Mit Klient*innen verhandeln / Gemeinsame Zusammenarbeit und Ziele definieren

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Ausgangslage

Die Person (28 Jahre) wird seit Oktober 2012 ohne Unterbrechungen von der Sozialhilfe unterstützt. Sie hat eine Tochter, die 2015 geboren wurde. Die Klientin (KL) ist somit seitdem sie 19 Jahre alt ist arbeitslos und wurde bei der SH zunächst im Team U25 beraten. Die KL hat keine abgeschlossene Ausbildung und hat nur kurz als Verkäuferin gearbeitet. Sie wuchs zunächst in Tunesien auf und zog 2006 mit ihrer Familie nach Frankreich. Ihre Muttersprachen sind Französisch und Arabisch, sie spricht nach eigener Aussage noch 4 weitere Sprachen.

Die Kommunikation auf Deutsch funktioniert einwandfrei. Dennoch hat sie grosse Probleme beim Schreiben und hat keinen Schulabschluss. Die PSA hat das Dossier der KL im Dezember 2021 von einer Kollegin übernommen, die gekündigt hat. Die KL hatte in ihrer Zeit bei der SH bis jetzt 6 verschiedene Fallverantwortliche. Die KL ist laut Arztzeugnis 100% arbeitsfähig, sie leidet unter Atmungsstörungen und braucht nachts ein Beatmungsgerät. Sie lebt seit 2 Jahren in einer Notwohnung der SH, mit der Wohnung ist sie seit Längerem nicht mehr zufrieden und versucht eine neue Wohnung zu finden. Unterstützung hierbei hat sie bis jetzt abgelehnt. Finanziell hat die KL immer wieder Probleme. Sie schafft es nicht, das ihr zur Verfügung stehende Geld richtig einzuteilen. Beinahe jeden Monat beschwert sie sich aufgrund dessen über die zu geringen Leistungen und bittet um einen Vorschuss.

Die Beschwerden hat sie auch schon der Teamleitung mitgeteilt. Sie wurde bei Plusminus zur Budgetberatung angemeldet und hat an einigen Terminen teilgenommen, liess sich aber nicht auf Veränderungen ein. Die KL wurde bereits mehrfach im Arbeitsintegrationszentrum (AIZ) zur beruflichen Eingliederung angemeldet. Die Massnahme wurde zuletzt im November 2021 abgebrochen. Die Abbrüche kamen jeweils aufgrund vieler Fehlzeiten zustande. In der letzten Schlussfolgerung des AIZ wurde vermerkt, dass die KL Probleme habe ihren Alltag zu bestreiten und deshalb sich nicht auf eine berufliche Eingliederungsmassnahme einlassen könne. Sie nahm nur wenige Tage an der Eingliederungsmassnahme teil, sie nannte als Gründe ihre Krankheit, die Krankheit ihrer Tochter, sowie ihrer Mutter. Das AIZ empfiehlt Unterstützungsangebote im Alltag für die KL aufzugleisen (z.B. Wohnbegleitung, Familienhilfe).

Die KL habe aber keine Problemeinsicht und kaum Realitätsbezug. Wenn die KL vor Ort war, sei sie sehr motiviert gewesen und habe sich vorbildlich verhalten. Auch bei Terminen in der SH fehlt die KL oft unentschuldigt oder meldet sich kurz vor dem Termin krank. Generell scheint die KL mit ihrer Situation überfordert zu sein. Sie reicht Unterlagen verspätet ein und fühlt sich bei Nachfragen sehr schnell angegriffen. Es kam in der Vergangenheit zu Beleidigungen und rassistischen Äusserungen gegenüber Mitarbeiterinnen der SH. Die Kita der Tochter war kurz davor eine Gefährdungsmeldung zu machen, da die KL nicht den Bedürfnissen der Tochter gerecht werden würde. Zu der Meldung ist es bis heute nicht gekommen. Unterstützungsangebote von Seiten der SH wurden bis jetzt alle abgelehnt. Die KL scheint keinerlei Unterstützung von anderen Institutionen oder ihrem privaten Umfeld zu haben.

Situationsbeschreibung

Die KL erscheint zum Erstgespräch bei der PSA. Die PSA stellt sich vor und bittet die KL um Schilderung ihrer aktuellen Situation. Die KL erklärt, dass sie viel krank sei und gesundheitliche Einschränkungen habe. Sie könne deshalb nicht arbeiten bzw. würden ihre häufigen Fehlzeiten zukünftige Arbeitgeber abschrecken.

Ausserdem schildert sie, dass sie sich in ihrer aktuellen Wohnung nicht mehr wohl fühle und dass ihre Tochter Angst vor der Nachbarin hätte, die PSA solle ihr deshalb eine neue Wohnung organisieren. Ansonsten habe die KL keine weiteren Anliegen. Die PSA spricht die KL auf die Schlussfolgerung vom AIZ an und erkundigt sich nach dem Alltag der KL. Die KL erklärt entrüstet, dass sie keine Probleme im Alltag und mit der Erziehung ihrer Tochter habe, die Schlussfolgerung sei falsch. Sie wäre lediglich öfter krank gewesen und an ihrer Krankheit könne sie nichts ändern.

 

Als die PSA anspricht, dass ein aktuelles Arztzeugnis des Hausarztes eingefordert werden würde, betont die KL, dass sie laut den Ärzten arbeitsfähig, aber trotzdem oft krank sei. Sie äussert, dass sie arbeiten wolle und ihr zu Hause langweilig sei. Generell hätte ihr die Teilnahme an der Eingliederungsmassnahme gefallen, aber aufgrund ihrer Krankheit hätte sie kaum teilnehmen können. Die PSA versucht der KL während des Gesprächs immer wieder unverbindliche Unterstützungsmöglichkeiten aufzuzeigen und zu verdeutlichen, dass es nicht schlimm ist, sich Unterstützung zu holen. Die KL bleibt jedoch bei ihrer Meinung und lehnt alle Unterstützungsangebote, ausser eine Anmeldung bei IG Wohnen zu Unterstützung bei der Wohnungssuche, ab. Zum Ende des Gesprächs wird vereinbart, dass die PSA ein Arztzeugnis einholen wird und für die Anmeldung bei der IG Wohnen die KL der PSA noch Unterlagen zustellen muss und dann erneut ein Gespräch stattfindet.

Erste Sequenz – Gesprächseinstieg

Die KL erscheint zum Erstgespräch bei der PSA. Die PSA stellt sich vor und bittet die KL um Schilderung ihrer aktuellen Situation.

Reflection in Action

  • Emotion Klient/in: Ich fühle mich unsicher und trete dem Gespräch mit einer angespannten Haltung entgegen. Dass ich es geschafft habe, diesen Gesprächstermin wahrzunehmen, erfüllt mich mit stolz. Die Ungewissheit des Gesprächs macht mich nervös.
  • Emotion Professionelle/r: Ich bin neugierig auf meine neue Klientin und gespannt auf das Gespräch. Ich trete der Klientin freundlich und offen entgegen und stehe dem Kommenden gelassen gegenüber.
  • Kognition Professionelle/r: Ich möchte erfahren, wie es der Klientin geht, wo sie steht und wie sie ihre Situation einschätzt.

Zweite Sequenz – Situationsschilderung

Die PSA stellt sich vor und bittet die KL um Schilderung ihrer aktuellen Situation. Die KL erklärt, dass sie viel krank sei und gesundheitliche Einschränkungen habe. Sie könne deshalb nicht arbeiten bzw. würden ihre häufigen Fehlzeiten zukünftige Arbeitgeber abschrecken. Ausserdem schildert sie, dass sie sich in ihrer aktuellen Wohnung nicht mehr wohl fühle und dass ihre Tochter Angst vor der Nachbarin hätte, die PSA solle ihr deshalb eine neue Wohnung organisieren. Ansonsten habe die KL keine weiteren Anliegen.

Reflection in Action

  • Emotion Klient/in: Auf der einen Seite bin ich erleichtert, dass ich dieses Gespräch und somit Unterstützung habe, auf der anderen Seite bin ich genervt, dass ich so viel von mir preisgeben muss und bin deshalb beim Erzählen berechnend. Ich fühle mich hilflos und unter Rechtfertigungsdruck.
  • Emotion Professionelle/r: Ich bin interessiert und der Klientin gegenüber offen und zugewandt. Gleichzeitig fühle ich mich von den Aussagen der Klientin irritiert. Während des Gesprächs fühle ich mich selbstsicher und ruhig. Ich höre mir die Erzählung abwartend und geduldig an.
  • Kognition Professionelle/r: Sie weicht mir aus? Enthält sie mir etwas vor? Und wenn ja, was und wieso? Wie kann ich Vertrauen schaffen? Ich hoffe, die Klientin kommt bald auf den Punkt.

Dritte Sequenz – Konfrontation

…Die PSA spricht die KL auf die Schlussfolgerung vom AIZ an und erkundigt sich nach dem Alltag der KL. Die KL erklärt entrüstet, dass sie keine Probleme im Alltag und mit der Erziehung ihrer Tochter habe, die Schlussfolgerung sei falsch. Sie wäre lediglich öfter krank gewesen und an ihrer Krankheit könne sie nichts ändern. Als die PSA anspricht, dass ein aktuelles Arztzeugnis des Hausarztes eingefordert werden würde, betont die KL, dass sie laut den Ärzten arbeitsfähig, aber trotzdem oft krank sei. Sie äussert, dass sie arbeiten wolle und ihr zu Hause langweilig sei. Generell hätte ihr die Teilnahme an der Eingliederungsmassnahme gefallen, aber aufgrund ihrer Krankheit hätte sie kaum teilnehmen können.

