Im Grosssystem interdisziplinär zusammenarbeiten / die eigene Position als PSA vertreten

Stichwörter:

  • Die PSA der SH ist gefordert, sowohl gegenüber dem Klientel wie auch gegenüber den involvierten Partner*innen die Rahmenbedingungen und Pflichten bei Erhalt von Dienstleistungen der SH zu vertreten.
  • Die PSA der SH vertritt die Anliegen der Klientel und ist gefordert, die Partner*innen für deren Umsetzung zu gewinnen.

Kontext

Die Sozialhilfe ist Teil eines grösseren Systems/eines kantonalen Departments und arbeitet vorzugsweise mit verschiedenen Abteilungen betreffend Arbeitsintegration, Kindes- und Erwachsenenschutz und Sozialleistungen zusammen.

Damit Anspruch auf Sozialhilfe erhoben werden kann, muss eine antragstellende Person ein Unterstützungsgesuch (UG) mit sämtlichen bedürftigkeitsrelevanten Unterlagen bei der Sozialhilfe einreichen. Diese Unterlagen werden von einem Team von kaufmännischen Mitarbeitenden (KSB) unter der Leitung eines Sozialarbeiters gesammelt, in Absprache und mit Unterstützung der antragsstellenden Personen ergänzt und

 

zu einem möglichst aussagekräftigen Antrag verdichtet. Dieses Dossier wird danach einem Sozialarbeiter des “Intakes” zugeteilt, wo die Erstgespräche mit den antragstellenden Personen geführt werden.

In den Erstgesprächen geht es darum, die persönliche und finanzielle Situation der antragsstellenden Personen zu erfassen, Unklarheiten zu klären und darauf basierend das weitere Vorgehen zu entscheiden. Zur Abstützung dieses Entscheides kann auf weitere Teammitglieder, Teamleitung (TL), Abteilungsleitung (AL), Rechtsdienst (RD) und Sozialversicherungsspezialist*innen (FGS) zurückgegriffen werden, um bei Unsicherheiten eine Zweitmeinung bzw. fachspezifische Expertise hinzuzuziehen.

Bei längerer Unterstützungsdauer findet eine Fallübergabe vom Intake in die Sozialberatung statt. Je nach Fallkomplexität und Ablösewahrscheinlichkeit werden die Dossiers an PSA (komplexe Fälle, schwierige Klientel im Umgang, hohe Ablösewahrscheinlichkeit) oder an kaufmännische Sachbearbeiterinnen mit Fallführung (geringe Ablösewahrscheinlichkeit, “einfacher Umgang”, Klientel wollen keine sozialarbeiterische Unterstützung) übergeben.

Der Fokus der Sozialberatung I & II (jeweils gleiches Tätigkeitsfeld aber in unterschiedliche Abteilungen aufgeteilt) richtet sich auf die Sozialberatung mit mittel- und langfristigem Charakter. Das bedeutet, dass man davon ausgeht, dass die Klientel aufgrund ihrer individuellen Aufstellung längerfristig durch die Sozialhilfe unterstützt werden. In der Sozialberatung der Sozialhilfe steht nicht primär eine rasche Ablösung von der Sozialhilfe im Vordergrund, sondern der Mensch mit seinen Ressourcen und seinen Problemfeldern. Die PSA in der Sozialberatung sind häufig eine erste Anlaufstelle für Menschen mit sozialen und gesundheitlichen Schwierigkeiten. Mithilfe der Beratungsgespräche wird gemeinsam mit den Klientinnen und Klienten angeschaut, welche Unterstützungsformen angezeigt wären und ob eine Triage an weitere Stellen (z.B. Suchtberatung, Psychiatrie, Opferhilfe, Familienberatung etc.) sinnvoll wäre. In der Sozialberatung I & II bleiben die regelmässigen Prüfungen und die Aktivierung von subsidiären Leistungsansprüchen bestehen. Der PSA versucht mit den KlientInnen nicht aktivierte subsidiäre Leistungsressourcen zu aktivieren (z.B. Anmeldung RAV, IV-Anmeldung, Familienzulagen etc.). Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit verschiedenen Professionen und Fachstellen hat dabei einen hohen Stellenwert. Natürlich ist auch die berufliche Integration in der Sozialberatung I & II ein wichtiges Thema und ein grosses Ziel, sowohl für die KlientInnen als auch für die PSA, als VertreterInnen der Sozialhilfe Basel-Stadt.

Wenn KlientInnen in der Situation/Lage sind, sich beruflich zu integrieren, gibt es zwei Möglichkeiten den Vorgaben der SHB nachzukommen. Entweder die KlientInnen bewerben sich selbstständig auf Arbeitsstellen, oder, die der Sozialhilfe angegliederte Abteilung zur Arbeitsintegration (AIZ) begleitet sie nach längerer Erwerbslosigkeit zurück in den Arbeitsmarkt.

Mit gezielten Angeboten unterstützen die MitarbeiterInnen der Abteilung zur Arbeitsintegration die Menschen in der Sozialhilfe dabei, auf dem Arbeitsmarkt Fuss zu fassen und sich beruflich integrieren zu können. Die KandidatInnen werden von den PSA dort angemeldet.

 

Ausgangslage

Herr E. im Folgenden Klient (KL) genannt, ist 41 Jahre alt und wird seit 2010 von der Sozialhilfe unterstützt. Er hat bis vor 6 Jahren Cannabis und Alkohol konsumiert. Er hat 1997 eine Ausbildung zum Metzger abgeschlossen, seither jedoch nicht mehr auf diesem Beruf gearbeitet.

Der Sohn (6. Jahre alt) wurde im Alter von einem Jahr in einer Pflegefamilie platziert. Der Vater hatte von Beginn an das Besuchsrecht für seinen Sohn und arbeitete mit der Beiständin des Sohnes, der Familienbegleitung und der Pflegefamilie für eine Rückplatzierung zu ihm. Die Kindsmutter meldet sich nur zu Weihnachten und Geburtstag und ist Drogenabhängig. Sie bezieht eine IV-Rente und Ergänzungsleistungen

 

(EL). Daher erhält der Sohn ebenfalls eine Kinderrente und EL und wird folglich nicht von der Sozialhilfe unterstützt. Seit 01.12.2020 lebt der Sohn bei dem Vater. Sie werden weiterhin von der Familienbegleitung begleitet. Sie konnten im 06/21 in eine grössere Wohnung umziehen und seit 08/21 geht der Sohn in den Kindergarten.

Seit Unterstützungsbeginn im 2010 wurde KL im 2010 und im 2013 im AIZ angemeldet. Beide Male wurde das Dossier aufgrund mangelnder Mitwirkung bald wieder geschlossen. Es folgte mehrfach die Einforderung von Nachweisen über Arbeitsbemühungen. Häufig wurde jedoch auch keine berufliche Integration gefordert, da KL beispielsweise auf Wohnungssuche war, oder wegen der Besuchstage und geäusserter Überforderung von der früheren PSA von einer beruflichen Integration befreit wurde.

Seit dem Wechsel der PSA wurde regelmässig die Notwendigkeit einer beruflichen Integration und Ablösung von der SH besprochen. Auf den Vorschlag von KL hin wurde vereinbart, dass KL bis zum Eintritt des Sohnes in den Kindergarten weiterhin von einer beruflichen Integration befreit ist. Danach sollte dies aufgehoben werden.

Weil KL die Befürchtung äusserte, seine berufliche Integration und die in näherer Zukunft dazugehörige Aufgleisung einer Nachtmittagsbetreuung des Sohnes, würden der Entwicklung des Sohnes schaden, hat die PSA mit der Beiständin des Sohnes Kontakt aufgenommen. Die Beiständin konnte die Bedenken des KL nicht teilen. Im Gegenteil sah sie auch positive Effekte, wenn das Kind mit anderen Kindern den Nachmittag verbringen kann.

Dem KL gegenüber äusserte die PSA Verständnis dafür, dass seine berufliche Integration herausfordernd sein wird. Weil er seit über 12 Jahren nicht mehr berufstätig war, weil er Angst hat um die gut gewachsene Beziehung zu seinem Sohn und weil er schon sehr gefordert ist als alleinerziehender Vater. PSA zeigt KL aber auch auf, dass es keine andere Möglichkeit gibt und dass er nicht alleine ist als alleinerziehendes und arbeitendes Elternteil und dass er eine Vorbildfunktion für seinen Sohn hat. Wir klären ab, dass KL über die Arbeitsintegration der Sozialhilfe, bei einem Integrationsprogramm für Alleinerziehende Mütter/Elternteile teilnehmen kann. Hier wird auch eine Unterstützung bei dem Aufgleisen der Nachmittagsbetreuung angeboten.

KL zeigt guten Willen, bittet aber um einen langsamen Einstieg, dass er sich gewöhnen kann. PSA vermerkt dies alles auf dem Anmeldebogen zur Arbeitsintegration.

