliche Interesse und damit verbundene ökonomische Menschenbild mit den ethischen Prinzipien und den Menschenrechten vereinbaren lassen. Die PSA sind darum gefordert, sich gegebenenfalls diesen Raum und die Zeit zu nehmen für den Beziehungsaufbau und um ihr Handeln fachlich und ethisch zu begründen und so vermeiden, dass rechtliche und organisationale Vorgaben in einer hierarchischen Struktur von oben nach unten einfach an die KlientInnen weitergegeben werden.

In den Situationen der Sozialhilfe zeigen sich sehr komplexe Problemlagen, die nach zeitintensiveren Aushandlungsprozessen verlangen. Die PSA müssen zuerst verstehen, um welche Probleme es konkret geht im Fall, bevor weiterführende Interventionen geplant werden können. Hier kommen die Beratungsprinzipien «Sinn verstehen» und die «Verständigungsorientierung» zum Tragen. In Aushandlungsprozessen geht es darum, die Problemlagen der KlientInnen mit ihren subjektiven Deutungsmustern zu verstehen, sich mehr Wissen zu den KlientInnen und ihren Lebenslagen anzueignen, aber auch darum, sich gemeinsam über Ressourcen- und Probleminterpretation auszutauschen und über mögliche Lösungswege zu verhandeln.

Ohne Zeitinvestment seitens PSA in den Beziehungsaufbau ist auch kein Vertrauensaufbau und Verstehen möglich und somit auch keine professionelle soziale Diagnose, im Sinne des Verstehens und Deutens, welche die Basis für die weiteren Zielvereinbarungen und Interventionsplanung bildet.

Die PSA sind in der Beratung gefordert, eine Balance zwischen der Beziehungs- und Inhaltsebene zu finden, um gleichzeitig an ihren Themen arbeiten zu können, aber auch um eine Beziehung zu den KlientInnen aufzubauen. Eine zu starke Fokussierung auf den Beziehungsaufbau kann dazu führen, dass die Probleme der KlientInnen vernachlässigt werden und ein Rückzug in rein fachliche Kompetenzen lässt KlientInnen ebenfalls mit ihren Problemlagen alleine. Was nicht bedeuten soll, dass auf eine Stellungnahme (auch auf eine fachliche Stellungnahme) verzichtet werden soll. Durch Rückmeldungen durch die PSA können die KlientInnen die Situationen besser einschätzen und die Beratungsgespräche in der Sozialhilfe als weniger bedrohlich wahrgenommen, zudem werden sie dadurch als gleichberechtigte Partner anerkannt. Konkret kann hier also festgehalten werden, dass Beziehungs- und Inhaltsebene fest miteinander verbunden sind und sich gegenseitig bedingen und nur durch die gleichwertige Berücksichtigung beider Ebenen dem Auftrag der Sozialen Arbeit Rechnung getragen werden kann.

Lösungsorientierter Ansatz, Insoo Kim Berg & Steve de Shazer

Der Lösungsorientierte Ansatz von Steve de Shazer und seiner Frau Insoo Kim Berg richtet den Fokus weg von einer Strategie zur Bewältigung von Problemen hin zu einer Orientierung an einer gelungen Zukunft, in der die beklagte Situation nicht mehr besteht.

Ist eine solche „Vision“ erst einmal konstruiert, „dann entwickeln Klienten und Klientinnen häufig  ́spontane ́ Formen der Lösung ihrer Schwierigkeiten“ (vgl. de Shazer, 1989). De Shazer orientierte sich in diesem Zusammenhang an der sog. „Kristallkugel- Technik“ sowie am „Refraiming“ („Umdeutung“) die von Milton Erickson bereits in den 50er Jahren begründet worden war.

Aufbauend auf die Grundannahmen der Systemtheorie und des Konstruktivismus geht der lösungsorientierte Ansatz davon aus, dass es Lösungen gibt (und zwar mehr als eine) und diese nicht vom Berater oder von der Beraterin definiert, sondern in einem gemeinsamen Prozess zwischen Kunde oder Kundin und Berater bzw. Beraterin konstruiert werden und konzentriert sich auf die Frage, woran der Klient oder die Klientin merken wird, dass sein oder ihr Problem gelöst ist (vgl. de Shazer, 1989). Das Ziel des lösungsorientierten Arbeitens ist daher nicht die Lösung als solche, sondern die Lösungsorientierung an sich.

Steve de Shazer hat die Strategie lösungsorientierter Gesprächsführung wie folgt definiert:

  1. Was will der Klient? (Dynamik, Ziel)
  2. Was kann der Klient tun? (Ressourcen)
  3. Was ist der nächste Schritt? (Handeln) (vgl. Baeschlin & Baeschlin, 2001)

Zusätzlich hat Insoo Kim Berg drei Leitsätze entwickelt, die eine Orientierung bei der Suche nach Lösungen geben sollen:

  1. Repariere nicht, was nicht kaputt ist!

  2. Wenn etwas funktioniert, mache mehr davon!

  3. Wenn etwas nicht funktioniert, wiederhole es nicht. Mach etwas anderes!

Günter Bamberger skizzierte in diesem Zusammenhang sieben Merkmale, die für lösungsorientierte Berater und Beraterinnen kennzeichnend sind (vgl. Bamberger, 1999):

  1. Entwicklung von Möglichkeiten
  2. Aktivierung von Ressourcen
  3. Ermutigung für den ersten Schritt
  4. Bewunderung von Autonomie
  5. Supervision für die Interaktion mit der Außenwelt
  6. Förderung von Normalität
  7. Unterstützung von Selbstwirksamkeit

Bedeutung des lösungsorientierten Ansatzes für PSA der Sozialhilfe

Wie kann ich eine Beziehung aufbauen – emphatisch sein – und trotzdem meine Themen behandeln?

Wie gehe ich mit dem Spannungsfeld Hilfe / Kontrolle in der Beratung konkret um?

Ausgehend vom Refraiming, könnte dies im Kontext der SH bedeuten, die negative Energie mit welcher KlientInnen der SH begegnen direkt umzudeuten zu einer positiven Kraft. Im Refraiming gehen die PSA somit nicht auf die Ablehnung oder deren Gründe ein, sondern fokussieren sich direkt auf die Kraft der Überwindung dieser Vorurteile. So Können PSA den Fokus darauf legen, dass Antragstellerin, welche ein ablehnendes Verhalten gegenüber der SH aufzeigen, sich überwunden und die Kraft gefunden haben, trotz der Vorurteile, diese aufzusuchen. Diese Kraft der Überwindung kann einerseits thematisiert werden oder aber der Wegweiser zu einem Lösungsorientierten Handeln sein, da dadurch die im Hintergrund liegende Motivation der Antragstellenden zum Ausdruck kommt.

In der Anwendung des lösungsorientierten Ansatzes entwickeln die KlientInnen eine Vision für ihr zukünftiges Leben. PSA begleiten sie auf diesem Weg achtsam ohne ihnen eine Lösung aufzudrängen. So könnte das Ziel einer antragstellenden Person sein, wieder selbständig und ohne SH zu leben. Dabei setzt sie sich kleine Ziele und wird dabei von PSA Schritt für Schritt in der Umsetzung unterstützt.

Die einmal gefundene Vision ist dabei der Wegweiser, welcher die Richtung vorgibt.

Anhand der drei Leitsätze von Insoo Kim Berg und Steve de Shazer werden die KlientInnen bewusst nicht in einer allfälligen Defizit-Orientierung gestärkt, sondern als  Expertinnen ihres eigenen Lebens ernstgenommen und gefördert. Mit Zuhilfenahme der Merkmale nach Bamberger werden KlientInnen der SH in ihrer Autonomie gestärkt, womit sich einer langjährigen Abhängigkeit von Sozialhilfe direkt entgegen wirken lässt. Darüber hinaus bietet dieser Ansatz den Beteiligten Hand, durch die Orientierung am selben Ziel, eine fundierte Arbeitsbeziehung aufzubauen sowie das Spannungsfeld von Hilfe und Kontrolle zu überbrücken.