Reflection in Action

  • Emotion Klient/in: Ich bin verunsichert und fühle mich unverstanden. Mir wäre es am liebsten, wenn die PSA mich endlich in Ruhe lässt. Das Nachgefragen seitens PSA nervt mich gewaltig. Während der Erzählung über das AIZ bin ich lebendig und erfreut.
  • Emotion Professionelle/r: Ich bin neugierig, wie die Klientin auf meine Konfrontation reagiert. Meine Argumentation ist professionell und klar und mein Auftreten empathisch. Ihre Rechtfertigungen machen mich ratlos. Aber ich bin auch freudig überrascht über ihren Bericht vom AIZ.
  • Kognition Professionelle/r: Sie weicht mir weiterhin aus. Weshalb macht sie das und wieso rechtfertigt sie sich so vehement? Fühlt sie sich in die Ecke gedrängt von mir? Ich kaufe ihr nicht ab, dass sie keinen Unterstützungsbedarf im Alltag hat.

Vierte Sequenz – Unterstützungsangebot

Die PSA versucht der KL während des Gesprächs immer wieder unverbindliche Unterstützungsmöglichkeiten aufzuzeigen und zu verdeutlichen, dass es nicht schlimm ist, sich Unterstützung zu holen. Die KL bleibt jedoch bei ihrer Meinung und lehnt alle Unterstützungsangebote, ausser eine Anmeldung bei IG Wohnen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche, ab.

Reflection in Action

  • Emotion Klient/in: Grosse Ambivalenz. Auf der einen Seite fühle ich mich erleichtert und zuversichtlich über vorhandene Unterstützungsangebote. Gleichzeitig bin ich aber auch überfordert und entrüste mich über die Unterstellung der PSA, dass ich Hilfe benötige. Ich habe Angst, mein Gesicht zu verlieren.
  • Emotion Professionelle/r: Ich bin gespannt, wie sie auf die Unterstützungsangebote reagiert und bin freudig überrascht, dass sie sich die Vorschläge interessiert anhört. Ihr ambivalentes Verhalten und ihr Ausweichen machen mich ratlos.
  • Kognition Professionelle/r: Ich möchte ihr die Unterstützungsangebote näherbringen und hoffe, dass ihr bewusst wird, dass diese ihr Leben erleichtern würden und sie sie in ihrer Alltagsbewältigung unterstützen könnten. Warum zeigt sie sich in einem Moment offen und im anderen zieht sie sich zurück? Weshalb kann sie sich auf meine Vorschläge nicht einlassen? Ist es eine Frage des (noch) nicht vorhandenen Vertrauens? Was braucht sie von mir?

Fünfte Sequenzen – Vereinbarung

Zum Ende des Gesprächs wird vereinbart, dass die PSA ein Arztzeugnis einholen wird und für die Anmeldung bei der IG Wohnen die KL der PSA noch Unterlagen zustellen muss und dann erneut ein Gespräch stattfindet.

Reflection in Action

  • Emotion Klient/in: Ich bin erleichtert, dass das Gespräch endlich vorbei ist. Die nächsten Schritte sind für mich nicht ganz klar und machen mir auch Angst, deshalb resigniere ich und willige breitwillig in die Vorschläge und die Aufgaben der PSA ein. Die PSA nervt mich, trotzdem fühle ich mich von ihr abhängig.
  • Emotion Professionelle/r: Ich bin über die Einwilligung, die gemachte Vereinbarung und das Ende des Gesprächs erleichtert. Gleichzeitig bin ich skeptisch, ob die Klientin ihren Teil der Abmachung einhalten wird.
  • Kognition Professionelle/r: Für mich sind die nächsten geplanten Schritte klar und ich bin mit dem Erreichten zufrieden. Ich bin gespannt, ob die Klientin ihre Aufgaben erledigen wird. Ihre Ambivalenz irritierte mich durch das ganze Gespräch. Wie kann ich dieser im nächsten Gespräch begegnen und wie kann ich sie einordnen?

ET: ihr habt eine sehr schöne Reflection in Action! Vor allem die Kognitionen der PSA sind sehr gut. Alles ist schön kontextualisiert, so dass die Leserschaft den Bezug herstellen kann. In der Regel werden die Positionen in der 3. Person oder ganz neutral, ohne Pronomen, dargestellt, aber ihr müsst das nicht umschreiben. Es geht auch so. Ausserdem habt ihr gute Überschriften für die Sequenzen gefunden und auch die Anzahl und Textlänge ist angemessen. Auch Titel und Untertitel sind stimmig gewählt. Bitte schreibt nur noch alle Namen eurer CoP Mitglieder oben auf!

5.1      Erklärungswissen – Warum handeln die Personen in der Situation so? (Sandra)

  • Leitfrage:
    • Warum möchte die KL keine Unterstützung annehmen?

Selbsttheorie (Carl Rogers)

Die Selbsttheorie nach Carl Rogers (Boeger, 2018) baut auf der Persönlichkeitstheorie von Rogers auf, welche davon ausgeht, dass der Mensch von Natur aus gut und in seinem Wesen einzigartig ist, sowie ein immanentes Potenzial zur Selbstentfaltung besitzt. Menschliches Verhalten wird aus einem inneren Bezugssystem des Individuums heraus verstanden. Dieses besteht aus den subjektiven Erfahrungen des Individuums, welche ein einzigartiges Erfahrungsfeld (phänomenales Feld) bilden.

Rogers Selbsttheorie geht davon aus, dass das Selbst (die Wahrnehmung, die jemand von sich hat) im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Jeder Mensch strebt danach, seine Grundbedürfnisse zu befriedigen und gleichzeitig seine Person zu bewahren und seine Eigenarten zu entfalten. Die gemachten Erfahrungen werden in Bezug auf das Streben nach Selbsterhaltung und -verwirklichung ununterbrochen neu bewertet.

Dabei werden Verhaltensweisen, welche die Selbstwirksamkeit fördern positiv bewertet und dementstprechend angestrebt. Hingegen werden diejenigen, die der Selbstwirksamkeit entgegenwirken negativ bewertet und verworfen.

Dieser Prozess wird von Rogers Selbstaktualisierung genannt und als das grundlegende Motiv für das Erlangen von Selbständigkeit und Autonomie angesehen. In diesem Prozess entwickelt der Mensch zunehmend die Bereitschaft, sich für verschiedene Arten von Erfahrung zu öffnen und sich selbst, aber auch andere Menschen, so anzunehmen wie sie sind. Dies führt zu einer zunehmenden Unabhängigkeit von der Umwelt und zu mehr Autonomie (Boeger, 2018)

Gelingt dieser Prozess der Selbstaktualisierung nicht, entwickelt der Mensch in der Regel Verhaltensstörungen. Dies kann geschehen, wenn das grundlegende Bedürfnis nach bedingunsloser positiver Wertschätzung nicht befriedigt ist. In diesem Fall verhält sich der Mensch im Streben nach seiner Entfaltung nicht konstruktiv, rational und sozial, sondert tut alles, um seine Existenz und seine Selbstachtung aufrechtzuerhalten. Dafür nimmt er die Hemmung seiner Entfaltung und die Unterdrückung seiner inneren Möglichkeiten in Kauf.

Dies führt oft zu seelischen Störungen und Hemmungen, zu Blockierungen oder zu destruktivem, irrationalem oder asozialem Verhalten. Im Kontext dieser (anthropologischen) Modellannahme können Gewalt und Aggression als Folge von (chronifizierter) Blockierung der Aktualisierungstendenz verstanden werden (lexikon.stangl.eu).

Quellen:

Relationierung-Selbsttheorie

Es scheint, dass der Klientin die eigene Autonomie und Selbstwirksamkeit sehr wichtig ist. Dies zeigt sich auf der einen Seite in dem sie mit Forderungen an die PSA herantritt und ihre Wünsche und Erwartungen äussert. Auf der anderen Seite lässt sie sich Unterstützungsangebote aufzeigen, weisst diese dann jedoch von sich, mit der Begründung, dass sie keine Unterstützung in diesen Bereichen brauche. Die Vermeidung von Unterstützung kann darauf hindeuten, dass sie darum bemüht ist, die eigene Selbstachtung unter allen Umständen aufrecht zuhalten und sie Angst hat, dass die angebotenen Unterstützungsangebote diese gefährden könnte.

Es kann sein, dass sie sich zu einem früheren Zeitpunkt auf Unterstützungsangebote eingelassen hat und diese als negativ, also ihrer Selbstwirksamkeit entegegenwirkend, bewertet hat. Die jetztige Verhaltensweise hingegen bewertet sie positiv, sie nimmt sie scheinbar selbstwirksamkeitfördernd wahr.

Ob das grundlegende Bedürfnis nach bedingungsloser positiver Wertschätzung bei ihr nicht befriedigt wurde oder wird, ist nicht klar ersichtlich aber gut möglich.

Auf jeden Fall gelingt es ihr nicht sich auf neue Erfahrungen und Menschen einzulassen, um so die Möglichkeit zur eigenen Entfaltung ausschöpfen und sich selbst annehmen zu können. Sie bevorzugt es, in ihrem Kokon/ ihrer eigenen Wahrnehmung zu bleiben und ihr Leben durch Blockierung von Erfahrungen und Veränderungen, sowie destruktivem Verhalten leiten zu lassen.

Stress- und Bewältigungstheorie (Lazarus)

In bedrohlichen Situationen werden alle Kräfte mobilisiert, um die gegebene Situation (Stress) bewältigen zu können. Ein gewisses Mass an Stress ist förderlich. Bleibt diese Anspannung jedoch über einen längeren Zeitraum bestehen, wird er zu Dystress und kann die Persönlichkeitsentwicklung negativ beeinflussen. Wie gut stressige Ereignisse vom Individuum bewältigt werden können, hängt von seinen Ressourcen und Bewältigtungsstrategien ab.

Die Ausprägung der Strategien hängen wiederum zum einen vom Temperament und zum anderen von den erlernten Grundmustern zur Bedürfnisbefriedigung ab. Das Ziel dabei ist immer, die persönliche Handlungsfähigkeit zu erhalten oder die emotionale Veränderung zu akzeptieren und zu ertragen (Gefühlsregulierung).