Die PSA erhält von der coachenden Person bei der Arbeitsintegration die Mitteilung per Mail, dass KL das Erstgespräch wegen des Fastnachtsumzuges seines Sohnes abgesagt habe. Ausserdem teilte er telefonisch mit, dass er nur Vormittags Termine wahrnehmen könne und eine Tagesstruktur/Nachmittagsbetreuung des Sohnes nicht in Frage käme.

Fast zeitgleich erhält PSA von KL eine Mail. Hier erklärt er die gleiche Situation und ausserdem, dass neben dem Kindergraten eine weitere Betreuung seines Sohnes «in keinster Weise in Frage» kommen würde, weil der Sohn zwei Jahre in einer Pflegefamilie war. An diesem Standpunkt wird er festhalten. Er bittet uns, die coachenden Person der Arbeitsintegration über seine Lebenssituation in Kenntnis zu setzen und um eine individuelle Lösung zu bitten.

Die lange Vorarbeit, Zusprache und Motivation scheinen in kurzer Zeit hinfällig geworden zu sein.

 

Situation

Die PSA ruft Coach im AIZ an. Sie erklärt, dass der KL den ersten Termin abgesagt hat wegen des Fastnachtsumzuges des Sohnes und dass er nur Vormittags für Termine verfügbar sei. KL möchte keine

 

Tagesstruktur für den Sohn aufgleisen. Coach meint, dass KL so keine Chance auf dem Arbeitsmarkt habe. Coach habe alleinerziehende Mütter, teilweise mit mehr Kindern, die kooperativer und motivierter sind. Coach hat Schwierigkeiten damit, bei KL eine Ausnahme zu machen, da sie dafür keinen Grund sieht.

PSA äussert Verständnis für Coach.

 

PSA erwidert, dass in der Anmeldung um einen langsamen und rücksichtsvollen Einstieg in das Coaching gebeten wurde, dass davon ausgegangen wurde, dass KL bei einem Integrationsprogramm für Alleinerziehende Mütter/Elternteile angemeldet würde und dort dann die Tagesstruktur aufgegleist wird. PSA erklärt, dass KL aufgrund seiner Vergangenheit vermutlich mehr Entgegenkommen benötigt. PSA äussert die Vermutung, dass die Bereitschaft von KL zur beruflichen Integration direkt verloren gehen würde, wenn hier keine Flexibilität an den Tag gelegt würde. PSA erklärt, dass sie KL direkt anrufen werde um zu vermitteln.

Erste Sequenz Begrüssung

Die PSA ruft Coach an und erklärt in welchem Belangen sie anruft. PSA führt aus, dass sie sowohl von Seiten des KL als auch von Coach eine Mail erhalten hat. KL beschreibt in seiner Mail, dass er einen ersten Termin absagen musste und Coach ihn daraufhin angerufen hat. Coach sagte zu KL, dass er seinen Sohn nun in die Nachmittagsbetreuung geben solle. KL lehnt dies aber ganz klar ab und bittet um Rücksichtnahme auf seine Situation.

Nun bittet PSA um die Ausführung von Coach und erklärt, dass sie eine Lösung finden und zwischen KL und Coach vermitteln möchte.

 

Reflection in Action

Emotion Coach: Verwirrt, überfordert weil der Informationsfluss von PSA sehr schnell ging.

Emotion PSA: Angespannt, unsicher, weil sie Bedenken hat, dass ihre Arbeit die sie in den Fall gesteckt hat, verloren geht.

Kognition PSA: Ich habe mir vorher schon überlegt, was ich dem Coach am Telefon sagen möchte. Mir ist es wichtig, dass sie mit mir am gleichen Strick ziehen kann zum Wohle des Klienten. Dies bedeutet auch, dass berücksichtigt werden müsste, was ich mit KL schon vereinbart habe. Wie gewinne ich den Coach und kann ihn mit ins Boot holen?

 

Zweite Sequenz Coach erklärt sich

Coach erklärt, dass Klient den Ersttermin aufgrund des Fastnachtsumzugs seines Sohnes abgesagt hat. Und weil keine Nachmittagsbetreuung vorhanden ist, kann er keine Termine am Nachmittag wahrnehmen. Er wolle grundsätzlich seinen Sohn nicht in eine Betreuung geben, da er Angst habe, dass die Beziehung zwischen ihm und seinem Sohn darunter leiden könnte. Coach äussert ihre Bedenken, dass KL so wieder erfolgreich Fuss fassen könnte im Arbeitsleben. Ausserdem hat sie alleinerziehende Mütter im Programm die motivierter sind, deshalb sieht sie nicht, wieso sie in diesem Fall eine Ausnahme machen soll.

 

Reflection in Action

 

Emotion Coach: Gleichgültig, nicht verständnisvoll, weil ich nicht sehe, wieso ich bei unmotivierter Person eine Ausnahme machen soll.

Emotion PSA: Anflug von Wut, weil ihre Bedenken, dass ihre Vorarbeit bei KL nun umsonst war, bestätigt werden. Widerstand, weil PSA das Gefühl hat, dass Coach nicht auf die Situation des KL eingehen möchte oder kann.

Kognition PSA: Ich verstehe nicht, wieso Coach kein Verständnis für die Situation des KL aufbringen kann. So kommen wir nicht weiter mit KL. Wie kann ich Coach dafür gewinnen?

 

Dritte Sequenz PSA erklärt sich

PSA bittet um Verständnis für KL. Sie erklärt, dass KL bereits seit über 10 Jahren SH bezieht und noch länger nicht mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt tätig war. Dass er geäussert habe, dass der Wiedereinstieg eine grosse Herausforderung für ihn sei. Ausserdem geht PSA auf die Bemühung von KL ein, seinen Sohn zu sich nehmen zu dürfen und die Angst von KL, dass der Sohn und die Beziehung – jetzt wo sie eine gute Beziehung aufbauen konnten – darunter leiden würde, wenn KL den ganzen Tag abwesend wäre.

PSA äussert Bedenken, dass die Bereitschaft von KL, sich auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren, wieder verloren gehen könnte, wenn nicht von Coach ein langsamer Einstieg stattfinden würde.

 

Reflection in Action

Emotion Coach: Spürt inneren Widerstand, den Stress von PSA zu “übernehmen”, Schutzschild aufbauend. (Bedenken, dass PSA evtl. Realitätsferne Vorstellung/Traumvorstellung hat aus ihrer Sicht als Coach)

Emotion PSA: Aufgewühlt, verunsichert, gestresst weil sie befürchtet auf Widerstand seitens des Coaches zu stossen.

Kognition PSA: Ich bemerke, dass es schwierig ist, mein ganzes Wissen um die Situation von KL und mein Verständnis für KL in diesem Telefonat zu vermitteln. Ich würde gerne offen zu Coach sagen, dass es absolut notwendig ist dem KL entgegenzukommen, befürchte aber, dass ich zu emotional werde und sich Coach von mir angegangen fühlt. Dadurch wäre die Möglichkeit zu vermitteln dahin. Ich bin in dieser Angelegenheit angewiesen auf die Unterstützung von Coach, daher halte ich mich lieber zurück.

 

Vierte Sequenz Verabschiedung

PSA erklärt im weiteren Verlauf des Telefonats, dass sie KL anrufen werde um zu vermitteln. Anschliessend werde sie mit Coach Rücksprache halten. Coach willigt ein und verabschiedet sich.

 

Reflection in Action

Emotion Coach: Hat sich nicht wahrgenommen gefühlt, weil sie nicht zu Wort gekommen ist. Gleichgültig, weil sie PSA mal machen lässt und das kurzfristig kein Mehraufwand für sie bedeutet.

Emotion PSA: Erleichtert

 

 

Kognition PSA: Ich bin erleichtert, dass das Telefonat vorbei ist und es nicht so schlecht verlaufen ist wie ich befürchtet hatte. Ich bin froh, dass Coach das von mir vorgeschlagene Vorgehen nicht ablehnt.

5        Ressourcen

5.1    Erklärungswissen – Warum handeln die Personen in der Situation so?

5.1.1 Warum verstehen sich die beiden nicht und reden aneinander vorbei?

Kommunikationsmodell nach Paul Watzlawick

Nach dem Modell Watzlawicks verläuft die Kommunikation zwischen zwei Personen kreisförmig. Das heisst, es gibt nicht nur eine Reaktion von Person B auf die Aussage von Person A, sondern die Reaktion von B hat eine Rückwirkung, die sich auf A auswirkt (vgl. Röhner/Schütz 2016: 29).

Nach Watzlawick sind die Regeln der menschlichen Kommunikation in diesen fünf Axiomen zusammengefasst:

1.           Axiom zur Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren

2.           Axiom zum Inhalts- und Beziehungsaspekt von Kommunikation

 

3.           Axiom zur Interpunktion von Ereignisfolgen

4.           Axiom zu digitaler vs. analoger Kommunikation

 

5.           Axiom zu symmetrischer vs. komplementärer Kommunikation (vgl. ebd.: 30)

Die Metakommunikation ist für Watzlawick ein Mittel, Kommunikationsstörungen aufzuzeigen und allenfalls zu beheben. Die Metakommunikation meint den Dialog, also das reflektieren, über das aktuelle Gespräch.