Das Transtheoretische Modell nach Prochaska et al. (1994)

Das Transtheoretisches Modell ist ein deskriptives Modell der Veränderung, welches in sechs auf sich aufbauenden Schritten gegliedert ist. Dabei sind folgende Grundannahmen leitend:

  • Die Motivationsveränderung wird als Prozess betrachtet, der über bestimmte Stufen abläuft. Diese Stufen sind sowohl stabil als auch offen.
  • Gezielte Interventionen in Bezug zu den Stufen sind notwendig. Ansonsten verharrt das Klientel auf der Stufe.
  • Bei der Methodenwahl müssen die Stufen berücksichtigt werden, dies vergrössert das Veränderungspotenzial (vgl. Klug/Zobrist 2021: 40).
  • Der Fokus der Interventionen liegt auf der Verbesserung der Selbstkontrollfähigkeit.
  • Um eine erfolgreiche Veränderung zu erreichen ist das durchlaufen aller Stufen ausschlaggebend. Dies kann linear geschehen, in der Regel ist ein Zurückfallen auf eine vorherige Stufe durchaus möglich. Die daraus entstandenen Erfahrungen können genutzt werden, um weitere Interventionen zu planen (vgl. ebd.: 41f.).

Das Modell ist in sechs Stufen gegliedert:

  1. Absichtslosigkeit: Verhaltensänderung steht bei der Klient*in nicht im Fokus. Dies kann der Fall sein, weil ihnen die Konsequenzen ihres Verhaltens nicht bewusst sind oder sie beim Versuch etwas zu verändern mehrmals gescheitert sind. Dieses Verhalten thematisieren die Klienten nicht.
  2. Absichtsbildung oder Nachdenklichkeit: Auf dieser Stufe setzt sich das Klientel bewusst mit dem eigenen Verhalten auseinander. Dies hat aber noch nicht zur Folge, dass Verhaltensalternativen geplant werden. Ein ambivalentes Verhalten ist typisch für diese Stufe. Das Klientel vergleicht die Vor- und Nachteile einer Verhaltensänderung.
  3. Vorbereitung: Die Vor- und Nachteile wurden bedacht und die Vorteile überwiegen nun. Eine Veränderung in absehbarer Zukunft wird geplant. Diese Stufe ist jedoch nur eine Durchgangsphase, da man nicht endlos planen kann. Es geht darum, ob sie sich die Verhaltensänderung zutrauen.
  4. Handlungsstadium: Veränderungen im Verhalten werden nun in die Tat umgesetzt. Eine Selbstveränderung wird angestrebt.
  5. Aufrechterhaltung: Klienten auf dieser Stufe arbeiten daran, ihr verändertes Verhalten beizubehalten und Rückfälle zu verhindern. Die Selbstsicherheit steigt. Diese Stufe kann auch lebenslang dauern.
  6. Ausstieg: Die Zuversicht ist gross, dass die Verhaltensänderung beibehalten werden kann und nie mehr zum problematischen Verhalten zurückgekehrt wird (vgl. ebd.: 40-42).

Mögliche Interventionen:

Es wird unterschieden zwischen kognitiv-affektiven Strategien («von innen heraus») in den Stufen der Absichtslosigkeit und -bildung. Bei den Stufen der Vorbereitung und Handlung werden eher verhaltensorientierte Strategien («gegen aussen») eingesetzt (vgl. ebd.: 44).

Zusätzlich werden 10 Wirkprinzipien unterschieden, in den folgenden Ausführungen jeweils unterstrichen (vgl. Wälte/Borg-Laufs 2018: 39).

Strategien in der Stufe der Absichtslosigkeit:

  • Steigerung des Problembewusstseins: Auf dieser Stufe sieht der Klient*in das Problem nicht ein. Er hält an seiner Wahrnehmung fest und lässt keine Gegenargumentation zu. Es geht also darum die Glaubenssätze zu hinterfragen durch gezieltes (auch hartnäckiges aber freundliches) Nachfragen und dadurch einen mentalen Kontrast entstehen zu lassen (Realität vs. Zukunft).
  • Wahrnehmung förderlicher Bedingungen: Eine Neubewertung der gegebenen Faktoren ist unabdingbar. Dies bezieht sich sowohl auf die  als auch auf die Ressourcen des Klienten als auch auf die Umweltkontextfaktoren
  • Emotionales Erleben: Ziele haben sowohl eine Inhaltliche, als auch eine emotionale Komponente. Um eine Motivationsveränderung zu erreichen muss deshalb auch die affektive Bewertung thematisiert werden. Denn je positiver eine affektive Bewertung desto höher ist die Veränderungsbereitschaft hinsichtlich des gewählten Ziels.
  • Weitere Möglichkeiten: Mögliche Sorgen gezielt aufgreifen, Informationsvermittlung, Problemsicht des Klienten thematisieren (vgl. Klug/Zobrist 2021: 45f.).

Strategien in der Stufe der Absichtsbildung:

  • Ambivalenzen sind hier der Hauptfokus. Die Vor- und Nachteile werden diskutiert und bedacht. Um diese Stufe zu durchlaufen ist es wichtig, dass die Vorteile einer Verhaltensänderung überwiegen. Auf dieser Stufe kann auf Techniken der motivierende Gesprächsführung zurückgegriffen werden. Zum Beispiel: Change Talk, Entscheidungswaage, 4-Felder-Matrix, Ressourcenaktivierten.
  • Neubewertung der eigenen Fähigkeiten: Wichtig ist, dass der Klient*in die eigene Selbstwirksamkeitserwartung steigern kann, traut er/sie sich eine Verhaltensänderung zu? Ein positives Selbstbild ist dabei unabdingbar, um diese Stufe meistern zu können und neue Verhaltensmöglichkeiten in Erwägung zu ziehen (vgl. ebd.: 47f.).

Strategien der Stufen der Vorbereitung und Handlung:

  • Ein Hilfeplan sollte erstellt werden, dieser erfüllt seinen Zweck jedoch erst wenn die Stufe der Vorbereitung erreicht wird
  • Wenn möglich sollte der Hilfeplan ein commitment beinhalten , damit die Überzeugung der Umsetzung festgehalten werden kann.
  • Aus der Motivationsforschung ist bekannt, dass Menschen am meisten motiviert sind, wenn sie mehrere Handlungsalternativen haben. Für die Praxis heisst das unterschiedliche Wege in den Hilfeplan miteinzubauen (partizipativ).
  • Die Kontrolle der Umwelt ist ein weiterer Faktor. Das heisst, dass positive Erfahrungen in der Umwelt zunehmen und Versuchungen abgebaut werden.
  • Die soziale Unterstützung  ist auch von Bedeutung. Der Aufbau und die Nutzung von hilfreichen Beziehungen ist dabei zentral.
  • Um die Ziele zu erreichen, kann eine positive Verstärkung nützlich sein. Das heisst Schritte in die Richtung des Ziels werden positiv verstärkt. Positive Strategien können entwickelt werden um negative Konsequenzen auszubalancieren (Gegenkonditionierung). So können unerwünschte Verhaltensweisen durch gewollte Verhaltensweisen ersetzt werden (vgl. ebd.: 48f.)

Bedeutung des Transtheoretischen Modells für die PSA der Sozialhilfe

Wie gehe ich mit dem Spannungsfeld Hilfe / Kontrolle in der Beratung konkret um?