Hilfreich für die Bewältigung von Stressmomenten sind ein flexibles Verhaltensrepertoire und soziale Beziehungen, welche um Unterstützung gebeten werden können. Gelingt es nicht, die in Stresssituationen aufgebaute Spannung auszuleben oder die Situation zu bewältigen, kann es zu destruktiven Reaktionen (z.B. Gewalt, Depression, Drogenkonsum, Selbstaggression) kommen (Hurrelmann/Bauer, 2018)

Das Transaktionale Stressmodell von Lazarus sieht Stresssituationen als komplexe Wechselwirkung zwischen der handelnen Person und den Anforderungen der Situation. Für die Bewertung der Stressreaktion ist nicht die (objektive) Beschaffenheit des Stressors (Reiz oder Situation), sondern die (subjektive) Bewertung des Betroffenen zuständig. Da zwischen dem Stressor und Stressreaktion ein Bewertungsprozess liegt, ist das Modell transaktional.

Situationen und deren Belastungen werden von jedem Menschen unterschiedlich bewertet und lassen sich in drei Stufen unterscheiden.

Stufe 1. Primäre Bewertung (primary appraisal)

In dieser Stufe werden die Situationen als irrelevant, freundlich/positiv oder anstrengend/belastend bewertet. Wird die Situation als anstrengend/belastend eingeschätzt, wird sie nochmals bewertet und zwar als Herausforderung (beherrschbare oder bewältigbare Situation), als Bedrohung (zu erwartender Schaden oder Verlust) oder als erlittener Schaden/Verlust.

Stufe 2. Sekundäre Bewertung (secondary appraisal)

Hier wird überprüft, ob die verfügbaren Ressourcen zur Bewältigung der Situation ausreichen. Ist dem nicht so, wird eine Stressreaktion ausgelöst und eine der Situation und Person abhängige Bewältigungsstrategie (z.B. Aggression, Flucht, Änderung der Bedingung oder Verleugnung der Situation) entworfen. Dieser Umgang mit Bedrohungen wird Coping genannt. Alle Menschen lernen im Laufe der Zeit über Erfolgs- oder Misserfolgsrückmeldungen, mögliche Bewältigungsstrategien zu selektionieren und einzusetzen. Die sekundäre Bewertung geschieht im Spannungsfeld von Ansprüchen und Zwängen und erfolgt in drei Schritten:

  1. Bewertung der vorhanden Coping-Strategie
  2. Anwendung einer oder mehrerer bestimmter Coping-Strategien
  3. Bewertung der Folgen der Anwendung dieser Coping-Strategien

Stufe 3. Neubewertung (re-appraisal)

Bei der Neubewertung werden Bewältigungsstrategien auf ihren Erfolg überprüft. Wenn eine Person lernt, mit einer Bedrohung umzugehen, stellt sie evtl. nur noch eine Herausforderung dar. Wird dagegen bei einer Herausforderung keine erfolgreiche Bewältigungsstrategie gefunden, kann sie zur Bedrohung werden. Es wird zwischen zwei Formen der Neubewertung unterschieden, den Neubewertungen anhand neuer Informationen durch die Umwelt und/oder Person und den Neubewertungen als Ergebnis des bewertungsorientieren Copings (defensive re-appraisal) (Rusch, 2019)

Im Modell von Lazarus werden drei Arten des Coping (Stressbewältigung) unterschieden:

Problemorientiertes Coping (problem-focused coping)

Diese Bewältigungsstrategie geschieht auf der Ebene des Reizes, oder der Situation. Dabei versucht das Individuum die Problemsituation durch Informationssuche zu überwinden, in dem es die direkte Handlung oder Nichthandlung der Gegebenheit anpasst.

Emotionsorientiertes Coping (emotion-focused coping)

Die durch die Situation entstandene emotionale Erregung wird abzubauen versucht.

Bewertungsorientiertes Coping (cognitive coping)

Das Ziel ist es, eine Belastung bzw. Bedrohung, eher als Herausforderung zu sehen. Dadurch kann ein Lebensumstand positiv bewertet werden, was Ressourcen generiert, welche zur angemessenen Reaktion zur Verfügung stehen. Dazu müssen jedoch konkrete Problemlösungsansätze gefunden und somit verschiedene Bewältigungsstrategien kombiniert werden (Rusch, 2019)

Abbildung 1. Philipp Guttmann, Stressmodell-Lazarus, CC BY-SA 4.0

Quellen:

  • Hurrelmann/Bauer (2018). Einführung in die Sozialisationstheorie: Das Modell der produktiven Realitätsverarbeitung. Beltz Verlagsgruppe (S.68-71).
  • Rusch (2019). Stressvermeidung und Stressbewältigung. Berlin, Heidelberg; Springer Verlag (Kapitel 4.3 und 9.1).

Relationierung-Stress- und Bewältigungstheorie

Das Verhalten der Klientin könnte mit dieser Theorie erklärt werden, in dem Sinne, dass sie ihre Lebenssituation nicht bewältigen kann (im Dystress ist) und deshalb nicht handlungsfähig ist oder bleibt. Sie bewertet ihren Alltag, dass unter einen Hut bringen von Erziehung, Haushatl und Erwerbsarbeit als beängstundigend und dementsprechend als nicht zu bewältigen. Wenn sie sich auf Unterstützung oder ein Arbeitsintegrationsprojekt einlässt, muss sie sich dieser Angst stellen. Dies birgt auf der einen Seite das Risiko, dass sie es nicht schafft und die Situation nicht bewältigen kann, was die Situation für sie noch beängstignder macht. Auf der anderen Seite steckt darin die Chance, dass sie von der Unterstützung profitieren kann, diese ihr Sicherheit geben kann und sie sich in ihrer Selbstwirksamkeit erfahren und die Situation bewältigt werden kann. Verschiedene Gründe könnten die Ursache des Dystress sein:

  • Die Klientin schafft es nicht, in stressigen Situationen auf ihre Ressourcen und Bewältigungsstrategien zurück zugreifen und so die “gefährliche” Situation zu bewältigen.
  • Die Klientin hat ein zu kleines Soziales Umfeld, welches sie in stressigen Zeiten unterstützen kann.
  • Die Klientin hat ein zu kleines Repertoire an Bewältigungsstrategien und weiss deshalb in herausfordernden Situationen nicht, wie sie diese bewältigen kann. Diese Situationen werden beim nächsten Mal vermutlich als bedrohlich eingestuft.
  • Die Klientin bewertet Situation schnell als gefährlich, statt die Bedrohung als Herausforderung zu sehen und so Ressourcen zu generieren. Sie verpasst so die Möglichkeit, eine passende Strategie zur Bewältigung zu suchen und auszuprobieren.
  • Die Klientin schafft es nicht, ihre Gefühle zu regulieren und die in der sie überfordernden Situation aufgebaute Spannung abzubauen. In ihrem Alltag bleibt sie in ihren Routinen gefangen und getraut sich nicht aus diesen auszubrechen, da ihr das Risiko, ihr Gesicht zu verlieren zu gross ist. Damit verbaut sie sich die Chance, sich in ihrer Selbstwirksamkeit zu erkennen, die Spannung abzubauen und die Situation zu bewältigen.

Vermeidung

Vermeidungsverhalten wird allgemein als “Verhaltensweisen, die gezeigt werden, um einen unangenehmen Reiz zu vermeiden” (Brunnder&Zeltner, 1980) definiert. Ist ein Mensch mit Gefahr konfrontiert, muss er sich auf einen Kampf, eine Flucht oder Panik vorbereiten. Das Wort Vermeiden bezieht sich in der Regel auf solche Situationen.

Vermeidungsverhalten kann den Menschen vor der Gefahr (psychische oder physische Belastung) schützen, in dem er solchen Situationen aus dem Weg geht.

Es entwickelt sich in den folgenden 5 Stadien:

  1. Negativer Reiz wird ausgelöst
  2. Der Auslöser wird mit dem Schmerz verknüpft
  3. Vermeidung des negataiven Reizes, um die Angst und den Schmerz nicht wieder spüren zu müssen
  4. Positive Verstärkung des eigenen Verhaltens
  5. Durch diesen Teufelskreis wird das Vermeidungsverhalten immer wieder erlebt und verstärkt

Vermeidungsverhalten schränkt das menschliche Leben stark ein und kann sich zu einer Angstspirale entwickeln. Typische Folgen von diesem Teufelskreis sind sozialer Rückzug, eine immer kleiner werdende “Komfortzone”, Depressionen, Suchtverhalten und Suizid.

Vermeidungsverhalten ist ein (negativ) erlerntes Muster, welches mit der operanten und klassischen Konditionierung erklärt werden kann.

Die Ursachen für die Entwicklung von Vermeidungsverhalten sind vielfältig. Jede angstbesetzte Situation und fast jede negative Emotion kann dazu führen.

In der Psychologie wird zwischen 6 verschiedenen Vermeidungsstrategien unterschieden:

  • Aufschieben: “gefährlichen” Situationen wird aus dem Weg gegangen, in dem sie immer auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden
  • “Vogel-Strauss”: Es wird so getan, als ob es kein Problem gäbe (Kopf in den Sand stecken)
  • Verleugnen: Um der negativen Konfrontation aus dem Weg zu gehen, werden die positiven Seiten hervorgehoben. Das Problem wird schöngeredet
  • Projektion: Alles negative wird auf die Mitmenschen abgeschoben, das Positive jedoch bei sich selber gesehen
  • Schuldzuweisung: Andere sind für die problematische Situation verantwortlich. Mit dieser Strategie kann eine Auseinandersetzung mit den eigenen “Fehlern” aus dem Weg gegangen werden
  • Vermeiden: Diese Strategie wird vom Körper unbewusst gesteuert, in dem diverse körperliche Symptome auftreten, welche dazu führen, dass eine “beängstigende” Situation nicht eintreten kann

Im Alltag integriertes Vermeidungsverhalten, welches kaum bemerkt wird, kann weitreichende Konsequenzen führen:

  • Menschen, die auf diese Weise Handeln, leiden verhäuft an Depressionen und Frustration.
  • Erfolgserlebnisse bleiben aus. Wer “gefährlichen Situation” aus dem Weg geht, kann diese nicht überwinden und kann nicht über sich hinauswachsen.
  • Sozialer Rückzug: Betroffene meiden den Kontakt zu Mitmenschen, was zum Beispiel ein normales Arbeitsleben verunmöglichen kann. Daraus können sich Angststörungen bis hin zu Sozialphobie entwickeln.
  • Flucht aus der Realität: Rückzug in eine imaginäre Welt, in virtuelle Welten oder Abhängigkeiten

Durch Übungen, Therapie oder Medikamente können diese Mechanismen bekämpft und überwunden werden.