 

1.           «Man kann nicht nicht kommunizieren.»

 

Nach diesem Axiom kommuniziert der Mensch immer, allein durch sein Verhalten (Handeln oder Nichthandeln, Schweigen, Worte oder fehlende Worte). Somit findet Kommunikation (gewollt oder ungewollt) statt, sobald sich zwei Menschen wahrnehmen. Beispielsweise eine Person die im Wartezimmer sitzt und auf den Boden starrt. Diese kommuniziert mit ihrem Verhalten, dass sie in Ruhe gelassen werden möchte. Eine vorbeigehende Person kommuniziert ebenso, indem sie die Person entweder anspricht oder nicht (vgl. ebd.). «Jede Komunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.»

 

Nach diesem Axiom sollte Kommunikation in das «Was» (Inhalt) und in das «Wie» (Beziehungsaspekt) unterteilt werden.

Der Inhaltsaspekt meint die Sachinformation und wird hauptsächlich verbal übermittelt.

Der Beziehungsaspekt meint, wie die Sachinformation von der empfangenden Person aufzufassen ist und wie die sendende Person die Beziehung definiert. Er wird verbal und nonverbal übermittelt. So kann der Beziehungsaspekt einer Kommunikation (durch Tonfall, Mimik, Gestik) den Inhaltsaspekt einfärben und bestimmt, wie die empfangende Person den Inhalt interpretiert.

Liegen Kommunikationsstörungen vor, ist die Unterscheidung in Inhalts- und Beziehungsebene ein helfendes Mittel. Streitet sich beispielsweise ein Paar um den Haushalt (Inhalt), ist das um was es wirklich geht, oft eigentlich die Beziehung und die müsste im Mittelpunkt stehen. Da wird nämlich ein Konflikt der Beziehungsebene auf der Inhaltsebene ausgetragen (vgl. ebd.: 30f.)

 

2.           «Kommunikationsabläufe werden unterschiedlich strukturiert.»

 

Kommunikation ist ein fortwährender Austausch, zirkulär und ohne klar definierten Anfang oder Schluss. Ursache und Wirkung sind subjektiv. So geht Watzlawick davon aus, dass wir in einer konstruierten Wirklichkeit leben, die durch persönliche Erfahrungen und Urteile geformt wird. Demnach leben unsere Kommunikationspartner*innen in einer anderen, ihrer eigens konstruierten Wirklichkeit. Beide Seiten gehen von ihrer als der «wahren Wirklichkeit» aus und diese bestimmt ihr Handeln (vgl. ebd.: 31).

Beispiel Watzlawicks (1983) für subjektive Wirklichkeit:

Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar ihm den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er ihn nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen ihn. Und was? Er hat ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von ihm ein Werkzeug borgen wollte, er gäbe es ihm sofort. Und warum sein Nachbar nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen ausschlagen? Leute wie der Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet der Nachbar sich noch ein, er sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht’s ihm aber wirklich. Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch noch bevor er „Guten Morgen“ sagen kann, schreit ihn unser Mann an:

„Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel!“

Wir legen auf gewisse Ereignisse besonders wert. Diese sind für uns dann Ursache und Auslöser für weitere Ereignisse. Geben wir anderen die Schuld für unser Verhalten, entstehen Interaktionsstörungen. So sieht aber wahrscheinlich auch unser Gegenüber, sein*ihr handeln als Folge unseres Verhaltens. Wie in dem Beispiel mit dem Hammer. Der Mann interpretiert in die gestrige Begegnung mit dem Nachbaren aus seiner Sicht (seiner konstruierten Wirklichkeit) etwas hinein und gewichtet dieses Ereignis stark. Dies beeinflusst dann sein Denken und seine weitere Handlungen. Ausserdem gibt er dem Nachbaren die Schuld (vgl. Röhner/Schütz 2016: 32f.).

Kommunikation ist also immer ein Wechselspiel zwischen Aktion und Reaktion. So entsteht eine Dynamik die sich positiv oder negativ entwickeln kann. Das klassische Beispiel Watzlawicks über ein Ehepaar das sich im Teufelskreis befindet: Eine Person nörgelt, die andere zieht sich zurück. Die Person nörgelt, weil sich die andere zurückzieht. Die andere Person zieht sich zurück, weil sie angenörgelt wird. Das Wissen um das Entstehen der Dynamiken in Beziehungen, hilft dabei solche Teufelskreise zu erkennen und sie anzugehen (vgl. https://www.schulz-von-thun.de/modelle/das-teufelskreis-modell).

 

3.           «Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten.»

 

Die digitale und analoge Kommunikation hängt eng mit dem 2. Axiom zusammen. Der Inhaltsaspekt einer Kommunikation wird meist digital, also durch Worte ausgedrückt. Der Beziehungsaspekt analog, also durch die Körpersprache, Gestik, Mimik, Sprechweise, Kontext übermittelt. Getrennt voneinander, fällt es schwer die beiden Modalitäten richtig zu interpretieren. So weiss man bei einem Lächeln nicht, ob dies aus Sympathie oder Unsicherheit geschieht, die Worte dazu würden helfen, zu verstehen. Mit Worten allein jedoch, also mit digitaler Modalität, ist es schwierig eine Beziehung zu erklären, da würde dann die Körpersprache wiederum helfen, zu verstehen. So kann es auch hier zu Störungen der Kommunikation kommen, wenn eine Diskrepanz zwischen digitaler und analoger Mitteilung besteht (vgl. Röhner/Schütz 2016: 33f.).

 

4.           «Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch (gleichwertig) oder komplementär (ergänzend), je nachdem, ob die Beziehung zwischen den Partner*innen auf Gleichheit oder Unterschiedlichkeit beruht.»

Komplementäre Beziehungen entstehen aus unterschiedlichen Verhaltensweisen zweier Menschen. Dadurch entstehen sich ergänzende Interaktionsprozesse. In komplementären Beziehungen nimmt ein*e Partner*in die superior, primäre Rolle ein, während der*die andere*r Partner*in die inferiore, sekundäre Rolle einnimmt. Dies resultiert durch gesellschaftlich und kulturell gesetzte Bedingungen.

Beispiele für ergänzende Beziehungen: Dozent*In und Student*in, Kund*in und Verkäufer*in (konstitutionell vorgegeben), Mutter und Kind, In Partnerschaft: Eine Person die gerne kocht, die andere Person kocht nicht gerne, wäscht dafür aber gerne ab (so entstehen ergänzende Interaktionsprozesse).

In der komplementären Beziehung verhalten sich die Partner*innen auf eine Weise, die das Verhalten des anderen voraussetzt und es gleichzeitig auch bedingt (vgl. Watzlawick/Beavin/Jackson 2011: 79f.).

Symmetrische Beziehungen hingegen entstehen durch gleichwertige, spiegelbildliche Verhaltensweisen zweier Menschen. Sie streben nach Gleichheit und Verminderung von Unterschiedlichkeiten (vgl ebd.).

Beispiele für symmetrische Beziehungen: Fussballverein, Selbsthilfegruppen.

Bedingt durch die Vielzahl von sozialen Beziehungen, in denen wir leben und durch institutionelle oder kontextuale vorgegebene Rahmenbedingungen, wechseln wir zwischen Symmetrie und Komplementarität. Beispiel für Wechsel von einer komplementären zu einer vorübergehenden symmetrischen Beziehung: Student*in trifft Dozent*in im Fussballverein.

Problematisch können komplementäre Beziehungen werden, wenn sie in Starrheit verfallen. Dies ist bei Mutter-Kind Beziehungen oft der Fall.

Symmetrische Beziehungen können zu symmetrischer Eskalation führen. Wenn ein*e Partner*in in der Beziehung, “ein bisschen gleicher” werden will um die andere Person quasi auszustechen. Dies führt dazu, dass die Symmetrie an Stabilität verliert und sich Komplementarität in die Beziehung einschleicht. Dies versucht die andere Person dann wiederum zu beseitigen, indem sie sich wieder angleicht. Diese Interaktion schaukelt sich hoch bis zu Eskalation (vgl. Röhner/Schütz 2016: 34f.).

Relationierung

Die Theorie Watzlawicks hilft, die Interaktionsprozesse in der konkreten Situation besser zu verstehen. So kann nach Axiom 3 davon ausgegangen werden, dass PSA und Coach in ihrer eigens konstruierten

Wirklichkeit leben. Beide gehen von ihrem Standpunkt als dem wahren aus. PSA betrachtet die Situation aus ihrer Perspektive. Sie kennt den Klienten und seine Lebensgeschichte.

Coach schaut aus ihrer Perspektive auf die Situation. Sie hat viel Erfahrung in der Arbeitsintegration und sieht beim Klienten keine Motivation, da sie offenbar mit alleinerziehenden Müttern vergleicht, die wesentlich motivierter scheinen.