Veränderungsmotivation spielt im Zwangskontext Sozialhilfe eine wichtige Rolle. Die Klienten müssen motiviert sein, ihre momentane Lage verändern zu wollen.

Durch die Verwendung des transtheoretischen Modells wird ersichtlich, inwiefern der/die Klientin zu einer Veränderung bereit ist. Es bietet Orientierung im Prozess und vereinfacht den Einsatz von gezielten Interventionen im Bereich der Verhaltensänderung. Das Ziel der Ablösung von der Sozialhilfe und gleichzeitig einer autonomen, selbstbestimmten Lebensführung kann nur durch die aktive Gestaltung des Klienten erreicht werden. Hier kann die Unterscheidung zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation von Nutzen sein. Wenn der/die Klientin extrinsisch motiviert ist (z.B. durch die Vorteile der finanziellen Unterstützung durch die Sozialhilfe), wird es kaum möglich sein eine Ablösung zu vollziehen. Eine Umwandlung von der extrinsischen Motivation zur intrinsischen Motivation (auch Volition) ist notwendig. Zum Beispiel die/der Klient*in sieht die Vorteile eines eigenständigen Lebens ohne Abhängigkeiten, dabei überwiegen diese Vorteile. Durch das transtheoretische Modell werden diese Vor- und Nachteile thematisiert und ein Kontrast von Ist-Zustand zu gewünschter Zukunft kann aufgezeigt werden.

Wie kann der PSA eine Beziehung aufbauen – empathisch sein – und trotzdem seine Themen behandeln?

Grundlage einer gelingenden Arbeitsbeziehung bildet das Vertrauen. Erst wenn Vertrauen da ist, können Themen des PSA angenommen werden. Das Transtheoretische Modell stellt den Klienten und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt, gleichzeitig wird aber auch eine Verhaltensänderung angestrebt. Das heisst, der PSA hat sowohl die Möglichkeit eine Beziehung aufzubauen als auch seine Themen Schritt für Schritt miteinfliessen zu lassen.  Bevor der Klient*in jedoch überhaupt aufnahmefähig für Themen wird, die auf eine Veränderung abzielen, muss er/sie sich bewusst sein, dass eine Veränderung notwendig ist. Durch das gemeinsame Durchlaufen der unterschiedlichen Stufen wird ein gemeinsames Ziel verfolgt.

5.4 Organisations- und Kontextwissen – Welche Rahmenbedingungen beeinflussen mein Handeln?

Aktivierender Sozialstaat

Wohlfahrtsstaat und Sozialstaat

Als Wohlfahrtsstaat wird ein Staat bezeichnet, der in umfassender Weise für das Wohlergehen und den Schutz aller oder bestimmter Bevölkerungsgruppen in den grundlegenden Bereichen (z.B. Gesundheit, Bildung, Wirtschaft) sorgt (vgl. Schuwey et al. 2014:145). Die Grundidee des Sozialstaates besteht darin, die schwachen Mitglieder der Gesellschaft zu schützen, Chancenungleichheit zu verringern und Armut zu verhindern. Als Ziele der Sozialpolitik werden vor allem die soziale Gerechtigkeit, die soziale Chancengleichheit und die soziale Sicherheit, aber auch der soziale Frieden, sowie die Hebung und Verbreitung des Wohlstands genannt (vgl. Wizent 2020:18).

Der Sozialstaat ist ein Teil des Wohlfahrtsstaat, dessen primäres Ziel es ist, individuellen Notlagen vorzubeugen und Menschen in Notlagen zu helfen. Die Ausgestaltung der Sicherungsformen in Staat, Markt und Familie des jeweiligen Sozialstaates bestimmen darüber, inwieweit Menschen beispielsweise vom Arbeitsmarkt abhängig sind und wirken sich deswegen auch auf die soziale Schichtung einer Gesellschaft aus. Sozialleistungen können die Ungleichheit von Bevölkerungsgruppen nicht nur verringern, sondern können diese auch verstärken, da Sozialleistungen die soziale Position des Individuums in der Gesellschaft stärken und auch schwächen können (z.B. durch die Stigmatisierung von Sozialhilfebezügern) (vgl. Schuwey et al. 2014:145).

Von Welfare zu Workfare – Die Wende zum aktivierenden Sozialstaat

Unter Workfare ist eine in den 1980er Jahren aufkommende Form von Sozialpolitik zu verstehen, durch die erwerbslos gewordene Personen mittels verpflichtender Massnahmen wieder in die Lohnarbeit zurückgebracht werden sollen und kommt ursprünglich aus den USA und Kanada. Der Begriff Workfare wird aus den Begriffen Work (Arbeit) und Welfare (Wohlfahrt) gebildet (vgl. Wyss 2007:9).

Bei Workfare geht es dabei nicht um die Integration von Individuen, obwohl dies in der Politik so propagiert wird, sondern darum, Integration vorzutäuschen. Um Workfare zu rechtfertigen und durchzuführen wird so getan, als ob die Frage von Integration und Exklusion einzig vom Willen des Individuums abhängig sei und lässt damit gesellschaftliche und wirtschaftliche Faktoren ausser Acht. Durch diese Täuschung werden erwerbslose und bedürftige Personen noch weiter marginalisiert (vgl. ebd.:12). Workfare bezweckt, dass die Schuld für die Erwerbslosigkeit, trotz verschiedener Integrationsmassnahmen, den Individuen zugeschrieben wird. Obwohl durch empirische Untersuchungen belegt werden kann (vgl. Eidgenössisches Departement für Wirtschaft,Bildung,Forschung; SECO;2018:6 und 2020:37) dass Unternehmen in einer durchkapitalisierten Gesellschaft an langzeitarbeitslosen Menschen nicht mehr oder nur sehr bedingt interessiert sind; denn es stehen immer attraktivere, bessere und leistungsfähigere Arbeitskräfte zur Verfügung (vgl. Wyss 2007:13). Durch Workfare wird ein sozialer Druck auf Individuen erzeugt, durch den sich die betroffene Personen immer wieder Ausbeutungs- und Entlassungsprozessen aussetzen (müssen). Konkret gesagt, Menschen werden durch Workfare «gezwungen» schlechte Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, denn sie sind in der schwächeren Position. Workfare unterstützt Individuen nicht, sondern unterstützt und fördert die kapitalistischen Mechanismen des Arbeitsmarktes. Politisch werden der Wirtschaft immer weniger Grenzen gesetzt und es wird nicht versucht, bessere Rahmenbedingungen für Arbeitnehmende zu schaffen und diese vor Ausbeutung zu schützen (vgl.ebd.:14).

Da das Wort Workfare negativ konnotiert ist spricht man, zumindest in Europa und auch in der Schweiz, lieber von Aktivierung bzw. aktivierenden Massnahmen (vgl. ebd.:14).

Der aktivierende Sozialstaat versteht sich dabei als Antwort auf den versorgenden Sozialstaat, der teuer und ineffektiv sei und der letztlich die individuelle Eigeninitiative unter sich begrabe (vgl. Wizent 2020:19). Aktivierung wird von der Politik als positive Hilfestellung dargestellt, die es den armutsbetroffenen Menschen ermöglichen soll, sich wieder in das Erwerbsleben zu integrieren und selbstständig und unabhängig zu werden. Gleichzeitig jedoch unterstellt der Begriff «Aktivierung» den bedürftigen Personen Passivität (vgl.Wyss 2007:15). Leistungsempfänger sollen nicht nur passiv konsumieren, sondern aktiviert und mobilisiert werden. Der Wandel von Welfare zu Workfare, also von Wohlfahrt zu Aktivierung kann als Übergang von der Staatsversorgung zur Selbstversorgung, zur Selbstständigkeit der Betroffenen bezeichnet werden. Der heutige Sozialstaat in der Schweiz ist von den Leitbegriffen wie Fordern und Fördern, Eigenverantwortung und Aktivierung geprägt (vgl. Wizent 2020:20).