Quelle:

Relationierung-Vermeidung

Jeder Mensch wird in seinem Leben mit Vermeidungsverhalten konfrontiert. Dies können unauffällige Ausprägungen, aber auch erhebliche Einschränkungen des alltäglichen Lebens im Kontext von Angststörungen sein.

Im Falle unserer Klientin liegt das Vermeidungsverhalten irgendwo dazwischen. Da sie es schafft, die Termine auf der Sozialhilfe wahrzunehmen (wenn auch nicht immer), können wir davon ausgehen dass sie nicht unter einer Sozialphobie leidet. Die Termine werden jedoch nicht regelmässig eingehalten, sondern nur wahrgenommen, wenn eine Forderung ihrerseits im Raum steht. Dies kann auf Vermeidungsverhalten hindeuten. Vermeidungsstrategien die hier angewendet werden, sind die Aufschiebungsstrategie, die Vogel-Strauss-Strategie und die Vermeidungsstrategie.

Tendenzen von Vermeidungsverhalten sind aber auch auf anderen Ebenen erkennbar. Zum einen, vermeidet sie Programme zur Arbeitserprobung und Arbeitsintegration. Obwohl sie im besuchten Programm gute Rückmeldungen bekam und es ihr auch gefallen hat, vermied sie die Teilnahme durch häufiges Fehlen. Dies entschuldigte sie durch Krankheit ihrerseits, der Tochter oder der Mutter. Damit vermied sie nicht nur die Situation in dem Programm, sondern auch die mögliche Integration in den Arbeitsmarkt, welche für sie vermutlich auch eine beängstigende Situation darstellt. Auch hier sind die Vogel-Strauss- und die Vermeidungsstrategie ersichtlich.

Zum anderen vermeidet sie die Annahme von Unterstützung in Bezug auf Haushaltsführung und Erziehung. Sie hört sich die möglichen Unterstützungsangebote an und lässt sie sich erklären, lässt sich jedoch nie auf etwas Konkretes ein. Dies umgeht sie, in dem sie sich Bedenkzeit erbittet, um sich genauer über die Angebote zu informieren. Zudem beteuert sie, dass sie in diesem Bereich alles im Griff habe und keine Unterstützung benötige. Dies kann als Vermeidungsverhalten interpretiert werden. Ersichtlich werden die Strategien Aufschieben, Vogel-Strauss, Verleugnen und Vermeiden.

Erklärt kann das Vermeidungsverhalten der Klientin mit der negativen Verstärkung (Skinner). Das heisst, die Vermeidungsstrategien dienen dazu, dass negative Reize ausbleiben.

5.2      Interventionswissen – Wie kann ich als professionelle Fachperson handeln? (Ilonka)

  • Leitfrage:
    • Wie kann die PSA der KL aufzeigen, dass sie von der Unterstützung profitieren kann?
  • Gestaltung vom Erstgespräch/Präludium
  • pädagogisches Arbeitsbündniss

Behandlungs- und Veränderungsmotivation

Mitunter scheitern Behandlungen daran, dass die Klienten schlicht und einfach unmotiviert sind und obwohl sie sehr wohl könnten, einfach keinen Willen zur Mitarbeit zu haben scheinen. Kanfer, Reinecker und Schander 2005 argumentieren in diesem Zusammenhang, dass Klienten immer zu etwas motiviert sind, nur nicht immer dazu, wozu auch die Therapeuten motiviert sind. Insofern steht bei unmotivierten Klienten häufig erst einmal die Frage der Zielklärung an. Möglicherweise zeigt sich dann schnell, dass es sich gar nicht um eine Demotiviertheit handelt, sondern um die Notwendigkeit, die Ziele wieder besser aufeinander abzustimmen. Grundsätzlich sollte in jeder Beratung vor Beginn der Intervention, erst einmal eine sog. Ziel- und Wertklärung stattfinden. Das heißt es sollten Ziele und persönliche Werte der Klienten und deren Zusammenhang herausgefunden werden. Aus der Sicht von Noyon und Heidenreich stellen Zielkonflikte bei Klienten eher die Regel als die Ausnahme dar, und es ist demnach unabdingbar, diese aktiv zu explorieren (vgl. Michalak. Heidenreich & Hoyer, 2009).

Erst nach so einer Ziel- und Wertklärung  wird es in der Regel möglich sein, die Kraft und das Engagement für notwendige Veränderungsbemühungen zu sammeln. Unmotiviertheit kann somit immer auch als Hinweis verstanden werden, dass eine erneute Ziel- und Wertklärung stattfinden sollte.

Doch natürlich wird auch der Fall eintreten, dass Klienten tatsächlich unmotiviert sind. In sehr vielen Fällen wird es sich dabei um Personen handeln, deren Leidensdruck schlicht nicht groß genug ist.

Die Bilanz muss für jede/n Klient*In stimmen. Er/Sie wird sich auf einen therapeutischen Aufwand nur einlassen, wenn es für ihn/sie mehr zu gewinnen gibt als zu verlieren. Hinzukommen muss zudem die Zuversicht, dass eine entsprechende Anstrengung Aussicht auf Erfolg hat.

Die beratende/therapierende Person sollte sich also erst einmal fragen, ob es für den Patienten überhaupt genug zu gewinnen gibt. Ansonsten besteht die Gefahr, dass ein fruchtloser Überzeugungskampf beginnt und die Beratung mehr und mehr zum Tauziehen wird.

(Quelle: Schwierige Situationen in Therapie und Beratung – Alexander Noyon, Thomas Heidenreich 2009)

Relationierung Behandlungs- und Veränderungsmotivation:

Es scheint als würden die Ziele der PSA und der KL nicht übereinstimmen. Die KL hat klar das Ziel mehr finanzielle Unterstützung und auch Unterstützung bei der Wohnungssuche zu erhalten, darüber hinaus lehnt sie Unterstützung konsequent ab. Die KL hat somit ihr Ziel der Unterstützung durch Anmeldung bei der IG Wohnen also zunächst erreicht und zeigt sich im Hinblick auf die weiteren Angebote der PSA dementsprechend abweisend. Hier kann eine erneute Ziel- und Wertklärung hilfreich sein. Eventuell ist auch der Leidensdruck der KL, weitere Unterstützungen anzunehmen nicht groß genug. Der Nutzen deckt aus Sicht der KL nicht die Kosten, sich auf die Unterstützungen einzulassen. Im Gegenteil befürchtet sie vielleicht sogar ihr könnte etwas weggenommen werden, denn sie scheint einfach nicht akzeptieren zu wollen, dass sie diese Unterstützung an einigen Stellen dringend benötigt. Bei diesen Unstimmigkeiten kann die Methode des Motivational Interviewing hilfreich sein:

Motivational Interviewing (MI)

In ihren Arbeiten gehen Miller und Rollnick (2002, 2005) von der Betrachtung der ambivalenten Situation aus. Begriffsherleitung „Ambivalenz”: “ambo” (=beide) und valere” (= gelten). Es geht also erst einmal ausschließlich um das Verstehen der Ambivalenz. Hier liegt eine erste wichtige Ausrichtung des MI: Als behandelnde Person untersucht man mit dem/r KlientIn gemeinsam seine/ihre Ambivalenz, ohne sich dazu verleiten zu lassen, argumentativ auf eine der Seiten der Waage zu springen! Denn Letzteres wäre eine Parteinahme, die den/die KlientIn fast automatisch dazu veranlassen wird, auf die andere Seite der Waage zu springen, was jede Entwicklung blockiert.

Hiermit wird auch deutlich, dass es nicht die behandelnde Person ist, die festzulegen hat, in welche Richtung die Entwicklung zu gehen hat. Das MI geht davon aus, dass es weder möglich noch sinnvoll ist, eine Veränderung anzustreben, die im Widerspruch zu den persönlichen Werten und Normen der Klienten steht. Die einzuschlagende Richtung hinaus aus der Ambivalenz kann immer nur von den Klienten selber kommen, die behandelnde Person kann die Klienten nur dabei unterstützen, selber zu erkennen, welche Seiten der Waagschale, die für ihr Leben passendere ist.

In diesem Sinne wurzelt das MI in seiner Grundhaltung der Klienten gegenüber in Rogers klientenzentrierter Psychotherapie, fokussiert aber direktiv auf die Untersuchung der Ambivalenz und strebt ähnlich der sokratischen Gesprächsführung an, dass Klienten selbst ihren Weg finden. Aus einem erfolgreichen MI resultiert also, dass die Klienten selber die Argumente für Veränderung präsentieren (”Change Talk”).

Wichtige Basisprinzipien des MI:

Empathie zeigen: Die beratende Person soll sich bemühen, die Ambivalenz der Klienten “von innen” zu verstehen, dies reflektieren und auf Bewertungen, Kritik o. ä. verzichten (personzentrierte Therapie von Carl Rogers) . Es geht um echte Akzeptanz und nicht nur um Befürwortung. Denn genau solch eine Haltung des Akzeptierens der Person, so wie sie ist, setzt diese für Veränderung frei.

Diskrepanz entwickeln: Um Motivation zu entwickeln, ist es notwendig, dass die Klienten eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Ist- und dem Soll-Zustand wahrnehmen. Dazu müssen mit den Klienten ihre persönlichen Werte und Ziele untersucht und geklärt werden, damit sie sie in Zusammenhang mit ihrem Ambivalenzkonflikt bringen können. Aus dieser Diskrepanz kann schließlich ein stärkerer Veränderungswunsch entstehen.