Axiom 2 und Axiom 4 sind miteinander verbunden. So besagt das 2. Axiom, Kommunikation in den Inhalts- und Beziehungsaspekt (Was und Wie) zu unterteilen. Axiom 4 beschreibt, dass der Inhaltsaspekt durch digitale (durch Worte) und der Beziehungsaspekt durch analoge (Körpersprache, Mimik, Gestik) Modalitäten übermittelt wird. Die konkrete Situation ist ein Telefongespräch und die beiden Gesprächspartnerinnen kommunizieren ansonsten ebenfalls nur über E-Mail und Telefon miteinander. Dies führt zu einer Diskrepanz in der Kommunikation. Der Beziehungsaspekt in diesem Gespräch ist so schwierig zu erkennen. So verstehen sich die Coach und PSA nicht und reden eher aneinander vorbei, als wenn sie sich persönlich begegnen würden.

Nach Axiom 5 gibt es gleichwertige (symmetrische) und ergänzende (komplementäre) Beziehungen. In der Situation handelt es sich um eine ergänzende Beziehung. Professionelle der Sozialen Arbeit in der Sozialhilfe und Coach im Arbeitsintegrationsprogramm. Die beiden sollen sich in ihrer Arbeit ergänzen, verfolgen andere Ziele und haben andere Aufgaben. Es ist nicht geklärt, ob die Beziehung komplementär oder symmetrisch ist. Aus den Situationsmerkmalen geht hervor, dass PSA von einer komplementären Beziehung ausgeht (Unterschiedlichkeit der Parteien ergänzt Zusammenarbeit, Fallführende Person trägt Verantwortung, usw.). Coachingperson geht von einer symmetrischen Beziehung aus, was Widerstand und Ärger in der Situation erklärt. Es ist keine Klärung zwischen den beiden Parteien passiert.

 

 

5.1.2 : Warum verteidigen beide Personen ihren Standpunkt und kommen nicht ins Verhandeln?

Harvard Konzept

Nach dem Harvard Konzept gibt es zwei Möglichkeiten des Verhandelns. Zum einen ist dies das “Positionsbezogene” zum anderen das “Sachbezogene” Verhandeln.

Das positionsbezogene Verhandeln sagt, dass jede Person eine feste Position im Gespräch einnimmt und diese so gut es geht versucht zu verteidigen. Dabei kommt es schnell zu Unstimmigkeiten, weil Involvierte sich selbst mit einer Position identifizieren und dieser Kampf um die Positionen die Verhandlungen behindern (vgl. Rolff, 2021).

Deswegen distanziert sich das Harvard Konzept vom positionsbezogenen Verhandeln und arbeitet mit dem Prinzip des sachbezogenen Verhandelns. Dafür haben Fisher, Ury und Patton vier Grundprinzipien entwickelt (vgl. Eremit/Weber, 2016).

 

1.           Mensch und Probleme getrennt voneinander behandeln (Sachbezogen diskutieren)

Zuerst geht es darum, die Position des Gegenübers zu kennen und zu verstehen. Also soll Mensch sich erst mit den menschlichen Aspekten der Verhandlungsparteien auseinandersetzen, dafür kann Smalltalk ein geeignetes Tool sein. Ausserdem müssen Gefühle wahrgenommen und verstanden werden, wenn diese unklar sind muss gegebenenfalls nachgefragt werden. Dabei ist es generell wichtig, die Mechanismen und Wirkungsweisen der Kommunikation zu kennen wie auch psychologische Techniken kennen und anwenden zu können (vgl. Götz/Käser, 2019).

Weil dies jedoch relativ hohe Anforderungen sind und nicht immer davon ausgegangen werden kann, dass alle Verhandlungspartner diese Vorkenntnisse mit sich bringen, muss sich Mensch gewissen Problemen bewusst sein.

Dazu gehört zum einen, das Menschen versucht sind, sich bereits vor einer Verhandlung ein Bild zu machen. Das Einholen von Informationen ist wichtig und hilfreich, allerdings kann es durch Fehlinformationen auch zu weiteren Störfaktoren kommen. Deshalb ist es ratsam, sich Informationen etc. von vertraulichen Quellen einzuholen – am besten direkt vom Vertragspartner selber (vgl. Rolff, 2021).

Die Emotionen bilden ein zweiter Störfaktor. Sie müssen wie bereits oben erwähnt von beiden Seiten verstanden werden. Dazu gehört, die eigenen Emotionen zu offenbaren und in einer respektvollen Weise aufzuzeigen, warum diese in einem hoch kommen. Wichtig ist dabei, nicht in einen Streit zu geraten, sondern zu versuchen, die Emotionen so verständlich wie möglich zu benennen und den jeweils anderen Verhandlungspartern*innen versuchen zu verstehen, wenn diese*r seine/ihre eigenen Emotionen schildern (vgl. Rolff, 2021).

Die dritte Schwierigkeit ist dann erneut die Kommunikation und zwar deswegen, weil nebst den hohen Anforderungen für eine gelingende Kommunikation das Fremdverstehen schier unmöglich ist. Dies geht auf die Grundauffassung des radikalen Konstruktivismus ein. Also der Theorie, dass Wahrnehmung nie ein Abbild der Realität ist sondern eine eigene Konstruktion. Obwohl es bei diesem Punkt nicht die Lösung gibt, kann Mensch versuchen, beispielsweise durch aufmerksames Zuhören und gelegentlichem Nachfragen, das Gesagte besser zu verstehen (vgl. Götz/Käser, 2019).

 

2.           Sich auf Interessen konzentrieren, nicht auf Positionen (Interessen abwägen)

Mensch soll die eigenen Interessen wie auch die der Gegenseite bewusst im Kopf haben, wenn die Verhandlungen losgehen. Um bei den Verhandlungen bestimmt und flexibel auftreten zu können ist es sinnvoll, die eigenen Interessen zu notieren, um dann einfacher Prioritäten zu setzen (vgl. Müller, n.d.).

Wichtig ist es auch, den selbstverständlichen Grundbedürfnissen, wie der Wunsch nach Anerkennung, Kontrolle, Sicherheit oder Zugehörigkeit, Aufmerksamkeit zu schenken. Denn es ist überraschend, welch grosse Rolle diese bei vielen Konflikten spielen (vgl. Rolff, 2021).

Ausserdem muss sich Mensch bewusst sein, dass Unstimmigkeiten meist Teil von Verhandlungen sind. Dies muss jedoch nicht bedeuten, dass es keine Lösungen geben kann. Es ist darum wichtig, der Gegenseite bei emotionalen Themen etwas Luft zu geben oder möglicherweise die Verhandlungen auch für einen Moment zu stoppen (vgl. Rolff, 2021).

 

3.           Entwickeln von Entscheidungsmöglichkeiten zum beiderseitigen Vorteil (Optionen suchen)

Ein grosses Problem in der Lösungssuche ist, dass die Verhandlungspartner oft mit einer zu konkreten Vorstellung der richtigen Lösung an den Verhandlungstisch kommen. Stattdessen sollen, zusammen mit Verhandlungspartner, die verschiedenen Interessen kommuniziert und möglicherweise sogar durchgespielt werden. Teilweise kann es hilfreich sein, die Entscheidungen in unterschiedlichen Wirkungsgraden zu benennen. Dabei können folgende Wörter hilfreich sein (vgl. Müller, n.d.):

härtere Einigung:                                                                                 weichere Einigung:

Sachlich                                                             –                                            Einigung über das Verfahren

Dauerhaft                                                        –                                            vorläufig

Umfassend                                                      –                                             partiell

Endgültig                                                          –                                            prinzipiell

Bedingungslos                                               –                                             bedingt

Bindend                                                            –                                             nicht bindend

 

 

4.           Auf der Anwendung neutraler Beurteilungskriterien bestehen (Beweise erbringen)

 

Der vierte Grundsatz sagt, dass erzwungene Willensentscheidungen keine nachhaltige Lösung für beide Seiten bringen wird. Dem ist so, weil durch solche Entscheidungen, die eine Seite benachteiligt wird und in einem nächsten Schritt vermutlich eine ähnliche Anforderung an die Gegenseite stellen wird.

Deswegen sollen nach Fischer die beiden Vertragspartner immer zusammen nach neutralen Beurteilungskriterien suchen. Diese helfen dabei, die Lösungen auf einen fairen Massstab zu bringen, um so eine möglichst ausgeglichene Verhandlung zu ermöglichen. Denn Kompromisse wird es immer brauchen und «Besser» oder «weniger Gut» ist nur mit klaren Kriterien zu definieren (vgl. Rolff, 2021).

Relationierung

Das Harvard Konzept hilft aufbauend auf der Kommunikationstheorie Watzlawiks dabei, die Interaktionsprozesse in der konkreten Situation besser zu verstehen. Es spricht gewisse Verständigungsprobleme in der Zusammenarbeit an und verhilft zu Einstellungen und Verhaltensweisen um die Zusammenarbeit bei unterschiedlichen Interessen gelingend zu gestalten.