Auf der Seite des Förderns hat dies zu zusätzlichen Dienstleistungsangeboten geführt, wie Beratungsstellen und berufliche Weiterbildungsmassnahmen. Auf der Seite des Forderns hat sich jedoch auch der Druck auf die Klienten erhöht, Erwartungen werden verstärkt zum Ausdruck gebracht und eine Aktivitätsverweigerung oder zu geringe Mitwirkungsbereitschaft kann Sanktionierungen nach sich ziehen oder zu einer vollständigen Einstellung des Sozialhilfeanspruchs führen (vgl. Wyss 2007:20). Das Aktivierungsparadigma zeigt sich auch in den Prinzipien der Leistung und Gegenleistung. Sozialhilfebezüger sollen durch finanzielle Anreize (z.B. Einkommensfreibeträge bei Integrationsbemühungen) aktiviert werden. Das Aktivierungsparadigma durchdringt das heutige Sozialhilferecht und ist gleichzeitig auch Ausdruck davon, mit welchen Herausforderungen der Sozialstaat konfrontiert ist (vgl. ebd.:20). Der aktivierende Sozialstaat hat neben dem vordergründig propagierten Ziel der gesellschaftlichen und beruflichen Integration auch das Ziel der Sozialdisziplinierung. Langzeiterwerbslose Personen und Programme des aktivierenden Sozialstaats werden auch als Mittel der sozialen Abschreckung verwendet (vgl. ebd.:16). Der aktivierende Sozialstaat hat die Funktion, dass erwerbstätige Personen abgeschreckt werden und aus diesem Grund oftmals auch prekäre Arbeitsverhältnisse in Kauf nehmen (z.B. Working poor) . Es lässt sich erkennen, dass der aktivierende Sozialstaat alle Merkmale ausweist, die alle Stigmatisierungsprozesse aufweisen. Er erfüllt damit eine gesellschaftliche Funktion und stellt ein Mittel formaler sozialer Kontrolle dar (vgl. Goffman 2018:171).

Grundsatz des «Förderns und Forderns» – Konzept der Sozialhilfe BS Die Eigenverantwortung der von Armut betroffenen Menschen soll durch die materielle Existenzsicherung nicht unterlaufen werden. Für die berufliche und soziale Integration von armutsbetroffenen Menschen ist deren Mitgestaltung unerlässlich. Fordern ist nur dann legitim, wenn die unterstützten Personen tatsächlich die Möglichkeit haben ihre Verantwortung wahrzunehmen. Ziel dabei ist das Verringern von Abhängigkeiten und das Fördern der Selbstständigkeit und Autonomie der von Armut betroffenen Menschen (vgl. Konzept SH:9).

Tripelmandat

Die Soziale Arbeit übernimmt eine intermediäre Funktion in der Gesellschaft und vermittelt dabei zwischen individuellen und gesellschaftlichen Interessen. Diese Funktion, welche zwischen Individuum und Gesellschaft verortet ist, führt zum doppelten Auftrag der Sozialen Arbeit und ist zwischen hilfreicher Kontrolle und kontrollierender Hilfe angesiedelt (vgl. Mennemann/Dummann 2016:52). Es erfordert von den PSA, eine Balance zwischen den Bedürfnissen und Ansprüchen der AdressatInnen zu finden und gleichzeitig die Erwartungen und Normalitätsvorstellungen der Gesellschaft bzw. des Staates und seinen Kontrollinteressen zu finden. Der dritte, selbstgewählte Bezugspunkt der Sozialen Arbeit ist die eigene Fachlichkeit, die sich an den Menschenrechten, dem Berufskodex und der Professionsethik orientiert. Diese eigene Mandatierung wird als Tripelmandat bezeichnet. Um sich fachlich positionieren zu können, benötigen PSA für eine professionelle Handlungskompetenz wissenschaftliches Wissen, methodisches Wissen und auch rechtliches Wissen. Diese einzelnen Wissensbestände erhält die Soziale Arbeit aus Bezugswissenschaften (vgl. ebd.:56). Das wissenschaftliche Wissen wird systematisch dazu verwendet, mit dem Spannungsfeld, welches sich aus dem doppelten Mandat ergibt, konkret mit den oft sehr widersprüchlichen Aufträgen und Erwartungen in der Praxis adäquat umzugehen. Der Ethikkodex (Berufskodex, Menschenrechte) muss dabei als notwendige Reflexionsgrundlage verwendet werden, denn Wissenschaftsbegründung alleine stellt noch keine hinreichende Grundlage einer Profession dar (vgl. Staub-Bernasconi 2007:9). Das Tripelmandat schafft der Sozialen Arbeit die Legitimierung, unabhängige Urteile über Situationen, Probleme und deren Erklärungen und Bewertungen sowie Interventionen vorzunehmen und ermöglicht es eine eigene Legitimations- und Mandatsbasis für selbstbestimmte, professionelle Aufträge zu schaffen. Dabei müssen gravierende Probleme nicht auf einen Auftrag oder ein Mandat warten, die professionelle Soziale Arbeit kann sich dieses Mandat selber erteilen. Dabei soll sich die Soziale Arbeit auch am politischen Diskurs beteiligen, indem Soziale Arbeit ihr Wissen zur Verfügung stellt oder sich selber aktiv und gestaltend einbringt (vgl.ebd.:7).

Bedeutung des aktivierenden Sozialstaats und Tripelmandats für die PSA der Sozialhilfe

Begrifflichkeiten tragen nicht nur dazu bei, dass Wirklichkeit geschaffen wird, sondern tragen auch zu deren Erhalt bei. Wie am Beispiel von Workfare und aktivierendem Sozialstaat illustriert werden kann, haben Begrifflichkeiten und die damit verbundenen Erwartungen und Haltungen einen grossen Einfluss auf die Gesellschaft und Individuen und haben somit auch eine zentrale Bedeutung für die Soziale Arbeit. Die PSA sind kontinuierlich gefordert, die geltenden Strukturen und Rahmenbedingungen, die ihr Handeln beeinflussen, differenziert und kritisch zu betrachten und zu durchschauen, wenn Begrifflichkeiten und auch Konzepte der Sozialen Arbeit für politische und wirtschaftliche Interessen zweckentfremdet werden. Wie in den Situationen ersichtlich wird, werden soziale Probleme in erster Linie als individuelle Probleme der KlientInnen verstanden (fehlende persönliche Motivation und Engagement, aggressive Verhaltensweisen und Suchtproblematik). Dies hängt damit zusammen, dass sich die gesellschaftlichen und individuellen Probleme auf der individuellen Ebene der KlientInnen bemerkbar machen. Die PSA sind in den Situationen gefordert, die individuellen Probleme der KlientInnen in ihrer gesellschaftlichen Kontextualisierung zu betrachten. Im Spannungsfeld von Hilfe und Kontrolle müssen die PSA in den Situationen wissenschaftliches und ethisches Wissen einbeziehen, um professionell Handeln und um ihr Handeln auch fachlich begründen zu können.
Das Tripelmandat fordert Professionelle der Sozialen Arbeit auf, sich am politischen Diskurs aktiv zu beteiligen. Für die PSA der Sozialhilfe bedeutet dies konkret, auf Missstände, schlechte Arbeits- und Rahmenbedingungen im organisationalen Kontext hinzuweisen und sich gegebenenfalls zu organisieren, um so zu einer Organisationsentwicklung beizutragen.