Mit dem Widerstand gehen: Die ungünstigste Situation ist dann gegeben, wenn die behandelnde Person Argumente für Veränderung auffährt und die Klienten sich mit Gegenargumenten verteidigen. Zeigen Klienten Widerstand, so ist das in der Philosophie des MI ein Signal für die behandelnde Person, die eigene Position zu verändern (also nicht von der eigenen “richtigen” Position aus weiter zu argumentieren). Beispiel: Ein Klient ist ambivalent in Bezug auf die Frage, ob er mit dem Rauchen aufhören soll. Der Klient argumentiert mit den Vorteilen, die er im Rauchen sieht. Dem automatischen Korrektur- und Überzeugungsreflex folgend würde eine beratende Person nun möglicherweise beginnen, Gegenargumente aufzufahren und damit wahrscheinlich mitten in den Widerstand des Klienten hineinlaufen. Eine am MI orientierter beratende Person würde stattdessen mit dem Widerstand gehen (“roll with resistance”) und Verständnis für die Argumentation des Klienten zeigen. Paradoxerweise sind es nach solch einem “mit dem Widerstand gehen” in der Regel die Klienten, die dann den Change Talk beginnen (Der Klient bringt Argumente gegen das Rauchen). Wichtiges Zwischenziel des MI: Die Klienten sollen “Change Talk” zeigen, nicht die behandelnden Personen.

Selbstwirksamkeit fördern: Die bisherigen drei Prinzipien können dabei helfen, dass ein/e Klient*In erkennt, dass er/sie ein relevantes Problem hat und eine Veränderung herbeiführen sollte. Ohne die Überzeugung, diese Veränderung auch leisten zu können, ist das jedoch nichts wert. Deshalb bemüht sich das MI auch darum, die Selbstwirksamkeit der Klienten zu unterstreichen, aufzubauen und zu fördern.

Empfehlungen, die für die Gesprächspraxis mit ambivalenten Personen förderlich sind:

Vermeidung der Expertenrolle: Beim Untersuchen von Ambivalenzen ist es ungünstig, wenn sich die behandelnde Person als jemand anbietet, der “alle Antworten hat” und die Klienten zu belehren versucht. Das führt häufig zu Widerstand.

Übereilung: Meistens kommt man in Beratungen und Therapien dann am besten voran, wenn man am langsamsten geht. Roberts (1997): “Mitunter kann es den ganzen Tag dauern, etwas Bestimmtes zu erreichen, wenn man sich so verhält, als hätte man nur ein paar Minuten. Umgekehrt dauert es nur ein paar Minuten, wenn man so handelt, als hätte man den ganzen Tag.” Also: Langsam-Machen!

Die wichtigste „Falle” Parteilichkeit: Argumentieren ist keine geeignete Strategie, Veränderung herbeizuführen. Deshalb sollte das Auffahren von Argumenten “pro change” vermieden werden, denn das wird die Klienten wahrscheinlich vor allem dazu veranlassen. “No problem”-Aussagen zu bringen.

Offene Fragen stellen: Mit geschlossenen Fragen (“Ja”/ “Nein”- Fragen), die den Klienten wenig Antwortspielraum lassen, geht häufig die Gefahr einher, dass bereits eine Seite der Ambivalenz betont wird. Offene Fragen ermöglichen eine tiefere Exploration, während geschlossene Fragen in der Regel nur kurze Antworten erfordern.

Transparenter Umgang mit zweifelhafter Motivation

(Quelle: Schwierige Situationen in Therapie und Beratung – Alexander Noyon, Thomas Heidenreich 2009)

Ein Königsweg der Bearbeitung liegt häufig darin, das Problem offen anzusprechen und gemeinsam mit den Klienten eine Lösung zu finden. Wenn das nicht möglich ist, dann sollte auch das klar thematisiert werden, denn ohne Ziele funktioniert Beratung nicht.

Schließlich ist es wichtig, nicht zu viel Verantwortung für den Prozess zu übernehmen. Gerade unmotivierte Klienten lösen bei den PSA häufig die Vorstellung aus, dass sie “schuld” sind und doch nur auf die richtige “therapeutische/beraterische Idee” kommen müssten. Für die Psychohygiene der PSA ist es wichtig zu akzeptieren, dass es Klienten gibt, die auch trotz perfekter Motivationsarbeit keine Veränderungsmotivation aufbauen werden.

Relationierung Motivational Interviewing:

Die Ambivalenz der KL besteht in unserem Fall darin, dass sie mit ihrer Situation überfordert scheint, dies aber nicht einsehen möchte. Die von der SH bereitgestellten finanziellen Mittel reichen ihr nicht aus, sie möchte laut eigener Aussage arbeiten, ist aber gleichzeitig vorgeblich durch ihre und die Krankheit ihrer Tochter und Mutter eingeschränkt. Es steht also eine klare Überforderung mit der Situation im Gegensatz zu der fehlenden Einsicht und der Ablehnung von Unterstützung.

Im Sinne des MI wäre es also hilfreich die KL im Gespräch dazu zu befähigen ihre Situation selbst klar zu erkennen, also selbst die Ambivalenz zwischen ihren Zielen und ihren bisherigen Lösungsstrategien zu sehen. In dem zum Beispiel die PSA die KL offen auf das Problem anspricht und sich nochmal die Bestätigung der KL einholt, dass sie die Situation richtig erkannt hat. Mithilfe dem deutlich vermittelten Verständnis und der Akzeptanz seitens der PSA, kann die KL mit der Zeit die Diskrepanz zwischen ihrem Ist und dem Soll-Zustand erkennen.

Die Basisprinzipien: Emphathie zeigen, Diskrepanz entwickeln, mit dem Widerstand gehen und Selbstwirksamkeit fördern sollen der KL helfen ihre Situation und die Vorteile von Unterstützungen besser zu verstehen und einen Veränderungswunsch entstehen zu lassen. Diesen “Weg der Erkenntnis” muss die KL, wie oben geschrieben, jedoch selbst gehen, ohne dass die PSA “auf eine Seite der Waage” springt und die KL damit automatisch veranlasst wieder in die andere, unerwünschte Waagschalte (also das Verhaltensmuster) zu springen.

Der Punkt Selbstwirksamkeit fördern, kann bei der KL von besonderer Wichtigkeit sein. Es scheint wichtig für die KL zu erkennen, dass sie die Verantwortung für ihr Leben selbst trägt und sich ihre Situation nicht verändern kann, solange sie die “Schuld” dafür bei äußeren Gegebenheiten sieht.

Vermeidung

Vermeidungsverhalten ist definiert als ein Verhalten, bei dem Klienten systematisch versuchen, einem Objekt oder einem Inhalt auszuweichen, sich ihm nicht anzusetzen und sich nicht damit zu konfrontieren. Als Konsequenz kann der vermiedene Inhalt nicht geklärt werden. Vermeidung steht damit einer Klärung entgegen und konserviert das Problem. Dies ist ein völlig normaler Prozess bei der Klärung dysfunktionaler Schemata.

Solange die Klienten sich im “Annäherungsbereich” befinden, folgen sie den Interventionen der beratenden Person so gut sie können. Hier verläuft der Klärungsprozess sozusagen “ideal”. Die Klienten setzen Interventionen der beratenden Person um und schreiten im Prozess voran. Sobald die Klienten aber in den Vermeidungsbereich eintreten, ändert sich der Prozess. Sie setzen nun Interventionen nicht mehr ohne Weiteres um, stocken, spüren die Tendenz, sich nicht weiter auf den Prozess einzulassen und den Prozess zu stoppen. Daraus resultieren unterschiedliche Strategien der Vermeidung, z.B.:

  • Antworten der Klienten in der Art: “Ich weiß nicht.”
  • Fragen beantworten, die die beratende Person gar nicht gestellt hat
  • Relativieren, Bagatellisieren usw.

Wie früh und wie stark Klienten im Klärungsprozess vermeiden, hängt von verschiedenen Faktoren ab, z.B.:

  • Schätzen Klienten einen Inhalt als stark Selbstwert bedrohlich ein, dann vermeiden sie eher stark und früh: Der Inhalt wird dann als sehr aversiv wahrgenommen
  • Schätzen Klienten ihre eigenen Ressourcen und Bewältigungsmöglichkeiten als hoch ein, dann vermeiden sie wenig und erst spät: Sie trauen sich eine Konfrontation zu
  • Haben Klienten ein hohes Zutrauen in die Fähigkeiten der beratenden Person und ist die “Therapeut/Berater-Klient-Beziehung” gut, vermeiden sie eher wenig und spät.

Zeigen Klienten eine hohe Vermeidung und eine beratende Person realisiert nur “normale” Klärungsinterventionen, dann gelingen den Klienten meist Vermeidungen. Der Therapeut veranlasst die Klienten dann nicht, an den vermiedenen, schwierigen Inhalten dranzubleiben. Damit ändert sich aber die Vermeidung nicht: Der Klärungsprozess stagniert.

Nötig ist es, dass die beratende Person die Klienten “im Konfliktbereich hält” (David G. Martin, 1972): Denn nur dann, wenn die Klienten wieder und immer wieder veranlasst werden, sich mit den aversiven Inhalten zu konfrontieren, können sie korrigierende Erfahrungen machen:

  • Sie erkennen, dass sie die aversiven Inhalte doch aushalten können.
  • Sie erkennen, dass sie nicht von Affekten und Emotionen “überschwemmt” werden.
  • Sie erkennen, dass sie sich den unangenehmen Inhalten durchaus stellen und bearbeiten können.

