Ansatz

Als Schlüsselsituationen werden Situationen beschrieben, die Berufstätige der Sozialen Arbeit als relevant und häufig vorkommend bezeichnen und die sie notwendigerweise müssen gestalten können. Auch wenn jede Situation, der wir begegnen in gewissem Sinn einmalig ist, lassen sich durch Abstrahierungen und durch die Reduktion von Information auf wesentliche generalisierbare Merkmale Gruppierungen vornehmen, welche die Situationen, die empirisch gewonnen wurden, begrenzen. Sie verbinden Allgemeines, das in allen ähnlichen Situationen zu finden ist mit Besonderem, das ganz spezifisch für die konkrete Situation ist. Genau dieses Pendeln zwischen Allgemeinem und Besonderem zeigt sich in der Kasuistik, die Theorie- und Fallverstehen zusammenführt. Sie veranschaulicht einerseits das Regelwissen und lehrt aber auch die Regelmodulation, die für professionelles Handeln unumgänglich ist. Es ist ein Weg, Wissen und Handeln miteinander zu verknüpfen und so die eigene Professionalität zu entwickeln und zu verbessern. Kernelemente des Verfahrens sind die Reflexion und der Diskurs.

Die Reflexion und der Diskurs über Schlüsselsituationen zielen darauf ab, Wissen in Bezug auf Praxissituationen gemeinsam in Lerngruppen und Communities of Practice zu entwickeln und zu erweitern.

Mit dem Ansatz Schlüsselsituationen kann sowohl in einer kasuistischen Arbeitsweise als Reflexionsmodell wie auch als Modell für Intervisionsgruppen (Intervisionsmodell IMS) gearbeitet werden. Anders als in den meisten mündlichen Reflexionsprozessen ermöglichen wir die Dokumentation des gemeinsam erarbeiteten Wissens auf einer virtuellen Plattform. Somit kann dieses mit anderen geteilt werden.

Die zentralen Elemente des Ansatzes Schlüsselsituationen sind das Reflexions- und Intervisionsmodell (Aufgaben), Communities of Practice (soziale Arrangements) sowie die virtuelle Plattform (Lernumgebung und Ressourcen).

Unsere Vision ist, dass durch die Implementierung des Ansatzes – in der Aus- und Weiterbildung an Hochschulen und in Praxisorganisationen – mit der Zeit eine Lern- und Diskurskultur in der Sozialen Arbeit entsteht, in der ein Austausch über Wissen, Werte und Handeln in Schlüsselsituationen und deren Qualität stattfindet. Um diese Vision zu realisieren, unterstützen wir Hochschulen und Praxisorganisationen bei der Implementierung des Ansatzes Schlüsselsituationen und beim Design von Lernumgebungen.

Wir orientieren uns bei der Gestaltung von lokalen Implentierungen am Activity Centred Analysis and Design Rahmenmodell (ACAD Framework) (Goodyear & Carvalho, 2014; Carvalho & Yeoman, 2017).

Reflexionsmodell Schlüsselsituationen der Sozialen Arbeit

Reflektierendes Lernen in 8 Schritten: Wissen, Handeln und Werte verbinden

Schlüsselsituationen beschreiben in Variationen wiederkehrende Situationen der Sozialen Arbeit. Die Professionellen stehen als Akteure im Blickfeld. Ihr Handeln und Wissen wird durch die Beschreibungen in acht Schritten sichtbar gemacht. Das Reflexionsmodell Schlüsselsituationen der Sozialen Arbeit führt dich durch alle Prozessschritte zur Erarbeitung einer Schlüsselsituation.

Der strukturierte Reflexionsprozess regt an, vom Spezifischem einer Situation zum Allgemeinen und umgekehrt zu gelangen und das Handeln mit verschiedenen Wissensformen zu verbinden. So bist du in der Lage, deine Praxis auf wissensbasierter und ethischer Grundlage weiterzuentwickeln und Handlungsmöglichkeiten für ähnliche Situationen zu entwerfen. Dieses situationsbasierte reflektierende Lernen ermöglicht dir, Gemeinsamkeiten in ähnlichen Situationen zu finden und generelle Merkmale zu bestimmen, die für neue Situationen handlungsleitend werden können.

Grafik: 8 Schritte des Reflexionsmodell

In der Reflexion wirst du dazu geführt, dein implizites und explizites Wissen herauszuarbeiten, neue Wissensressourcen zu erschliessen und diese Wissensbestände konkret auf dein Handeln zu beziehen. Ausgangspunkt ist immer eine selbst erlebte Situation mit dem Ziel, die eigene Professionalität weiterzuentwickeln.