Ermessensspielraum – Kantonales Sozialhilfegesetz

Als Grundlage des öffentlichen Auftrags der SH stützen sich PSA  auf die Gesetze aus der BV: (Art. 2: Zweckartikel,  Art. 7: Achtung der Menschenwürde,  Art. 10: persönliche Freiheit, Art. 12: Recht auf Hilfe in Notlagen usw.) sowie auf das jeweilige kantonale Sozialhilfegesetz. Der Gesetzgeber räumt Verwaltungsbehörden regelmässig einen Handlungsspielraum bei Anordnung von Rechtsfolgen ein. (vgl. Tschannen Pierre/Zimmerli Urich/Müller Markus 2014) Ob Ermessen vorliegt und welche Spielräume damit begründet werden, muss durch Auslegung im Einzelfall  ermittelt werden. Ermessen ist eine gesetzlich eingeräumte Kompetenz und damit eine Aufgabe der Verwaltung. Die PSA der Sozialhilfe-Behörde können damit nicht beliebig verfahren, sie müssen das Ermessen pflichtgemäss ausüben. Bei Missachtung kann dies, je nach Schwere der Verletzung, die blosse Unangemessenheit oder aber eine Rechtsverletzung bedeuten.

Von Unangemessenheit wird dann gesprochen, wenn eine Behörde zwar innerhalb des rechtlich eingeräumten Spielraumes bleibt, ihr Ermessen jedoch in einer Weise ausübt, welche den Umständen des Einzelfalls nicht gerecht wird und deshalb unzweckmässig ist.

Eine Rechtsverletzung liegt dann vor, wenn die Behörde das Vorliegen oder die Bedeutung eines Ermessensspielraumes verkennt.

Bedeutung des Ermessensspielraumes für die AntragstellerIinnen & die PSA der Sozialhilfe

Sowohl PSA als auch Antragsteller*innen loten innerhalb der gesetzlichen Richtlinien den möglichen Spielraum aus, um die, im besten Fall für beide Seiten, beste Lösung zu finden. Dies bedeutet ein andauernder Balance-Akt um alle Möglichkeiten auszuloten, sowie ein genaues Wissen der Richtlinien, ein Abtasten und sich immer wieder Vergewissern des möglichen Spielraumes. PSA haben hier die besonders schwierige Aufgabe, ein Bewusstsein für die verschiedenen Gesichtspunkte zu entwicklen und diese stets im Auge zu behalten. Dadurch gelingt es Schwerpunkte zu setzen und gemeinsam im Verhandeln sinnvolle Hilfestellungen zu erarbeiten, welche innerhalb der institutionellen und gesetzlichen Rahmenbedingungen liegen. Diese mitunter sehr knifflige Aufgabe, Grenzen zu kennen und auszuloten um eine für alle Seiten nachhaltige Lösung zu finden, kann aber gerade auch den Reiz dieser besonderen Aufgabe darstellen.

**Verhandeln im Dilemma zwischen Hilfe & Kontrolle

(nach Becker-Lenz)**

Um die im Sozialgesetz Verankerte Hilfeleistung zu erhalten, sind hilfesuchende Personen verpflichtet, alles zumutbare zu unternehmen um eine Notlage aus eigenen Kräften abzuwenden oder zu beheben (vgl. SKOS-Richtlinien A.4). Damit untersteht das professionelle Verhältnis zwischen PSA und Klientinnen einer ständigen Wechselbeziehung zwischen Hilfe und Kontrolle. Häufig wird der Hilfebegriff an den Erziehungsbegriff (z.B. via Sanktionen Seitens der SH) gekoppelt (vgl. Becker-Lenz Roland 2005), womit die bereits strukturell gegebene asymmetrische Interaktion noch untermauert wird. Becker-Lenz rät zum Aneignen einer Analysepraxis in Bezug auf das Dilemma von Hilfe und Kontrolle, um durch eine gesunde Balance zwischen diesen beiden eine professionelle Arbeitsbeziehung zu ermöglichen. Erst das Eingehen eines angemessenen Vertrauensverhältnisses zwischen Klientin und PSA bildet das Fundament des professionellen Handelns im Fall.

Bedeutung von Hilfe & Kontrolle für die Antragstellenden

Für die Antragstellenden bedeutet die oben genannte SKOS-Richtlinie die Offenlegung sämtlicher finanzieller und teils sozialen Aktivitäten, sowie die Einsicht in private Angelegenheiten und somit eine Einschränkung der persönlichen Freiheit.  Da ist es besonders wichtig eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zum Gegenüber eingehen zu können; insbesondere das strukturell bedingte asymmetrische Macht-Verhältnis, wirkt kontraproduktiv einem Beziehungsaufbau entgegen. Das bewusst machen dieses Zustandes anstelle des „unter den Teppich Wischen“ ermöglicht einen Austausch auf Augenhöhe.

Bedeutung von Hilfe & Kontrolle für die PSA der Sozialhilfe

Als PSA der SH erhalten diese Einblick in die unterschiedlichsten Biografien und Lebenswelten Ihrer Klient*innen. Gleichzeitig ist das oben genannte Dilemma für sie Alltag. Um so wichtiger ist es für sie, bewusst einen professionellen Umgang mit diesen Strukturmerkmalen zu erlernen; bewusst darauf hinzuarbeiten, das ungleiche Machtverhältnis zu überwinden, um eine Arbeitsbeziehung auf Augenhöhe basierend auf einer Vertrauensbasis zu gestalten. Dieses ermöglicht es den Antagstellenden sich gegenüber den Mitarbeitenden der SH zu öffnen, als Grundlage für die weiteren Verhandlungen.

Sozialhilfe als Pflichtkontext

Hilfe und Kontrolle

Hilfe ist einer der ältesten und bekanntesten Aufgaben der Sozialen Arbeit. Hilfe wird definiert als Interaktionsprozess von zwei Akteuren ohne Gegenleistung und zur Unterstützung bei der Bewältigung von Problemen. Trotz der Wichtigkeit dieser Aufgabe gibt es keine allgemeine Theorie oder Definition (vgl. Thieme 2017: 18). Bei Problemen wird von einem Defizit ausgegangen, dass durch Hilfe beseitigt oder verkleinert werden soll. Somit ist die Soziale Arbeit auch eine kontrollierende Instanz des Staates.

Kontrolle wurde in den 60er und 70er Jahre negativ bewertet. Die Soziale Arbeit diente dabei als Kontrollinstanz für Resozialisierung und Anpassung in ein kapitalistisches Gesellschaftssystem. Mittlerweile hat sich die Bewertung verändert. Es wird nun von Kontrolle zur Hilfe gesprochen. Es wurden «workfare» Programme entwickelt, die zur Lösung von sozialen Problemen dienen und eine Kontrolle zur Unterstützung der Autonomie enthalten (vgl. ebd.: 19f.).

Hilfe und Kontrolle sind umstrittene Begrifflichkeiten in der Sozialen Arbeit. Denn kann man von Hilfe sprechen, wenn kein Hilfeersuchen vorhanden ist? Dabei geht es vor allem um Menschen, die finanzielle Unterstützung beanspruchen, sich jedoch weigern trotz erkennbarer Probleme, die Hilfe zu verweigern. Klug und Zobrist definieren daher Hilfe auch als Angebote, Hilfe und Kontrolle kann als doppelte Aufgabe gesehen werden. Einerseits kann das Angebot zur Hilfe gemacht werden (kann vom Klientel abgelehnt werden) andererseits braucht es die Kontrolle (kann vom Klientel nicht abgelehnt werden) (vgl. Klug/Zobrist 2021: 16-21). Durch dieses doppelte Mandat entsteht ein Spannungsfeld zwischen stellvertretendem Handeln und sozialer Kontrolle. Für das professionelle Handeln ist das Aushalten dieses Spannungsfeldes entscheidend (vgl. Thieme 2017: 22).