Dabei macht die beratende Person auf der Beziehungsebene immer wieder deutlich,

  • dass sie die Klienten fördern, nicht ärgern will
  • dass sie es für notwendig hält, dass die Klienten sich mit den Inhalten konfrontieren und dass es dazu keine Alternative gibt, wenn sie ihre Schemata klären möchten bzw. ihre Probleme konstruktiv bearbeiten wollen;
  • dass sie den Klienten zutraut, sich mit den Inhalten zu konfrontieren;
  • dass sie die Klienten unterstützt und nicht allein lässt;
  • dass sie von einer Konfrontation deutliche therapeutische Fortschritte erwartet usw.

Transparent-machen der Vermeidung

Diese Strategie des Transparent-Machens der Bearbeitung sollte eine beratende Person erst einsetzen, wenn sie eine Weile steuernd gearbeitet hat, die Klienten aber ihre Art der Bearbeitung nicht verändert haben, d.h., wenn erkennbar ist, dass ein gravierenderes Bearbeitungsproblem vorhanden. In diesem Fall geht die beratende Person auf die Meta-Ebene und macht den Klienten transparent, dass sie vermeiden. Der Therapeut konfrontiert die Klienten somit mit ihren Strategien. Dies dient dazu, den Klienten auf ihre (möglicherweise automatisierte) Vermeidung aufmerksam zu machen. Ziel dieser Strategie ist es, die Vermeidung bearbeitbar zu machen.

Klären der Gründe der Vermeidung

Nachdem die beratende Person den Klienten die Vermeidung transparent gemacht hat, bietet sie ihnen an, die Gründe für die Vermeidung zu klären. Ziel ist es, dass die Klienten die Gründe für die Vermeidung verstehen, bearbeiten und beseitigen.

Quelle: ****https://www.ipp-bochum.de/das_ausbildungskonzept/pkp-vermeidung.htm

Relationierung Umgang mit Vermeidungsverhalten

Es ist recht klar ersichtlich, dass die KL versucht sich nicht damit auseinanderzusetzen, dass sie eventuell Hilfe und Unterstützung benötigt und es vermeidet sich ihre eigenen Probleme einzugestehen. Für sie kommen all die Probleme von äußeren Umständen und Gegebenheiten, so dass sie nichts an diesen ändern kann. Durch dieses Verhalten kann die Problematik nicht geklärt werden. Sie ist grade zu „konserviert“. Der Annäherungsbereich, in dem die KL noch auf Unterstützungsangebote der PSA eingeht, ist sehr klein. Unterstützungsangebote, die nicht dazu führen, dass sie sich ihre Probleme eingestehen muss, werden akzeptiert. Alle weiteren Angebote wiederum, die in ihren persönlichen Bereich (den Vermeidungsbereich) eindringen, werden konsequent abgelehnt, die Problematik wird abgestritten und unter Umständen legt die KL sogar ein aggressives Verhalten an den Tag. Das sind ihre Strategien der Vermeidung. Die KL schätzt den Inhalt der Interventionsversuche und die Auswirkungen der Unterstützungsangebote vermutlich als stark Selbstwert bedrohlich ein, daher vermeidet sie stark und früh und nimmt die Intervention als sehr aversiv wahr. Nun ist es wichtig das die PSA die KL im Konfliktbereich hält und sie mit ihrem aversiven Verhalten konfrontiert wird. Dies ist aufgrund der möglichen Aggressivität aber behutsam anzuwenden. Eventuell ergibt es Sinn die Techniken des Motivational Interviewing vorher anzuwenden, damit die KL schon die Gelegenheit bekommen hat sich über Ambivalenzen bewusst zu werden. Zudem ist es wichtig für die PSA der KL gegenüber transparent zu machen, dass diese vermeidet und die PSA sie somit mit ihren Strategien konfrontiert. Dabei kommt es darauf an, der KL immer wieder zu mitzuteilen, dass die PSA die KL fördern möchte, dass das die Lösung ist ihre Ziele zu erreichen, sie ihr zutraut, sich mit ihren eigenen Problemen auseinandersetzen zu können, die KL sich der Unterstützung der PSA sicher sein kann und dass die PSA mit diesem gemeinsamen Vorgehen, eine deutliche Verbesserung der Situation der KL erwartet, die es ihr eben ermöglicht ihre Ziele zu erreichen. Danach sollte das Angebot folgen die Gründe für diesen Vermeidungsverhalten zu klären, damit die KL diese versteht, bearbeiten und beseitigen kann, um in Zukunft offen zu sein für Unterstützungsangebote und sich sicher sein zu können, dass diese ihr wirklich helfen und nicht ihre Freiheit, Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmtheit einschränken sollen.

5.3      Erfahrungswissen – Woran erinnere ich mich, was kenne ich aus ähnlichen Situationen? (Rebecca)

  • Beratung von jungen Erwachsenen

Jungen Erwachsenen fällt es teilweise besonders schwer, ihre Probleme zu reflektieren und ihr Anliegen klar zu formulieren. Das Annehmen von Hilfsangeboten ist eine grosse Herausforderung, da sich die jungen Erwachsenen gerade erst vom Elternhaus gelöst haben und möglichst viel Autonomie ausüben möchten. Sie wollen sich und dem Umfeld beweisen, dass sie alleine zurecht kommen und ihr Leben gestalten können.

  • Arbeit mit jungen Müttern/ alleinerziehende Mütter

Die PSA erlebt junge alleinerziehende Mütter als sehr engagiert und verantwortungsbewusst. Sie wollen allen ihren Aufgaben stets gerecht werden und dem Umfeld beweisen, dass sie die Situation meistern können. Das Annehmen von Hilfsangeboten, besonders von offiziellen Stellen wie der KESB, fällt jungen Müttern oftmals schwer. Sie haben Angst vor Eingriffen in ihre Autonomie und fühlen sich schnell in ihrem Dasein als Mutter gekränkt. Sie werden durch die «Angst als Mutter zu versagen» in ihrem Handeln bestimmt. Die PSA hat erlebt, dass junge Mütter ihre eigene Überforderung oftmals als «Problem des Kindes» (z.B. Krankheit des Kindes) darstellen.

  • Arbeit mit ausländischen Personen

Bei der Arbeit mit Personen aus einem anderen Land ist zunächst eine sprachliche und kulturelle Barriere vorhanden. Gesprächsthemen und Ziele müssen deutlich besprochen werden, damit es nicht zu Missverständnissen kommt. Die KL haben meist fehlendes Wissen über das System in dem jeweiligen Land und handeln dementsprechend teilweise nicht zielführend. Aus diesem Grund ist das Aufklären über das System vor Ort (z.B. Arbeitsmarktsituation/ Abläufe bzgl. Lehre/ Antritt Arbeitsstelle) essentiell.

5.4      Organisations- und Kontextwissen – Welche Rahmenbedingungen beeinflussen mein Handeln? (Annika)

Segmentierung, Individualisierungsprinzip und Ermessensausübung

Im Grundlagenkonzept der Sozialhilfe Basel wird eine Auftragsklärung versucht, die Beratungs- und Unterstützungsdienstleitstungen festgehalten, Definitionen handlungsleitendender Grundsätzen dargelegt, Normen für den Einsatz personeller und finanzieller Ressourcen festgelegt, methodische Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt und Optimierungsansätze in der Zusammenarbeit von verschiedenen Professionen, an den Schnittstellen und in den Arbeitsabläufen. Darin findet sich u.a. die Beschreibung der Fallsteuerung. Das Modell der Fallsteuerung hat zum Ziel die vorhandenen Ressourcen sinngemäss und effizient einzusetzen. Dies erfolgt durch eine Segmentierung des Klientel. Durch die Segmentierung sollen die Sozialarbeitenden in der Fallverantwortung Orientierung erhalten, um die zeitlichen Ressourcen gemäss der Zielsetzungen und der daraus resultierenden Fallstrategien einzusetzen.

Die vorgenommene Segmentierung kann sich im Verlauf des Prozess durch eine klare Begründung verändern. (Grundlagenkonzept SH, S. 30ff)

Wichtig dabei zu beachten ist, dass das Modell der Fallsteuerung einen Orientierungsrahmen schafft und sich die Sozialarbeitenden in erster Linie ans Sozialhilfegesetz und den darin verankerten handlungsleitenden Prinzipien zu orientieren haben → Finalprinzip, Tatsächlichkeitsprinzip, Gegenwärtigkeitsprinzip, Individualisiungsprinzip, Bedarfdeckungsprinzip, Subsidaritätsprinzip.

Durch diese Prinzipien, insbesondere durch das Individualisierungsprinzip, entsteht der Ermessenspielraum bzw. die Ermessensausübung. Lässt ein Gesetzesartikel kein Ermessen zu, so ist doch stets ein Auslegespielraum vorhanden, auch dieser ist zu nutzen. Diese Spielräume gehen mit einer Machtposition und somit Verantwortung einher.

Im übergeordneten Recht ist das Legalitätsprinzip (BV Art. 5 Abs. 1) sowie das Verhältnismässigkeitsprinzip (BV Art. 5 Abs. 2 & Art. 36 Abs. 3) verankert, welches in der Sozialhilfe eine zentrale Rolle spielt.

Damit Unangemessenheit, Ermessensmissbrauch, -überschreitung und -unterschreitung verhindert bzw. vermindert werden kann, braucht es Kriterien die in den SKOS-Richtlinien sowie in den internen Grundlagen definiert werden. Diese Normierung ermöglicht eine rechtsgleiche und einheitliche Praxis.

Relationierung Segmentierung, Individualisierungsprinzip und Ermessensausübung

Die KL ist im Segment D+ (Stabilisieren mit sozialarbeiterischem Handlungsbedarf) eingestuft. Unter anderem im Segment D+ ist es möglich mit Begründung vom primären Ziel der Sozialhilfe, also der finanziellen Unabhängigkeit, abzuweichen. In ihrem Fall ist das Ziel die Alltagsbewältigung sowie die soziale Integration. Um die Arbeitsbeziehung zu stärken kann im Rahmen des Ermessensspielraum von Sanktionen abgesehen werden. In der Situation hat die PSA von Sanktionen aufgrund Nicht-Teilnahme im AIZ verzichtet, da die KL momentan nicht in der Lage zu sein scheint, dieser Verpflichtung nachzukommen. Der Fokus wird versucht auf die Alltagsbewältigung zu legen, damit die KL langfristig wieder auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar ist.