Gemäss dem dritten Grundprinzip des Harvard Konzeptes kann es zu Störungen in der Verhandlung kommen, wenn die Verhandlungspartner schon mit konkreten Vorstellungen und Lösungsvorschlägen in die Verhandlung kommen. In der Situation hat die PSA den Wunsch, den Coach mit ins Boot zu holen und diesen für eine Lösung im Sinne des Wohles des KL zu gewinnen, was in ihrem Verständnis bedeutet, den Coach für das vorher erarbeitete Vorgehen mit dem Klienten zu gewinnen. Der Coach seinerseits hat die Vorstellung, die Vorhaben der PSA aufzugeben und möchte für den Klienten keine Ausnahme machen. Es wird ersichtlich, dass diese Vorstellungen sich entgegen stehen.

Die Emotionalität von beiden Seiten ist bereits anfangs Gespräch sehr hoch. Gemäss dem ersten Grundprinzip sollen Emotionen angesprochen und für ein gegenseitiges Verstehen genutzt werden. Dadurch dass die Emotionen in der Situation nicht angesprochen werden, kann kein Verständnis davon gewonnen werden, welche Beweggründe “hinter” den Positionen von Coach und PSA wirken, was zu einer Verstärkung der Positionierungen führt. Es gelingt der PSA nicht, hin zu Interessen und gemeinsam gefundenen objektiven Kriterien für eine Lösungsfindung zu kommen. Gegen Ende des Gespräches entscheidet die PSA, dass sie weiter mit dem Klienten verhandeln und dann Rücksprache mit dem Coach suchen wird. Gemäss dem vierten Grundprinzip des Harvard Modelles bringen “erzwungene” Willensentscheidungen keine Lösungen für beide Seiten. Der Entscheid des weiteren Vorgehens liegt bei der PSA, wodurch dem Coach ein gewisser Verhandlungsspielraum entzogen wird, bzw. ein Mitwirken an einer gemeinsam gefundenen Lösung unterbunden bleibt.

 

 

5.2    Interventionswissen – Wie kann ich als professionelle Fachperson handeln?

5.2.1 : Wie kann die PSA im Gespräch mit dem Coach mehr Verhandlungsraum geben?

Handeln gemäss Harvard Konzept

Wenn Mensch sich mit dem Harvard Konzept auseinander setzt, kommen immer wieder Vorschläge oder Ideen, wie mit den verschiedenen Problemstellungen umgegangen werden kann. Wichtig ist es dabei, kreativ zu bleiben und die jeweiligen Punkte in verschiedenen Wegen auszuprobieren.

Um möglichst nicht in ein Positionsvertretendes Verhandeln zu rutschen, muss von Anfang an bewusst davon weg gearbeitet werden. Denn wie so oft im Leben ist es schwer, eine angefangene Dynamik zu durchbrechen und von neuem anzufangen. Dies bedeutet, von Beginn an die eigenen Interessen in den Vordergrund zu setzen und nicht auf die Positionsebene zu rutschen.

Um diesen schwierigen Prozess mit etwas Struktur zu vereinfachen, hat Erbacher ein Fünf-Phasen-Modell entwickelt. In seinen Augen ist eine Verhandlung kein punktuelles Geschehen, sondern “besteht aus einer Abfolge einzelner Aktivitäten” (Erbacher 2010: 31).

Vorbereitungsphase:

Im ersten Schritt geht es darum, möglichst viele Informationen zum konkreten Verhandlungsfall zu gewinnen. Also sowohl Informationen zu den Interessen wie auch wenn möglich zu den Emotionen der Verhandlungspartner. Dies bedeutet aber auch, sich mit den eigenen Vorstellungen auseinander zu setzen, um mögliche realitätsferne Wünsche zu entdecken. Ausserdem kann Mensch bereits vor einer Verhandlung versuchen, allfällige Störungen auf der emotionalen Ebene aufzulösen. Beispielsweise, indem allfällige Abhängigkeiten von Vorgesetzten oder Geldgebenden der Gegenseite aufgedeckt werden (vgl. Götz/Käser, 2019: 194).

Kontaktphase:

Zwei zu beachtende Punkte betreffen sozialpsychologische Effekte und bestehen in den sogenannten Wahrnehmungsfehler / Beurteilungsfehler. Dabei spielt vor allem der Primacy-Effekt (Der erste Eindruck bildet sich in wenigen Sekunden und hat grossen Einfluss auf alle späteren Wahrnehmungen und Informationen) wie auch der Recency-Effekt (Die letzten Informationen bleiben besser in Erinnerung). Aus diesem Grund soll Mensch sich zu Beginn einer Verhandlung auch etwas Zeit nehmen, um etwas Smalltalk zu machen, um eine positive Stimmung in den Verhandlungsprozess einfliessen zu lassen. Vor allem für noch nicht abgeschlossene Verhandlungen ist es wichtig, zum Schluss darauf zu achten, dass die Stimmung ziwschen den Verhandlungspartnern positiv ist, weil diese mitgenommen und als Grundstimmung für folgende Sitzungen bestehen bleibt (vgl. Götz/Käser, 2019: 195).

Mit diesen zwei Wahrnehmungsfehler hat es sich allerdings noch nicht getan. Auch wenn der Primacy-, wie auch der Recency-Effekt möglicherweise den größten Einfluss auf eine Verhandlung haben, sollte Mensch dabei auch alle anderen psychologischen Effekte mitdenken. Wenn dies Mensch gelingt, kann so unzähligen emotionalen Störungen aus dem Weg gegangen werden.

Kernphase:

Nun findet die eigentliche Verhandlung statt, denn in dieser Phase argumentieren und interagieren die Vertragsparteien untereinander. Dabei kommt es in den aller meisten Fällen zu gewissen Formen von Unstimmigkeiten. Dies ist auch der Fall wenn es den Verhandlungspartnern gelingt, in der sachbezogenen Verhandlung zu bleiben. Allerdings könnten diese Unstimmigkeiten, bei einer positionsbezogenen Verhandlung, bis hin zu heftigen Auseinandersetzungen, psychologischen Angriffen und Machtdemonstrationen gehen.

Um solche Unstimmigkeiten zu vermeiden, sollen die Vertragspartner versuchen, sich in das Empfinden des Gegenübers einzufühlen und dieses zu verstehen. Wenn es den Verhandlungspartnern gelingt, ihrem Gegenüber bei den oft vorkommenden Unstimmigkeiten, genügend Luft zu geben und die menschlichen Grundbedürfnisse nach Anerkennung, Aufmerksamkeit, Sicherheit usw. zu befriedigen, können die Verhandlungspartner besser in der sachbezogenen Verhandlung bleiben und somit meist gute Verhandlungsergebnisse für beide Seiten finden.

Generell ist es wichtig, eine sorgfältige und psychologische Vorbereitung gemacht zu haben, sodass Mensch trotz diesen konflikthaften Situationen einen kühlen Kopf bewahren kann. Dafür wichtige Fähigkeiten sind: flexible Gesprächsgestaltung, Fairness und Respekt (vgl. Götz/Käser, 2019: 196).

Um die Verhandlung anzustossen lohnt es sich mit kleineren Inhalten zu starten sodass die Vertragsparteien erste gemeinsame Interessen finden können und es erste Erfolge geben kann. Nach diesem Handlungsschritt können dann auch die etwas schwierigeren Themen angesprochen werden. Dabei werden die gesammelten Informationen aus der Vorbereitungsphase höchst wertvoll. Ausserdem kann Mensch versuchen die schwierigeren Themen mit unterschiedlichen Formulierungen an das Gegenüber kommen zu lassen. Denn teilweise kann ein Wortwechsel wie von Dauerhaft zu Vorläufig einiges verändern.

Vereinbarungsphase:

Nach einer erfolgreichen Verhandlung sollen alle wichtigen Punkte, welche im Konsens angenommen wurden, noch einmal zusammengefasst geschildert werden. Dabei sollen allerdings neue Diskussionen vermieden werden, denn das Ziel ist es nun einen Abschluss zu finden.

Diese Entscheide sollen möglichst präzise erfasst werden und mit Bedingungen für den Fall des Nichteinhaltens aufgeschrieben werden (vgl. Götz/Käser, 2019: 196).

Umsetzungsphase:

Weil eine Verhandlung an sich keine Probleme löst, ist es wichtig, die daraus erfolgten Entscheidungen zu pflegen, bis diese umgesetzt wurden. In diesem Schritt wird oftmals erkennbar, ob die Verhandlung gut oder schlecht verlaufen ist. Denn bei einem Resultat, welches nur von einer Seite aus erzwungen wurde, ist es verständlicherweise selten, dass beide Vetragsparteien ihre Bestimmungen auch tatsächlich umsetzen werden (vgl. Götz/Käser, 2019: 197).

Relationierung

In der konkreten Situation sind nur einige dieser Handlungsansätze wirklich anzutreffen, weil es nur ein kleiner Abschnitt einer ganzen Verhandlung ist.