Arbeitshilfen

Erstelle deine eigene Schlüsselsituation

Intervisionsmodell nach dem Ansatz Schlüsselsituationen (IMS)

Professionelle Haltung für die eigenen Praxis entwickeln und Qualität gemeinsam aushandeln

Das IMS ist eine Anleitung für Intervisionsgruppen mit dem Fokus auf Güte- und Qualitätskriterien professioneller Haltung und professionellen Handelns in herausfordernden Situationen Sozialer Arbeit.

In sechs Schritten reflektieren die Teilnehmenden in der Gruppe ihre eigenen Perspektiven und diejenigen der anderen an der Situation beteiligten Personen. Sie teilen professionelle Sichtweisen und können Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede erkennen und benennen. Gemeinsame Werte werden ausgehandelt und expliziert. Weiter wird good practice geteilt und Konflikte werden angesprochen.

Während des Prozesses pendeln die Teilnehmenden zwischen konkretem Handeln in der spezifischen Situation und genereller, professioneller Haltung in ähnlichen, wiederkehrenden Situationen. Sie pendeln zwischen ihrem persönlichen Erleben, Handeln und ihren Wissensbeständen und den Wissensbeständen, dem Handeln und den Werten der Gruppe. Ebenso pendeln sie zwischen Wahrnehmen, Erfassen und Verstehen, Erklären.

Ziele des IMS sind, die professionelle Haltung für die eigene Praxis weiterzuentwickeln und Handlungssicherheit in herausfordernden Situationen zu erlangen sowie das professionelle Handeln werte- und wissensbasiert zu begründen und dessen Qualität gemeinsam auszuhandeln.

Die Besonderheit des IMS ist die vertiefte Reflexion bezüglich handlungsleitenden Werten, Haltungen und Wissensbeständen. Dieses Aushandeln von Bedeutung ermöglicht kollaboratives Lernen innerhalb von Teams und Organisationen sowie über deren Grenzen hinweg. Durch Rückbindung in die je eigene Praxis können Handlungsalternativen abgeleitet werden.

Hier findest du die sechs Prozessschritte des Modells und eine Übersicht, wie das Intervisionsmodell IMS in Beziehung zum Reflexionsmodell Schlüsselsituationen in der Sozialen Arbeit steht:

Reflexion_schluesselsituation
Grafik: Einordnung des IMS in Bezug auf das Reflexionsmodell
Grafik: Übersichtsblatt IMS Prozessschritte

Willst du dich professionell weiterentwickeln oder ein Modell in deiner Organisation einbringen?

Publikationen

Monographien

Zeitschriftenbeiträge

Beiträge in Sammelbänden

Kunz, Regula; Tschopp, Dominik & Gonzalez, Pilar (2016). Zusammenarbeit in Communities of Practice am Beispiel des Netzwerks Schlüsselsituationen der Sozialen Arbeit.  Tagungsband der gmw16. In: Wachtler, Josef; Ebner, Martin; Gröblinger, Ortrum; Kopp, Michael; Bratengeyer, Erwin; Steinbacher, Peter; Freisleben-Teutscher, Christian; Kapper, Christine (Hrsg.). (2016) . Digitale Medien: Zusammenarbeit in der Bildung. Medien in der Wissenschaft, Band 71. Münster: Waxmann Verlag. ISBN 978-3-8309-3490-5

Eva Tov, Regula Kunz, Adi Staempfli, Dominik Tschopp and Stefan Eugster Stamm (2015). Creating a common language between academics and practitioners through Negotiation of Meaning in Communities of Practice (CoPs)  In: Sharma, Subash & Zirkler, Michael, (Eds.). From the edge of Chaos: Dialogues amongst social theory and practice. Bangalore: Indus Business Academy Publication. S. 92-102. ISBN 978-81-920996-9-9

Kunz Regula (2015). Situative Kasuistik – Die Relationierung von Theorie und Praxis durch Schlüsselsituationen. In: Bolay E., Iser A. & Weinhardt M. (Hg.). Methodisch Handeln. Impulse zur Professionalisierung der Sozialen Arbeit. Springer VS.

Stämpfli, Adi; Kunz, Regula &Tov, Eva (2014). Schlüsselsituationen der Sozialen Arbeit als Scharnier zwischen Theorie, Wissenschaft und Praxis. In: Unterkoffler, U. & Oestreicher, E. (ed.). Theorie-Praxis-Bezüge in professionellen Feldern. Leverkusen-Opladen: Budrich Uni-Press. S. 237-260.

Kunz, Regula/Stämpfli, Adrian/Tov, Eva (2014). Schlüsselsituationen der Sozialen Arbeit: Durch Reflexion und Diskurs Wissen für die Praxisausbildung sichtbar machen. In: Roth, Claudia /Merten, Ueli (Hg.). Praxisausbildung konkret. Leverkusen-Opladen: Barbara Budrich. S. 175-195.

Berichte

themenspezifische Arbeiten

Interview

Präsentation

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