Um eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung herzustellen, wird auf die persönlichen Themen der KL (Wohnungsproblematik) eingegangen und vom Thema der Unterstützungsleistungen im Alltag abgewichen.

5.5      Fähigkeiten – Was muss ich als professionelle Fachperson können? (Lara)

  • Leitfrage:
    • Welche Fähigkeiten unterstützen die PSA, der KL die Vorteile der Unterstützungsangebote aufzuzeigen und sie zu motivieren diese anzunehmen?

Die Fähigkeiten der PSA beinhalten Charakterzüge und Verhaltenserwartungen, wie:

  • Augenhöhe (ohne Hierarchie, das Gefühl geben, gleichwertig zu sein)
  • Respekt (gegenüber der Klientin und ihrem Lebensentwurf)
  • Empathie (sensibles und verständnisvolles Verhalten)
  • Weitsicht/ Vorausdenkend (die Erkenntnis, wann die Autonomie als Klient wieder selber angewendet werden kann und muss)
  • Offenheit (mit dem Klienten gemeinsam Lösungen zu suchen und zu finden ohne sie zu bevormunden)
  • richtiges Einschätzen der Situation der Klientin
  • Feingefühl (wann man der Klient gewisse kritische Punkte zumuten und darauf ansprechen kann)
    • Sowie auch bei Vermeidungen
    • Ambivalenzen
    • Fehlende Selbstwert-Einschätzung
    • Fehlende Kommunikation als Klient mit der PSA oder sonst wer
    • Wenn gewisse Verhaltungsstörungen auftreten
    • Wieviel Druck man der Klientin zumuten kann

5.6      Organisationale, infrastrukturelle, zeitliche, materielle Voraussetzungen – Womit kann ich handeln? (Rebecca)

  • Räumlichkeiten der Sozialhilfe Basel Stadt. Eigenes Büro. Seperater Tisch zur Beratung kann aufgrund der Coronamassnahmen nicht genutzt werden. PSA sitzt mit 2 Metern Entfernung am Schreibtisch.
  • Es steht ein Schreibtisch, Laptop mit 2 Bildschirmen, Beratungstisch und mehrere Stühle, Flipchart und Ablageflächen zur Verfügung.
  • Reine Gesprächszeit für Beratungen beträgt im Normalfall 45- 60 Minuten. Die Vorbereitungs- und Nachbereitsungszeit ist individuell.
  • Fallführungsstandards, Verwaltungsverfahren, Ermessensspielräume. Die PSA hat viele Freiräume bei Entscheidungen und kann selbstständig eine Fallstrategie festlegen.
  • Wöchentlich findet ein Wochengespräch mit der Teamleitung zur Besprechung von offenen Fragen statt. Es findet täglich informeller Austausch zwischen den Teammitgliedern statt. Regelmässig wird eine Fallsupervision durchgeführt, in der bestimmte Fragestellungen besprochen werden können.
  • Die Sozialhilfe Basel Stadt arbeitet mit unterschiedlichen Aussenstellen zusammen, um eine passgenaue Unterstützung der Klientinnen gewährleisten zu können (z.B. KESB, Schuldenberatung, Psychiatrische Einrichtungen, Ärztinnen)

Relationierung:

Bezogen auf die Klientin bedeuten diese Voraussetzungen, dass die PSA konkrete Vorgaben hat, aber auch den Ermessensspielraum nutzen kann, um fallspezifisch zu handeln. Demzufolge kann die PSA die Zielsetzung der Zusammenarbeit zwischen Sozialhilfe und Klientin mit dieser gemeinsam aushandeln. Aufgrund der aktuellen Situation ist somit nicht rein die berufliche Integration das Hauptziel der Zusammenarbeit, sondern die Stabilisierung der Gesamtsituation der Klientin. Die PSA konzentriert sich in den Gesprächen mit der Klientin aus diesem Grund auf das Verstehen der aktuellen Situation der Klientin, sowie das Anbieten von Unterstützungsmöglichkeiten. Es wird auf Einforderung von Integrationsmassnahmen (z.B. Arbeitsbemühungen), sowie Sanktionen aufgrund fehlender Teilnahme am AIZ verzichtet.

Die PSA arbeitet im Fall der Klientin zusammen mit ihrem Hausarzt, der Schuldenberatung, sowie der Kindertagesstätte ihrer Tochter. Durch die Zusammenarbeit erhofft sich die PSA, die Klientin effektiver in ihrer aktuellen Situation unterstützen zu können.

5.7      Wertewissen – Woraufhin richte ich mein Handeln aus? Welches sind die zentralen Werte in dieser Situation, die ich als handelnde Fachperson berücksichtigen will? (Rebecca/Sandra)

  • Leitfrage:
    • Welche persönlichen und organisationellen Werte haben die PSA in der Situation beeinflusst?

Persönliche Werte der PSA (Rebecca)

  • Offenheit
  • aufrichtiges Interesse
  • Transparenz
  • Faires Handeln / Gleichberechtigung
  • Empowerment
  • Menschenwürde

Organisationale Werte (Sandra)

  • Berufskodex: Menschenwürde, Gerechtigkeit, Gleichheit, Solidarität, Anerkennung, Respekt, Freiheit, Individualität, Selbstbestimmtheit, Vertrauen, Wertschätzung, Empathie, Sorgfalt, Pflichtbewusstsein, Professionalität
  • Grundlagenkonzept Sozialhilfe Basel: Menschenwürde, Empathie, Kongruenz und positive Wertschätzung, Respekt für das Bedürfnis nach Sicherheit und Selbstbestimmung

Quellen:

Relationierung-Wertewissen

Die PSA wurde in der Situation von Werten aus dem Berufskodex, wie auch dem Grundlagenkonzept der Sozialhilfe Basel beeinflusst. In beiden Dokumenten lassen sich die Werte Respekt, Empathie, Wertschätzung und Menschenwürde finden, welche ich in dieser Situation als Zentral erachte.

Respekt und Wertschätzung können meiner Meinung nach unter Menschenwürde zusammengefasst werden. Dieser Wert ist nicht nur auf der organisationaler Ebene aufgeführt, sondern wird auch als persönlicher Wert beschrieben und ist in der Situation auch spürbar. Die PSA nimmt die Klientin als menschliches Wesen mit Gefühlen und Bedürfnissen wahr und behandelt sie auch so. Das Gespräch verläuft respektvoll und auf Augenhöhe. Die Klientin fühlt sich bei ihr gut aufgehoben. Dadurch kann sie sich öffnen und hat genug Vertrauen, um ihre Anliegen zu offenbaren.

Die PSA bringt ihr Wertschätzung und Würdigung in Bezug auf ihre Leistung beim AIZ, aber auch ihrer Rolle als Mutter entgegen. Die gesundheitlichen Themen werden besprochen und ernstgenommen.

Auch der Wert Empathie ist in dieser Situation zentral, denn dieser ermöglicht es, hinter die Kulissen zu schauen und die Beweggründe der Klientin verstehen zu können. Das Gespräch wird von der PSA empathisch geführt, das heisst, sie lässt die Klientin aussprechen, versucht sich in sie hineinzufühlen und ihre Beweggründe zu verstehen und nimmt ihre Bedürfnisse und Ängste ernst. Fragen werden beantwortet und auf Bedenken wird eingegangen.

Der Wert Selbstbestimmtheit im Berufskodex findet sich im persönlichen Wert als Empowerment wieder. Dieses kommt durch die Unterstützungsangebote zustande, welche ihre Selbstbestimmtheit steigern könnten, aber auch durch die Möglichkeit, diese abzulehnen. Auch dass die PSA den gewünschten Wohnungswechsel in Betracht zieht, würdigt die Selbstbestimmtheit der Klientin.

Eva: Ihr habe sehr relevante und wertvolle Ressourcen gefunden und auch schon viele Relationierungen gemacht. Dabei habt ihr durchgängig den Fokus behalten und relevante Fragen gestellt. Glückwunsch!

Arbeitsbeziehung: Eine Balance zwischen dem Bearbeiten von Themen (Inhalten) und dem Aufbau einer Arbeitsbeziehung ist im Gespräch hergestellt (Sandra)

  • Es konnte eine Balance zwischen dem Bearbeiten des geplanten Themas Arbeitsintegration und dem Aufbau einer Arbeitsbeziehung hergestellt werden. In dem die PSA entschied, dass das von der Klientin gebrachte Thema (Wohnung) dem geplanten Thema (Arbeitsintegration) vorgezogen wird, investiert sie in den Aufbau der Arbeitsbeziehung und gibt dieser mehr Gewichtung.
  • Das zu bearbeitende Thema Arbeitsintegration wurde auch angesprochen. Die Klientin konnte ihre Sicht der Dinge auf ihre Arbeitserprobung beim AIZ darlegen und wurde dadurch in ihrer Erzählung ernst genommen.
  • Die PSA gab der Klientin einen klaren Auftrag. Damit zeigte sie, dass sie der Klientin etwas zutraut und ihr eine gelingende Arbeitsbeziehung wichtig ist.
  • Die Klientin wurde angehört. Ihre Problemlage wurde ernst genommen und ihre Wahrheit der Dinge wurde von der PSA angenommen und anerkannt. Dies ist die Voraussetzung für die zukünftige Arbeitsbeziehung
  • Mit der Vereinbarung der Ziele für das nächste Treffen gab die PSA der Klientin einen Ausblick auf die weitere gemeinsame Zusammenarbeit. Die Klientin weiss, was sie erwarten kann und was von ihr verlangt wird. Damit vermittelt die PSA der Klientin Sicherheit, was eine Voraussetzung für eine vertrauenensvolle Arbeitsbeziehung ist.