Als erstes ist zu erwähnen, dass es stark ersichtlich ist, wie sich PSA während der ganzen Situation auf der Sachebene befindet. PSA sagt nämlich, in welchen Belangen sie anruft und schildert, was sie bereits über den Fall weiss. Auch im weiteren Verlauf möchte sie die Interessen ihrer Institution, ihres Klienten wie auch ihre eigenen verständlich machen und geht nicht auf die Positionierung des Coaches ein. Nebst dieser wichtigen Erkenntnis könnte Mensch allerdings in der Kontaktphase ein hilfreiches Instrument einbauen. Wie schon erwähnt, ist dieses ein Phänomen der Psychologie, aber kann auch in unserem Arbeitsalltag gut genutzt werden. Dabei geht es um den sogenannten Primacy-Effekt. Dieser kann zu Beginn eines Verhandlungsgespräches genutzt werden, um eine gute Stimmung zu kreieren und um eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Dies hätte möglicherweise Einfluss darauf, wie viel Verhandlungsraum Coach einnimmt.

Aufgrund der bisherigen Zusammenarbeit zwischen Institution Coach / Institution PSA und dem Fakt, dass der Klient bereits zum dritten Mal im AIZ angemeldet wurde und sein Dossier, beide vorherigen Male, wegen “mangelnder Mitwirkung” bald einmal geschlossen wurden, kann es sein, dass gewisse Vorurteile herrschen und somit den Kleber-Effekt (früher schlechte Leistung = heute schlechte Leistung) mit ins Spiel gebracht wird. Dieser Wahrnehmungsfehler ist zwar schwer zu beheben, aber wenn Mensch immerhin darüber Bescheid weiss, dass dieser eine Rolle spielt, kann Mensch versuchen, die darin unterstrichenen Vorurteile aufzuheben, indem ein Gegenargument thematisiert wird. Im konkreten Fall beispielsweise, indem PSA aufzeigt, wie sich Klient verändert hat und welch grosses Potenzial er eigentlich hätte.

Ausserdem könnte sich PSA in der konkreten Situation mit Ihren Interessen und möglichen realitätsfernen Vorstellungen auseinandersetzen. Beispielsweise wünscht sich PSA, dass Coach sich mehr als gewöhnlich Zeit nimmt und geduldig bleibt. Dabei scheint es, dass Coach dies auch als Angriff aufnehmen könnte. Nichts desto trotz ist das Interesse von PSA, dass Klient als Alleinerziehender Vater etwas mehr Rücksicht bekommt nicht falsch und sogar im Leitfaden der Institution Coach schriftlich festgehalten. Hiermit wird klar, wie wichtig die Informationssammlung und das Sachbezogene Verhandeln ist.

 

5.2.2 Wie können sich Coach und PSA besser verstehen/kommunizieren?

Kooperative Gesprächsführung

Um Gesprächsführung kooperativ zu gestalten, werden im Buch “Gesprächsführung in der Sozialen Arbeit” von Wolfgang Widulle sogenannte Hauptaktivitäten in der Gesprächsführung beschrieben. Diese sind in drei grundlegende Aufgaben gegliedert (vgl. Widulle 2020: 107-109).



 
 

(ebd.: 109)

Das einfühlende Verstehen ist eine Kernvoraussetzung im Gelingen von Gesprächen. Hier stehen eine hohe Wertschätzung und eine geringe Lenkung im Vordergrund (vgl. ebd.: 107f.).

”Klienten sollen sich selbst, Gesprächspartner bzw. Fachkräfte und Klienten sollen einander verstehen. Was „Verstehen“ eigentlich bedeutet, ist uns im Alltag häufig unklar. Es bedeutet kognitives und emotionales Einordnen von neuen in alte, von unbekannten in bekannte Zusammenhänge (vgl. Flammer 2001, S. 85). Menschen wollen sich verstanden fühlen. Verstanden zu werden reduziert Isolation, schafft Verbindung und sichert Unterstützung, es bedeutet Anerkennung und Wertschätzung. Einfühlendes Verstehen ist, so gesehen, der wirksamste Gesprächsförderer.” (Widulle 2020: 108f.)

Um sein Gegenüber zu verstehen, hilft es so viel wie möglich über dessen Situation zu wissen. Also über dessen objektive Lebenslage, erlebte Lebenswelt und subjektive Sichtweisen. Eine wichtige Voraussetzung, dass das Verstehen gelingt, ist das aufmerksame Zuhören (vgl. ebd.: 109).

Für das Verstehen sind folgende Aktivitäten relevant:

·               Aufmerksam zuhören ist die wichtigste Kommunikationsform, um zum Berichten zu ermutigen und sich zu verständigen. Konzentration, Präsenz, Zuwendung zum Gegenüber und Aufmerksamkeit für das, was es ausdrückt sind Voraussetzungen. Aufmerksam zuhören hilft dabei, ein Problem gänzlich verstehen zu können. Vorallem am Anfang von Gesprächen und bei der Themenfindung. Wichtig für die Gesprächsführende Person ist es, das Gesprächsgegenüber mit non- und paraverbalen Zühörsignalen zu ermutigen (vgl. ebd.: 110).

“Diese sollte dabei auf Folgendes achten:

 

o      Blickkontakt halten, ohne anzustarren (Blickkontakt signalisiert Interesse)

o      nonverbal zum Fortfahren ermuntern (nicken, fragendes Gesicht)

o       bequeme, offene und zugewandte Sitzhaltung (leicht geöffneter Winkel),

o      die Gesprächsgeschwindigkeit regulieren, wenn es ihr zu schnell geht oder wenn es verwirrend wird („Jetzt komm ich nicht mehr mit“),

o      dem Thema des Gesprächspartners folgen und durch Zusammenfassen signalisieren, was man verstanden hat – Zusammenfassen verlangsamt den Gesprächsverlauf und ermöglicht Verarbeitung der Inhalte,

o      bei der Selbstexploration mit Fragen zurückhaltend sein (Redlich 2009, S. 17).” (Widulle 2020: 110)

·               Gedanken und Gefühle prägnant und treffend wiedergeben

Wie auch schon im Modell Watzlawicks erwähnt, haben Menschen ihre eigene Sicht auf die Wirklichkeit. Versuchen sich zwei Gegenüber zu verstehen, also ihre Gedanken und Gefühle zu verbalisieren und in das psychische Erleben der anderen Person einzutauchen, ist es wichtig, nicht nur das Gegenüber verstehen zu wollen sondern auch sich selbst verstehen zu können.

Sich auf die Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühle seines Gegnübers einzulassen heisst, dessen Wirklichkeit ernst zu nehmen und zu klären. Dabei kann es helfen die Gedanken und Gefühle des Gegenübers wiederzugeben um die Gefahr von Missverständnissen zu verringern. Dabei ist darauf zu achten, dass:

o      Gedanken und Gefühle präzise wiedergeben werden.

o      das Zentrale und keine Nebensächlichkeiten reflektiert werden und nicht von Thema abgekommen wird.

o      in eigenen Worten wiedergegeben wird.

o      Gefühle in Gegenwartsform wiedergegeben werden.

 

·               Hilfreich fragen

Hilfreiche Fragen helfen Klärungsprozesse voranzutreiben und zu steuern. Geschlossene Fragen, Suggestivfragen (”Finden Sie nicht auch…?”), Kontroversfragen (”Ist es nun so oder so?”) und Warum- Fragen sollten vermieden werden. Sie sind Kommunikationsbarrieren.

Offene Fragen hingegen (W-Fragen ohne die Warum-Frage) fördern das gegenseitige Verständnis und bringen vielfältige Informationen. Sie wirken durch Klärung in Richtung Lösung und Veränderung.

Konfrontierende Fragen (”Eben haben Sie gesagt, … wie ist es dann mit …?”) zeigen Widersprüche auf und orientierende Fragen (”Wo waren wir gerade stehen geblieben?”) fokussieren.

Hilfreich ist es auch, die Reaktionen des Gegenübers auf Fragen zu beobachten. Diese können wichtige Anhaltspunkte geben. Zum Beispiel, wenn sich die Person verschliesst oder sich ausgefragt fühlt (vgl. ebd.: 112f.).