Damit die Angebote zur Unterstützung angenommen werden können, muss eine entsprechende Veränderungsmotivation bei den Klienten vorhanden sein.  Daher ist Motivationsförderung eine der Kernaufgaben der Arbeit im Pflichtkontext (vgl. Klug/Zobrist 2021: 14). Zu Beginn ist die Motivation keine Bedingung für die Zusammenarbeit, da eine Kontrollfunktion vorhanden ist (gesellschaftliche Normalisierungsfunktion). Auch die Freiwilligkeit ist keine Grundvoraussetzung, daher sollte die Veränderungsmotivation als Ziel dienen. Wichtig ist das Bewusstsein über den gegenseitigen Zwangskontext. Sowohl der Klient/in als auch der PSA müssen kooperieren. (vgl. ebd.: 22f.).

Das Klientel befindet sich in einer Problemlage und hat viel Druck, es gibt keine Alternative, um ihre Situation zu verbessern. Daher sind sie zu Beginn meistens extrinsisch (von aussen) motiviert eine Veränderung zu erzeugen. Das Ziel ist eine intrinsische (von innen) Motivation zu erreichen. Dies ist ein Prozess und daher kann es so aussehen, dass ein Klient/in unmotiviert wirkt. Jedoch gibt es keine unmotivierte Menschen, die Motivation richtet sich nur in eine andere Richtung die der PSA noch nicht sehen kann oder will (vgl. ebd.: 15-19). Daher muss die Motivationsgestaltung ein integraler Bestandteil in der Arbeit mit Menschen sein (vgl. ebd.: 23).

Ergänzungen aus dem Konzept der Sozialhilfe Basel-Stadt zu «Hilfe und Kontrolle»

Zwangskontext wird definiert durch: « All jene Gegebenheiten, durch die KlientInnen von anderen Personen oder durch rechtliche Vorgaben – in keinem Fall jedoch aus eigenem Antrieb – dazu gebracht werden, in Kontakt zu einem Sozialen Dienst zu treten». Wobei die Sozialhilfe leicht von dieser Definition abweicht, da der Klient/in den Antrag selbst stellen muss (vgl. Konzept SH: 14). Das Konzept beschreibt drei Grundannahmen zum Thema Hilfe und Kontrolle im Pflichtkontext:

  • Sozialhilfe enthält einen gesellschaftlich legitimierten Auftrag zur Ausrichtung von Hilfe in Verbindung mit sozialer Kontrolle
  • Hilfe und Kontrolle gehören zum Auftrag
  • Hilfe und Kontrolle werden transparent voneinander unterschieden (vgl. ebd.: 15)

Subsidiaritätsprinzip

Das Subsidiaritätsprinzip besagt, dass erst Hilfe geleistet wird, wenn man trotz eigener Anstrengung nicht mehr in der Lage dazu ist. Diese Unterstützung dient im Sozialstaat als Ergänzung zu persönlicher Verantwortung und privater Initiative. Teilgehalte des Prinzips sind die formelle Koordination, das Prinzip der Anrechnung und Hilfe zur Selbsthilfepflicht. Im Teilgehalt der Selbsthilfepflicht wird beschrieben welche Bereiche in die zumutbare Selbsthilfe integriert werden müssen. Dies sind unter anderem die Minderungspflicht und die Selbsthilfeobliegenheit und findet auf der Anspruchs- und Pflichtebene statt (vgl. Wizent 2020: 155ff.).

Ergänzungen aus dem Konzept der Sozialhilfe Basel-Stadt zu «Selbsthilfe» und «Sanktionen bei Pflichtverletzungen»

Es besteht eine Verpflichtung zur zumutbaren Selbsthilfe (u.a. Arbeitssuche und Annahme, Verbesserung der Lebenslage). Einschränkungen in der Gestaltung dieser Selbsthilfe, müssen begründet sein. Klient/in entscheiden, ob die Einschränkungen angenommen werden oder ob sie die Konsequenzen tragen. Hilfestellungen zur Veränderung der Lage sind:

  • Ressourcenaktivierung
  • Rahmen setzen
  • Selbstwirksamkeitserfahrungen
  • Selbstwert stärken (vgl. Konzept SH: 22f.)

Bei Anordnungen ist darauf zu achten, dass:

  • sie legitimiert sind
  • die Umsetzungsmöglichkeiten gegeben sind
  • das subjektive Erleben von Druck und Zwang respektiert wird
  • der Verlauf reflektiert und evaluiert wird
  • sie der Rolle und Beziehungsgestaltung des PSA entsprechen (vgl. ebd.: 23)

Sanktionen dienen als Reaktion auf Pflichtverletzungen. Hierbei gilt, sozialarbeiterische Interventionen vor rechtlichen Sanktionen (vgl. ebd.: 24)

Bedeutung des Pflichtkontextes für die PSA der Sozialhilfe

Wie oben schon beschrieben werden die Begriffe Hilfe und Kontrolle nach wie vor unterschiedlich definiert und viel diskutiert. Je nachdem aus welcher Perspektive man sie betrachtet, stehen sie in einem anderen Licht. In der Definition von Thieme fliessen Hilfe und Kontrolle ineinander, so dient die Kontrolle als Hilfe zur Selbsthilfe (vgl. Thieme 2017: 18). Im Konzept der Sozialhilfe Basel-Stadt wiederum werden sie transparent voneinander unterschieden (vgl. Konzept SH: 15). Diese Widersprüchlichkeit kann zu Verwirrung und Unsicherheit führen. Es stellen sich die Fragen: Wie wichtig ist eine klare Definition der Begrifflichkeiten für die Arbeit als PSA? Inwiefern beeinflusst das subjektive Verständnis von Hilfe und Kontrolle das professionelle Handeln einer Person?

Der PSA muss sich dieses Spannungsfeldes zwischen Hilfe und Kontrolle bewusst sein und die Handlungen darin stetig reflektieren.

Der beidseitige Zwangskontext kann seitens des PSA Frust auslösen, da vom Klientel her wenig Kooperations- oder Veränderungsbereitschaft kommen kann. Hier unterstützt das Verständnis, dass eine Veränderung Zeit braucht und alle Klienten grundsätzlich motiviert sind. Man muss nur die entscheidenden Faktoren finden. Das kann durch eine gelingende Arbeitsbeziehung, Hilfestellungen zur Selbsthilfe und passende Angebote unterstützt werden.

5.5 Fähigkeiten – Was muss ich als professionelle Fachperson können?

Fähigkeiten für das Verhandeln mit KlientInnen

  • Ressourcen und Fähigkeiten im Gespräch herausarbeiten durch einen lösungsorientierten und motivierenden Gesprächsstil.
  • Flexibilität in der Einnahme von Rollen in der Gesprächsführung
  • Offen und unvoreingenommen auf die KlientInnen zugehen können, sowie Akzeptanz und Empathie im Gespräch zeigen können durch Mimik, Gestik und verbale Kommunikation
  • Realistische Ziele kooperativ entwickeln mit den KlientInnen
  • Eine professionelle Nähe aufbauen und gleichzeitig eine Balance finden zwischen Hilfe und Kontrolle
  • Kongruente Rückmeldungen geben, um den KlientInnen Orientierung zu geben
  • Ein Gespräch strukturieren können
  • Mit Widerstand konstruktiv umgehen im Gespräch
  • Ängste von KlientInnen erkennen und einordnen können

Fähigkeiten für das Verhandeln mit KlientInnen in der Sozialhilfe

  • Fachwissen zu den rechtlichen und organisationalen Rahmenbedingungen, die die Ausgestaltung des Hilfeprozesses beeinflussen
  • Wissen zu den Lebenslagen von armutsbetroffenen und bedürftigen Menschen und die damit verbundenen Herausforderungen
  • Produktiven, konstruktiven und professionellen Umgang mit ablehnendem Verhalten von KlientInnen gegenüber der SH
  • Ausloten des möglichen Ermessensspielraumes während der Verhandlung

5.7 Wertewissen – Woraufhin richte ich mein Handeln aus? Welches sind die zentralen Werte in dieser Situation, die ich als handelnde Fachperson berücksichtigen will?