Beratung:

Ein Aushandlungsprozess, auf dessen Grundlage gemeinsame Zielvereinbarungen möglich und für die KlientInnen umsetzbar sind, findet statt. (Ilonka)

  • mit der KL wurden, mit dem Einholen des Arztzeugnis sowie der Anmeldung bei der IG Wohnen, Ziele vereinbart, welche für sie momentan umsetzbar sind und auf welche sie sich einlässt.
  • das Hauptziel ist es, die KL wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dieses wurde in kleine Meilensteine aufgeteilt, bei denen die aktuellen Wünsche und Ziele der KL (neue Wohnung) Vorrang haben. Dadurch kann hoffentlich eine Vertrauensbasis geschaffen werden, so dass die KL sich später auf Unterstützungen einlässt, die sie momentan noch ablehnt.
  • Es wurde der KL nicht ganz deutlich dargelegt, was die Ziele der PSA sind. Die Kommunikation seitens der PSA verlief hier nicht ganz transparent, so dass ein gemeinsamer Aushandlungs- bzw. Entscheidungsprozess über das Ziel und die Teilziele nur teilweise stattfinden konnte. Es könnte gut sein, dass sich die KL kooperativer zeigt, wenn das Hauptziel transparenter und mit ihrer Mitwirkung gesetzt würde. So könnte die KL das Hauptziel besser als ihr eigenes Ziel anerkennen und müsste aktiv selbst überlegen, was zu tun ist damit sie ihr Ziel erreicht. Dadurch würde sie eventuell auch weniger schnell in das “Ablehnungs- /Vermeidungsmuster”rutschen .
  • Der KL wurden zwar immer wieder unverbindliche Unterstützungsmöglichkeiten aufgezeigt und verdeutlicht, dass es nicht schlimm ist, sich Unterstützung zu holen. Was der KL an dieser Stelle fehlte, war vielleicht, die Kenntnis darüber, was ihr diese Unterstützungsangebote konkret nützen würden und dass sie nicht dazu da sind, in ihre Selbstbestimmung einzugreifen oder gar sie zu entmündigen. Hier hätte es helfen können, der KL nach der gemeinsamen Zielvereinbarung aufzuzeigen, wie ihr diese Unterstützungsangebote bei dem erreichen ihres Ziels helfen können.
  • Die aktive Mitgestaltung der Klientin stand noch nicht zentral im Fokus der PSA, so dass die Klientin sich den Erhalt ihrer Selbstbestimmung nicht sicher sein konnte.

KlientInnen werden in der Beratung mit ihren Themen und Anliegen ernst genommen – Bedrohungen werden abgebaut und eine sichere Atmosphäre herrscht vor. (Lara)

  • Ernstnehmen durch Bestätigung der KL:

Ja, die Klientin braucht vermutlich Bestätigung durch die PSA in verschiedenen Punkten in ihrem Leben, bei denen sie sich vermutlich überfordert und nicht in Kontrolle fühlt und die sie gleichzeitig zu vermeiden versucht, indem sie keine Hilfe annehmen möchte. Die PSA hat daher kaum eine andere Möglichkeit als durch Ermutigungen und wiederholten Unterstützungsangeboten (Wohnung, Kind, Jobsuche, usw.) mit der KL die Kontrolle in ihrem Leben so gut es geht zu bewahren.

  • Hilfsannahme wird als Bedrohung für ihre Autonomie wahrgenommen

Unterstützungsangebote, die ihr die Möglichkeiten geben, keine persönlichen Kompromisse eingehen zu müssen, nimmt sie gerne an. Alle anderen Angebote lehnt sie vermutlich ab.

Diese Erkenntnis geschah leider noch nicht ganz so, wie es optimal für die PSA bzw. der gemeinsamen Zielfindung sein könnte und sollte. Der Leidensdruck ist evtl. nicht gross genug, um ihr deutlich zu machen, dass sie die Unterstützungsangebote annehmen soll. Zudem wird die Vermeidungsstrategie angewendet und der Wunsch, die Autonomie und damit die eigene Selbstachtung zu behalten, bleibt bestehen.

  • Hat noch nicht funktioniert aufgrund fehlender Vertrauensbasis/ braucht mehr Zeit: KL vermitteln, dass Autonomie durch Annahme von Hilfe nicht eingeschränkt wird/ dass Eingestehen von Problemen keine Schwäche ist

Dabei ist es hilfreich, dass die Klientin in einem Gespräch ihre eigene Situation selber klar erkennt und zwar so, dass sie die eigenen Ambivalenzen und Ziele, sowie Lösungsstrategien verstehen wird.

Wenn die PSA die Probleme angesprochen und die Klientin die Situation richtig erkannt hat, kann mit Hilfe von Verständnis und Akzeptanz von der PSA, der Soll-und Ist-Zustand der Klientin klar gemacht werden.

  • auf Wohnproblematik eingegangen, weil das Thema für die KL voranging schien/ andere wichtige Themen wurden zurückgestellt

Die Klientin hat das Ziel, mehr finanzielle Unterstützung zu bekommen/ zu haben, um dabei unter anderem eine neue und andere Wohnung zu finden. Jede andere Art von Unterstützung sieht sie möglicherweise als bedrohlich an und lehnt sie deshalb ab.

Vorschlag Eva für Standard oben (20.7.22):

Die PSA ist transparent mit ihren Informationen. Sie berichtet der KL von der Meinung des AIZ und der im Raum stehenden Gefährdungsmeldung. Andererseits geht die PSA auf das Hauptanliegen mit der Wohnung ein. Sie verdeutlicht, was es braucht, um diesem Ziel näher zu kommen. Sie bringt nicht mögliche Sanktionen ins Spiel, obwohl die Sitzung keinen direkten Schritt in Richtung Ablösung von der SH beinhaltet. Durch dieses Zugehen auf die Bedürfnisse der KL sollte eine Basis für ein sicheres Arbeitsbündnis gelegt worden sein. Möglicherweise fühlt sich die KL nun auch weniger bedroht (von möglichen Sanktionen). Andererseits sind die Anliegen der KL nach mehr Mitteln oder früherer Auszahlung nicht thematisiert worden. Ebenso ist die Ablehnung der Hilfsangebote nicht Thema des Gesprächs. Alles wichtige Themen, die vermutlich eher als aufgeschoben als gelöst zu bewerten sind. Dagegen dürfte seitens der KL der Bedrohungsaspekt weiterhin im Raum stehen, da die SH die Ablösung möchte und inwiefern die KL ebenso dieses Ziel hat, ist bisher noch nirgendwo explizit zur Sprache gekommen.

PSA:

Ängste der KlientInnen werden im Gespräch ernst genommen und angesprochen. (Annika)

In der Situationen können verschiedene Ängste der KL wahrgenommen werden. Durch Unterstützungsangebote geht die PSA auf diese Ängste ein. Eine Angst scheint auch das Zugeständnis Unterstützung im Alltag zu benötigen zu sein. Dies spricht die PSA nicht direkt an, nimmt es jedoch ernst und nennt externe Beratungsstellen, an die sich die KL wenden kann.

Der Ermessens- und Handlungsspielraum wurde ausgelotet, das eigene Handeln ist dabei fachlich und ethisch begründet worden. (Annika)

Auf Ermessensbasis wurde von Sanktionen abgesehen und vom primären Ziel der Sozialhilfe abgewichen, um die Arbeitsbeziehung aufrecht zu erhalten und Vertrauen aufzubauen. Die Belastung der KL als alleinerziehende Mutter wird dabei wahrgenommen und berücksichtigt.

 

(allgemein: Verhalten der KL weniger Interpretieren, sondern vermuten; z.b. “die KL scheint..”)

  • Motivierende Gesprächsführung → mehr darauf eingehen was gut gelaufen ist (Annika)
  • Ressourcenorientierte Beratung (Annika)
  • Beim Anbieten der Unterstützungsmöglichkeiten, sollte der KL verständlich und nachvollziehbar erklärt werden, was und in welchen Situationen ihr diese Unterstützungsangebote konkret nützen können und dass sie nicht dazu da sind, in ihre Selbstbestimmung einzugreifen oder gar sie zu entmündigen. Vor Allem nach der gemeinsamen Zielvereinbarung sollte aufgezeigt werden, wie der KL diese Unterstützungsangebote bei dem Erreichen ihres expliziten Ziels helfen können. Die Erwartungen an die KL hätten durch die PSA noch klarer formuliert werden können, so dass ein gemeinsamer Aushandlungs- bzw. Entscheidungsprozess über die Ziele stattfinden kann. (Ilonka)
  • Eine neue Zielorientierung und -findung, kann nicht mit dem Wiederspruch der persönlichen Werte und Normen der Klientin angestrebt und durchgeführt werden. Die MI geht davon aus, dass nur die Klientin den ersten Schritt machen kann und soll, um eine Neuorientierung in Gang zu bringen. So, dass nach der von der Klientin gebrauchten Zeit, nicht nur die Wohnsituations-Unterstützung angenommen wird, sondern noch andere hilfreiche Angebote. (Lara)
  • Es ist schön zu sehen, dass die jetzigen selbstwirksamsfördenden Unterstützungsangebote für die Klientin positive Auswirkung hatten. Die Tatsache, dass die Klientin in ihrer Situation überfordert ist, sieht sie leider nicht ein. Doch wenn diese Punkte offen angesprochen werden, kann etwas bezweckt werden. Dies kann zum Beispiel mit der Anwendung der MI-Strategie geschehen. (Lara)
  • Die gemeinsame Aushandlung eines klaren Hauptziels und die Festsetzung kleinerer Teilziele könnte einen Beitrag zu mehr Sicherheit der Klientin leisten. Dabei wäre es wichtig, diese gemeinsam zu formulieren und sicherzustellen, dass die konkreten Handlungsschritte und Erwartungen transparent und klar sind. (Sandra)
  • Direktes Ansprechen und Benennen der Ängste, welche die Klientin in Bezug auf ihre jetzige Situation und dem weiteren Vorgehen hat, könnte hilfreich sein und der Klientin zeigen, dass sie in ihren Ängsten gesehen wird. (Sandra)

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