 

 

Die Aktive Einflussnahme ist ein weiterer Schritt in der Gesprächsführung. Wichtig hierbei ist es, das Gespräch zu starten und steuern, unterbrechen und zu bremsen, zusammenfassen, stoppen und abschliessen zu können. All dies und die folgenden Punkte zu beachten und dabei dem Gegenüber genügend Raum zu lassen erfordert ein hohes Mass an Selbstwahrnehmung, Flexibilität und Reflexivität. Die aktive Einflussnahme beinhaltetet drei wichtige Fähigkeiten:

·               Transparent strukturieren

Besonders zu Beginn und zum Ende eines Gespräches kann es hilfreich sein, Struktur hineinzubringen. Gerade am Anfang eines Gespräches kann es noch Unsicherheiten geben. Daher ist es wichtig eine Zielbenennung vorzunehmen. Es ist wichtig sich bewusst zu sein, wenn man sich im Übergang zu einem nächsten Schritt oder Thema befindet und dies zu benennen. Den Stand des Gesprächs (immer wieder) zusammenzufassen hilft die Struktur beizubehalten und hilft, dass der rote Faden nicht verloren geht und beugt vor, dass die Themen und Ziele unklar werden. Dabei kann es hilfreich sein, sich auf die Metaebene zu begeben und konkret zu benennen. Beispielsweise so: – „Wenn ich das kurz zusammenfassen darf…”,

– „Wenn ich die letzten Ausführungen richtig verstanden habe…”. (ebd. 117)

·    Eigene Lösungsvorschläge entwickeln

Vorschläge anzubringen, birgt oft das Risiko, dass diese als belehrend vom Gegenüber aufgefasst werden

und somit zur Wahrung der Autonomie und Selbstbildes abgelehnt werden. Deshalb sollten Lösungsvorschläge bedacht formuliert werden und in der passenden Situation angeboten werden. Wenn Entscheidungen über Handlungen anstehen, das Gegenüber Vorschläge wünscht oder wenig eigene Vorschläge produziert, kann es hilfreich sein, eigene Lösungsvorschläge einzubringen. Wichtig dabei ist, dass Gedanken und Gefühle geklärt sind. Es soll auch auf folgende Dinge geachtet werden:

o      Lösungsvorschläge als Angebote formulieren.

o      Nicht ins Dozieren übergehen.

o      Lösungswege verständlich erläutern und so Verständnis für sie schaffen.

o      Vorschläge als Ermutigung zu eigenen Vorschlägen des Gegenübers formulieren. (vgl. ebd.: 117f.).

·               Stellung nehmen – Zustimmung und Kritik

Stellungnahmen sollen eine Balance zwischen Kritik und Zustimmung aufweisen. Denn sie sind mit Wertungen verbunden und könnten Widerstand und Entmutigung fördern.

Stellungnahmen enthalten Anteile der eigenen subjektiven Sichtweise und des professionellen fachlichen Handelns.

Deshalb sollte:

 

o      Rechtliche oder organisationale Vorschriften oder Rahmenbedingung in Stellungnahmen immer transparent kommuniziert werden.

o      Zwischen persönlichen und unpersönlichen (auf Richtlinien basierenden) Entscheidungen unterschieden und diese klar mitgeteilt werden.

o      Kritik und Konfrontation respektvoll, konkret und ehrlich formuliert sein. (vgl. ebd.: 118f.).

 

Beziehungen konstruktiv zu gestalten ist das dritte, wichtige Kernelement der kooperativen Gesprächsführung. Eine konstruktive Beziehung ist elementar für ein erfolgreiches Gespräch. Wichtig dabei ist eine beziehungssensible Kommunikation und der konstruktive Umgang mit Störungen.

o      Beziehungssensibel kommunizieren

beinhaltet den achtsamen Umgang mit Selbstbildern und der Autonomie des Gegenübers. Beziehungssensible Kommunikation bedeutet respektvollen Umgang, Meidung von Gesichtsverlust und Achtung der Selbstbestimmung des Gegenübers. Unsensible Äusserungen können Ärger fördern und Widerstand hervorrufen (vgl. ebd.: 120).

o      Explizite Metakommunikation

Wie auch schon Watzlawick schrieb, ist die Metakommunikation ein wichtiges Mittel zur Gesprächsführung, Verständigung und Beziehungsbildung. Sie hilft dabei Störungen, Widerstände und Blockaden (in der Beziehung) zwischen zwei Gesprächsgegenübern zu beheben. Daher ist es wichtig Metakommunikation einzusetzen und explizit zu benennen, wenn diese Phänomene auftreten (vgl. ebd. 120).

Metakommunikation ist die Kommunikation über das Gespräch (und die Art und Weise davon) oder die Beziehung selbst. Die Kommunikation zwischen Gegenübern wird sozusagen aus der Vogelperspektive betrachtet und reflektiert. Fällt also einer gesprächsteilnehmenden Person eine Störung (im Gespräch/in der Kommunikation) auf, ist es wichtig diese zu benennen und zu reflektieren. Wenn beispielsweise das Thema des Gesprächs unklar ist, Zeit verloren geht, eine Person nicht richtig zuhört, sich das Gespräch immer wieder im Kreis dreht. All dies können Themen sein, die durch Metakommunikation betrachtet werden können.

o      Mit Widerstand als Form der Kooperation arbeiten

Widerstand erscheint häufig vor dem Hintergrund von bedrohter Autonomie und Freiheit oder Einschränkung der Selbstwirksamkeit.

“Widerstand kann sich in vier Formen äußern: als Trotz oder indem sich Gesprächspartner verwehrten Alternativen zuwenden, als äußerliche Anpassung und indirekte Wiederherstellung der eigenen Autonomie („Unterlaufen“ des Gesprächs, passiver Widerstand) oder als offener Widerstand bzw. offene Aggression. Hilfreich bei Widerstand ist,

o      Gesprächsstörer wie Belehrungen, Kritik oder Moralisieren zu vermeiden,

o      Alternativen und Handlungsmöglichkeiten anzubieten,

o      metakommunikativ den Widerstand zu thematisieren,

o      auf den Gesprächsauftrag oder ein gemeinsames Arbeitsbündnis zu rekurrieren,

o      und Widerstand als die Form der derzeit möglichen Zusammenarbeit mit subjektiv berechtigten Gründen akzeptieren.” (ebd.: 121f.)

o      Killerphasen kommunikativ bearbeiten

Killerphasen signalisieren mangelnde Kooperationsbereitschaft und zeigen sich in konfliktzentrierten, eskalierenden und destruktiven Reaktionen des Gegenübers. Dies führt zu einer starken Störung des Gesprächs und der Verhandlung. Beispielsätze für solches Verhalten sind: „Das haben wir schon versucht“,

„Wenn das alle machen würden“, „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein“ oder „Das bringt überhaupt nichts“. Verhält sich ein Gegenüber derart destruktiv, soll mit gezielten Fragen und Äusserungen das Gegenüber in eine Position gebracht werden, in der es nicht mehr anders kann als kooperativ zu handeln. Äusserungen können hier sein: „Inwiefern ist das für Sie Blödsinn?“, „Was wäre denn für Sie sinnvoll?”, „Wie können wir uns konstruktiv weiter auseinandersetzen?“, “Wie denken Sie denn, dass wir in dieser Sache konstruktiv weiterkommen?“ (vgl. ebd.: 122f.).

Relationierung

Generell enthält die Situation schon einige wichtige Elemente der kooperativen Gesprächsführung, die die PSA miteinbringt. Beispielsweise äussert PSA Verständnis für Coach. Das ist wichtig für die Beziehungsgestaltung und für eine ausgeglichene Stellungnahme. Diese soll laut Widulle Kritik und Zustimmung enthalten. PSA erklärt auch zu Beginn des Telefonates wieso sie anruft und schildert die Sachlage nochmals konkret, sodass beide auf dem gleichen Wissenstand sind. PSA gibt Coach auch die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge zu schildern und sagt, dass sie Lösungen finden möchte. Dies ist sehr wichtig, um Struktur in das Gespräch zu bringen.

Was aber auch aus der Reflection in Action hervorgeht ist, dass die PSA gestresst ist und Coach doch nicht so viele Möglichkeiten gibt, einen Handlungsvorschlag hervorzubringen, sondern dass der Vorschlag für das weitere Vorgehen seitens PSA stammt. Hier wäre es wichtig, mehr zusammen und nicht einseitig zu bestimmen.

Damit das einfühlsame Verstehen gelingt, beschreibt Widulle einerseits die Wichtigkeit des aufmerksamen Zuhörens. Dabei beschreibt er, wie wichtig es ist, nonverbale Zuhörsignale zu geben. Also beispielsweise Blickkontakt halten, nicken, eine offene und zugewandte Sitzhaltung. Dies fällt in der konkreten Situation weg, da alles über das Telefon verläuft und es somit nicht möglich ist dies umzusetzen.

Wichtig ist auch Gedanken und Gefühle des Gegenübers wiederzugeben. Der PSA kann es also helfen, Äusserungen der Coach in eigenen Worten widerzugeben. So wird klar, ob sie sich verstanden haben oder ob es noch Klärungsbedarf gibt.

Widulle hebt die Metakommunikation als wichtiges Instrument der Beziehungsgestaltung heraus. Aus der Reflection in Action geht hervor, dass PSA Widerstand seitens Coach spürt und gewisse Dinge gerne expliziter benennen möchte, sich aber nicht traut. Hier würde die Metakommunikation für mehr Klärung und Verständnis sorgen.

In der Situation ist sehr der Widerstand seitens Coach zu spüren. Beispielsweise bei der Äusserung, dass sie keine Kooperation seitens Klient spüre und andere Mütter wesentlich engagierter seien. Sie verhält sich mit dieser Aussage sehr unkooperativ. Was Widulle als sogenannte «Killerphase» beschreibt. Hier könnte PSA einlenken, auf Coach eingehen und beispielsweise fragen: «Was sehen Sie denn noch für Handlungsalternativen/Unterstützungsmöglichkeiten den Klienten zur Kooperation anzuregen?» oder «Was sehen Sie, unterstützt die anderen Mütter im Programm und könnte Klient ebenso helfen?».