Wertewissen aus dem Berufskodex:

Im Berufskodex von Avenir Sozial (vgl. AvenirSocial 2010) werden ethische Richtlinien für das moralische, berufliche Handeln in der sozialen Arbeit dargelegt. Er dient als Instrument zur Qualitätssicherung, zur ethischen Begründung des Handelns der Professionellen der sozialen Arbeit sowie als Orientierungshilfe im Umgang mit in besonderer Weise gefährdeten, verletzbaren oder benachteiligten Klient*innen.

Er baut auf den internationalen ethischen Prinzipien der IFSW/IASSW, basierend auf den Menschenrechten, den ethischen Übereinkommen der UNO und des Europarates auf.

  1. der ethisch begründeten Praxis
  2. der Arbeit mit Klient*innen

Folgende Grundwerte stellen die Basis zu gelingenden Verhandlungen mit Klient*innen dar:

  • PSA widersetzen sich Druckversuchen, die den fachlichen und ethischen Zielen ihrer Arbeit widersprechen.
  • PSA verwenden die Ressourcen, die ihnen zur Verfügung stehen, sorgfältig und sorgen dafür, dass sie den Bedürfnissen entsprechend gerecht verteilt werden.
  • PSA reflektieren ihre beruflichen Tätigkeiten und Rollen laufend.
  • PSA sind sich ihrer Funktion und Machtstellung bewusst und nehmen sie verantwortungsvoll wahr. Sie setzen ihr Wissen und ihre Definitionsmacht ein, um Ungerechtigkeiten zu deklarieren und zu reduzieren.
  • Die Professionellen der Sozialen Arbeit bestärken und befähigen ihre Klientinnen und Klienten in der Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten und wahren deren Selbstbestimmungsrecht. Sie machen die Grenzen dieses Rechts gegenüber den Klientinnen und Klienten und/oder deren rechtlicher Vertretung transparent.
  • PSA informieren die Klientinnen und Klienten und/oder deren rechtliche Vertretung über Ausmaß und Art der verfügbaren Dienstleistungen sowie über deren Rechte und Pflichten, Risiken und Beschwerdemöglichkeiten, sodass sie diese einschätzen kön
  • Die Professionellen der Sozialen Arbeit vermeiden den Machtmissbrauch im Zusammenhang mit ihrer Funktion, ihren Mandaten oder mit der Kenntnis einer Situation.
  • Sie fördern und begleiten Klientinnen und Klienten zu grösstmöglicher Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit. Die Meinungs- und Entscheidungsfreiheit der Klientinnen und Klienten wird respektiert.
  • Sie unterlassen Handlungen, welche die körperliche und seelische Integrität der Klientinnen und Klienten beeinträchtigen.

Bedeutung des Berufskodex für die PSA der Sozialhilfe

Die im Berufscodex definierten Grundsätze wiedergeben zum großen Teil die Arbeitsgrundlage der Mitarbeitenden der Sozialhilfe. Besonders relevant fürs Verhandeln mit Klient*innen sind aus berufsethischer Perspektive die Handlungsprinzipien bezüglich des Tripelmandates:

Die Mitarbeitenden sind sich stets dieser Richtlinien bewusst und handeln innerhalb dieses vorgegebenen Spielraumes. In herausfordernden Situationen ist es demzufolge in Verhandlungen mit Klientinnen wichtig, diese in ihrer Selbstverantwortung und Eigenbestimmung zu unterstützen, sowie die Rechte als auch die Pflichten der Klientinnen im Auge zu behalten, diese zu kommunizieren und umzusetzen. Nicht zu unterschätzen ist die gestellte Forderung, sich Druckversuchen zu widersetzen welche den fachlichen und ethischen Zielen ihrer Arbeit widersprechen. Diese Druckversuche können sowohl intern aus der Institution, extern, aus der Gesellschaft und Politik, oder von Klientinnen stammen. Um so mehr sind PSA in der Sozialhilfe aufgefordert das eigene Verhalten zu reflektieren und dieses fachlich und sachlich zu begründen.

Die Umsetzung der im Berufscodex genannten Grundsätze ermöglicht in grossen Masse Sicherung der Qualität der Handlungen und stellt die Basis zu gelingenden Verhandlungen mit KlientInnen dar.

Grundhaltungen und Menschenbild in der Sozialhilfe (Grundlagenkonzept)

  • Wahrung der Menschenwürde; Die Kernaufgabe der Sozialhilfe ist die Sicherung der Menschenwürde in einer Notlage als letzte staatliche Instanz. Im Zentrum steht die Garantie eines sozialen Existenzminimums. Von Armut betroffene Menschen sind mit materiellen und persönlichen Hilfen soweit zu unterstützen, dass ihre Existenz gesichert und eine Teilhabe an der Gesellschaft möglich ist. (vgl. Wizent 2020 S.3)(vgl. Konzept S.9)
  • Positives Menschenbild; Ein positives Menschenbild geht davon aus, dass alle Menschen in der Lage sind einen eigenständigen Beitrag zur selbstständigen Lebensführung und Eingliederung in die Gesellschaft zu leisten. Dabei stehen die Ressourcen und Stärken der von Armut betroffenen Menschen im Vordergrund. (vgl. Konzept S.9)
  • Grundhaltung in der Sozialhilfe; Bedürftigen Menschen wird mit einer Haltung der Wertschätzung und des Respekts begegnet, dabei wird die Menschenwürde gewahrt. Die jeweilige soziale Situation wird mit einer positiven und konstruktiven Grundhaltung erfasst. Bei der Rechtsanwendung wird die Würde der armutsbetroffenen Menschen und das Bedürfnis nach Sicherheit und Selbstbestimmung im Rahmen der Rechtsordnung respektiert. (vgl. Konzept S.9, 14)
  • In der Sozialberatung der Sozialhilfe sind die Wertehaltungen Empathie, Kongruenz und eine positive Wertschätzung in der Gesprächsführung und Beratung handlungsleitend. Als Wertschätzung wird die positive Bewertung eines anderen Menschen bezeichnet. Wertschätzung betrifft einen Menschen als Ganzes, sein Wesen und drückt sich in Zugewandtheit, Interesse, Aufmerksamkeit, Freundlichkeit aus. (vgl. Konzept S.14; 64)

Bedeutung des Wertewissens aus dem Grundlagenkonzept der Sozialhilfe für die PSA

Das Konzept und Leitbild der Sozialhilfe dienen den Mitarbeitern der Sozialhilfe als Orientierungsrahmen für ihr professionelles Handeln. Beim Verhandeln mit Klienten im Rahmen der Sozialhilfe müssen alle genannten Aspekte in Bezug auf Menschenwürde und Grundhaltung beachtet werden.

Zentral beim Verhandeln im Rahmen der Gesprächsführung und Beratung ist die Haltung, die gegenüber KlientIinnen eingenommen wird. Durch eine wertschätzende, empathische und kongruente Haltung wird eine tragfähige und vertrauensvolle Beziehung ermöglicht, welche für Gestaltung von Aushandlungsprozessen im Rahmen der Gesprächsführung und Beratung zentral ist. Gerade dann, wenn Interessen und Wertevorstellungen auseinander gehen im Gespräch, ist eine wertschätzende und respektvolle Haltung seitens PSA wichtig, um Sinnverstehen zu ermöglichen und darauf aufbauend Verhandlungen führen zu können. Ein positives Menschbild orientiert sich an Ressourcen und Stärken der KlientIinnen, diese werden im gemeinsamen Gespräch herausgearbeitet und fokussiert.  Durch das Fokussieren und Herausarbeiten der Ressourcen und Stärken im Gespräch werden KlientIinnen zu einem selbstständigen und autonomeren Leben aktiviert. Die PSA sind dabei gefordert, Wertevorstellungen und Ziele der Sozialhilfe mit den Interessen und Vorstellungen der KlientIinnen zu vereinbaren. Das Grundlagenkonzept bietet eine Orientierung, jedoch lassen sich darin auch Spannungsfelder erkennen. Spannungsfelder werden beispielsweise sichtbar, wenn es um die wirtschaftlichen Interessen und Ziele der Sozialhilfe, dem geltenden Sozialhilfegesetz und den festgeschriebenen Grundhaltungen im Grundlagenkonzept der Sozialberatung der Sozialhilfe geht. Anreize der materiellen Hilfe können beispielsweise als Widerspruch zu einer Grundhaltung verstanden werden, die sich an den Ressourcen und Stärken von Menschen orientiert, da materielle Anreize eine extrinsische Motivation darstellen und dadurch die intrinsische Motivation der KlientIinnen nicht gefördert wird.

Diese Spannungsfelder, die im Grundlagenkonzept der Sozialberatung sichtbar werden, machen eine kontinuierliche Reflexion und kritische Auseinandersetzung notwendig für die konkrete Umsetzung der Wertehaltungen des Grundlagenkonzepts beim Verhandeln mit KlientIinnen.

 

Konkret bedeutet dies für die PSA der SH, ihren Ermessens- und Handlungsspielraum aktiv zu nutzen und auszuloten, um diesem Spannungsfeld gerecht werden und die im Konzept beschriebenen Wertehaltungen und das Menschenbild überhaupt in den jeweiligen Situationen berücksichtigen zu können. So wird eine einseitige Polarisierung von Kontrolle und Distanz vermieden und eine Balance zwischen Hilfe und Kontrolle kann hergestellt werden.

a.) Qualitätsstandards Verhandeln mit Klient*innen

Arbeitsbeziehung

  • Eine auf Vertrauen und Respekt basierende Arbeitsbeziehung wird als kontinuierliche Aufgabe über den gesamten Beratungsprozess hinweg gestaltet und aufgebaut und mit verschiedenen Methoden der Gesprächsführung gestärkt.
  • Eine Balance zwischen dem Bearbeiten von Themen (Inhalten) und dem Aufbau einer Arbeitsbeziehung ist im Gespräch hergestellt.
  • Mit dem strukturell bedingten asymmetrischen Verhältnis in der Arbeitsbeziehung wird offen und transparent umgegangen.

Beratung

  • Den Klient*innen wird in der Beratung wertschätzend, emphatisch und kongruent begegnet.
  • Widerstände und Bewältigungsstrategien werden erkannt und als Chance verstanden für die weitere Zusammenarbeit.
  • Ein Aushandlungsprozess, auf dessen Grundlage gemeinsame Zielvereinbarungen möglich und die für die Klient*innen umsetzbar sind, findet statt.
  • Klient*innen werden in der Beratung mit ihren Themen und Anliegen ernst genommen – Bedrohungen werden abgebaut und eine sichere Atmosphäre herrscht vor.

PSA

  • Mit dem Spannungsfeld von Hilfe und Kontrolle wird adäquat umgegangen; das Handeln wird unter Berücksichtigung des Berufskodexes und der Menschenrechte, wissenschaftlich und ethisch fundiert begründet.
  • Eigene Emotionen werden im oder nach dem Gespräch erkannt und reflektiert, um handlungsfähig zu bleiben.
  • Grenzen werden erkannt und im Gespräch fachlich adäquat kommuniziert.
  • Die Erwartungen der einzelnen Akteure werden hinsichtlich des Triplemandats abgewogen und eine dahingehend reflektierte Position bezogen.
  • Rechtliche und organisationale Rahmenbedingungen, die das eigene professionelle Handeln im Gespräch beeinflussen, werden berücksichtigt.
  • Dass Klient*innen unterschiedliche Zugänge zur Erfüllung universeller und kultureller Ziele haben wird erkannt. Unterstützende Massnahmen für diesen Prozess werden eingesetzt.
  • Ängste der Klient*innen werden im Gespräch ernst genommen und angesprochen.
  • Der Ermessens- und Handlungsspielraum wurde ausgelotet, das eigene Handeln ist dabei fachlich und ethisch begründet worden.

b.) Qualitätsstandards Verhandeln mit KlientInnen in der Sozialhilfe

  • Interventionsstrategien zur Motivationssteigerung sind bekannt und werden adäquat eingesetzt.
  • Fachliche Informationen und Rahmenbedingungen der Sozialhilfe, wie beispielsweise rechtliche Bestimmungen, werden den Klient*innen in einer Ihnen verständlichen Sprache vermittelt.
  • Prozesse der Stigmatisierung, Diskriminierung, soziale Ausgrenzung sowie ihrer Bedeutung und Auswirkungen für SozialhilfebezügerInnen werden als Hintergrundfolie in Form von Wissen in allen Gesprächen berücksichtigt.
  • Faktoren die Stigmatisierungsprozesse fördern werden im Beratungssetting in der Sozialhilfe berücksichtigt und vermindert.
  • Bei Unklarheiten und Unsicherheiten werden Drittpersonen oder -stellen zur Unterstützung beigezogen (Rechtsdienst SH, Fallbesprechungen mit der Teamleitung und Inter- und Supervision).
  • Das Bewusstsein eines gegenseitigen Pflichtkontextes ist vorhanden.
  • Situationsbedingte sozialarbeiterische Interventionen werden rechtlichen Sanktionen vorgezogen.
  • Abels, Heinz (2019). Einführung in die Soziologie. Band 2: Die Individuen in ihrer Gesellschaft. 5. Auflage. Wiesbaden: Springer VS
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  • AvenirSocial (2010). Berufskodex Soziale Arbeit Schweiz:ein Argumentarium für die Praxis der Professionellen: Bern
  • Baeschlin, Marianne & Baeschlin, Kaspar, (2001). Einfach, aber nicht leicht. Leitfaden für lösungsorientiertes Arbeiten in sozialpädagogischen Organisationen. Winterthur: Selbstverlag
  • Bamberger, Günter G., (1999). Lösungsorientierte Beratung. Weinheim: Beltz
  • Becker-Lenz, Roland/Busse, Stefan/Ehlert, Gudrun/Müller-Hermann, Silke (Hg.) (2013). Professionalität in der sozialen Arbeit: Standpunkte, Kontroversen, Perspektiven Roland Becker-Lenz, Stefan Busse, Gudrun Ehlert, Silke Müller-Hermann (Hrsg.). 3., durchgesehene Auflage. Aufl. Wiesbaden: Springer VS.
  • Goffman, Erving (2018). Stigma: über Techniken der Bewältigung beschädigter Identität. 24. Auflage. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  • Hochuli-Freund, Ursula/Stotz, Walter (2017). Kooperative Prozessgestaltung in der Sozialen Arbeit: ein methodenintegratives Lehrbuch. 4., aktualisierte Auflage. Aufl. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer.
  • https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/Publikationen_Dienstleistungen/Publikationen_und_Formulare/Arbeit/Arbeitsmarkt.html(Zugriff am 13.04.2020)
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