 

5.3    Erfahrungswissen – Woran erinnere ich mich, was kenne ich aus ähnlichen Situationen?

Welche Erfahrungen hat die PSA in der Zusammenarbeit mit dem Bereich der Arbeitsintegration gemacht bzw. mit anderen Bereichen, mit denen sie zusammenarbeitet?

In Zusammenarbeit mit dem AIZ hat die PSA schon ähnliche Erfahrungen gemacht. Es gab immer wieder Klärungsbedarf in Bezug darauf, wer die Fallverantwortung hat. Im Dialog mit Coach vom AIZ stellte sich dann heraus, dass PSA wesentlichen Einfluss auf die Fallführung hat und diese lenken konnte.

PSA hat schon öfter erlebt, dass es zu Unstimmigkeiten zwischen Ansichten der PSA und Ansichten Coach in Bezug auf die Möglichkeiten des Klientel gekommen ist. So kam es dazu, dass im Dialog mit Coach die Möglichkeiten des Klientel ausgehandelt wurden, um so Handlungsschritte und Zielsetzungen festzulegen.

Auch kam es dazu, dass diese Aushandlungen im Trialog mit Klientel passiert sind. Wiederholt machte die PSA die Erfahrung, dass ihre Vermittlungen zwischen Klientel und Coach wichtig sind, wenn sich diese verstritten haben.

In Zusammenarbeit mit AIZ braucht es sehr viel Verhandlungsführung. PSA weiss, dass sie sich in der Leitung der Verhandlungsführung positionieren muss. PSA macht die Erfahrung, dass sie merkt, dass die Coaches aus anderen Disziplinen kommen und auf ein anderes Wissensrepertoire zurück greifen. In Bezug auf eine professionelle Fallführung im Sinne der Sozialen Arbeit bringt die PSA mehr und anderes Fachwissen für die Verhandlung mit ein. In der Zusammenarbeit mit anderen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit – wie z.B. der Schulsozialarbeit, machte die PSA die Erfahrung, dass durch die engere Beziehung zwischen ihr und dem in das Hilfesystem des Klienten eingebundenen Fachperson und den Hintergrund derselben Profession eine gute Basis für die Verhandlung geschaffen wird.

Die PSA machte die Erfahrung, dass es hilfreich ist, wenn Coaching Person aus AIZ ihr Praxiserfahrungen einbringt, um so eine Basis für Verhandlung und das angemessene Fördern der Klienten zu schaffen.

Dies wurde in folgendem Beispiel ersichtlich. Ein Klient mit Abhängigkeitshintergrund, welcher im AIZ angemeldet war, wurde rückfällig. Daraufhin hat sich Coach aus AIZ bei PSA nach Klient erkundet. PSA hat Coach die Situation und Vorgeschichte des Klientel geschildert. Coach hat sein Erfahrungswissen aus seiner Arbeitserfahrung im Bereich Sucht eingebracht und so konnte angemessen ausgehandelt werden. PSA und Coach haben sich darauf geeinigt, dass das Dossier nicht geschlossen sondern weitergeführt wird.

 

 

Relationierung

Durch die gemachten Erfahrungen wurde im Nachhinein festgestellt, wenn PSA und Coach die Rahmenbedingungen kennen und im Kopf haben, dies eine gute Basis für die Verhandlung bietet. Beide können ihre Interessen vertreten und ihre Befürchtungen miteinander teilen.

Auch dem Klientel hilft es, wenn Wissen über die Rahmenbedingungen und die an das Klientel gerichteten Erwartungen vorhanden sind.

 

5.4    Organisations- und Kontextwissen – Welche Rahmenbedingungen beeinflussen mein Handeln?

Die Sozialhilfe besteht aus unterschiedlichen Abteilungen, die jeweils einem individuellen Auftrag nachgehen. Dabei gibt es u.a. die Abteilungen für Sozialberatung (klassische Klientenarbeiten), den Rechtsdienst, die Arbeitsintegration sowie die Abteilung für Qualitätsmanagement und Controlling. Die Zuständigkeiten und Kooperationsformen sind dabei klar geregelt und innerhalb der Organisation wurde die Soziale Arbeit als Leitdisziplin definiert.

Welche Rahmenbedingungen geben der PSA Orientierung, um im Grosssystem zusammen zu arbeiten?

 

5.4.1 Grundlagenkonzept Sozialberatung Valeria

Zusammenwirken der Disziplinen

Im “Grundlagenkonzept Sozialberatung” hält die Sozialhilfe fest, dass innerhalb der Sozialhilfe Fachleute aus verschiedenen Disziplinen, direkt oder indirekt, in die Arbeit mit dem Klientel involviert sind. Dies fordert eine auf Respekt und Akzeptanz basierende Zusammenarbeit. So wird eine wirkungsvolle und effiziente Sozialhilfe im Interesse des Klientel garantiert. Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist notwendig. Sie garantiert eine multiperspektivische Betrachtungsweise (vgl. Sozialhilfe Grundlagenkonzept 2014: 25.).

“Sozialhilferechtliche Unterstützung wird demnach betrachtet als ein interdisziplinäres Zusammenarbeiten von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, kaufmännischen Fachkräften und Juristinnen und Juristen unter einer klar definierten Fallverantwortung der SozialarbeiterInnen.” (ebd.)

Handlungsleitende Grundsätze

·         SozialarbeiterInnen, kaufmännische Fachkräfte sowie Juristinnen und Juristen beziehen sich auf unterschiedliches Grundlagen- und Fachwissen. Sie wenden unterschiedliche Methoden und Instrumente an und folgen demnach einer anderen Handlungslogik.

·         In der Leistungserstellung sind verschiedene Personen mit verschiedenen Aufgaben und mit einem unterschiedlichen beruflichen Hintergrund beteiligt, die sich und ihr Fachgebiet gegenseitig respektieren.

·         Komplexe Probleme in der Sozialhilfe können mit den je eigenen Mitteln der einzelnen Disziplinen in der Regel nicht hinreichend und/oder umfassend bearbeitet werden. Durch die Beteiligung der verschiedenen Disziplinen kann den praktischen Herausforderungen in der Sozialhilfe besser Rechnung getragen werden. Durch die Zusammenarbeit entsteht ein Mehrwert.

·         Das Ziel der interdisziplinären Zusammenarbeit ist die Erhöhung der Lösungsqualität praktischer Themen- und Problemstellungen, die in der Sozialberatung auftreten.

·         Die einzelnen Disziplinen begründen ihr fachliches Handeln jeweils aus der disziplinären Handlungslogik.” (Sozialhilfe 2014: 25f.)

 

 

Relationierung

Die PSA hat die Fallführung und Verantwortung. Sie kann Aufgaben delegieren.

Die Fachpersonen kommen aus unterschiedlichen Disziplinen. Das bedeutet, die Fachpersonen kommen mit einem unterschiedlichen Hintergrund, einer unterschiedlichen Handlungslogik in den Fall. Um eine adäquate Zusammenarbeit und Fallführung zu garantieren, muss dies allen Parteien bewusst sein. So kann aufeinander eingegangen werden.

 

5.4.2 Konzept Qualität und Controlling

Grundprinzipien der Sozialhilfe und messbare Qualitätsziele

 

Individualisierung mit systematischer Situationsanalyse und Fallstrategie (vgl. Konzept Qualität und Controlling: 7f.)

Die Sozialhilfe hat in Ihrem handlungsleitenden Konzept das Individualisierungsprinzip gross geschrieben. So heisst es, dass der Bedarf, die Individualität und die Handlungsfähigkeit der Klientel (KL) die nicht monetäre Unterstützung massgeblich bestimmt. Die KL sollen die umsetzbaren Ziele mit der PSA aushandeln und vereinbaren – natürlich müssen sie mit den Zielen der Sozialhilfe in Einklang sein. Sollte im Verlauf festgestellt werden, dass die vereinbarten Ziele nicht einzuhalten bzw. zu erfüllen sind, sollen sie individuell angepasst werden. Auch hier tritt die PSA zusammen mit den KL in die Verhandlungen. Somit sind sowohl PSA als auch KL bei den Inhalten der Handlungsziele federführend. Die Umsetzung kann und soll von weiteren AkteurInnen innerhalb und ausserhalb der Sozialhilfe begleitet werden.

Zielgerichtete Fallführung (vgl. ebd.: 9)

Dossiers werden mit einer von Dritten erkennbaren, klaren und nachvollziehbaren Zielsetzung geführt. Wenn im Einzelfall keine Zielsetzungen vorgenommen werden, ist dies ebenso klar und nachvollziehbar zu begründen, sofern die Gründe nicht offensichtlich sind (z.B. Alter Ü55, stationäre Fälle, Fallverantwortung bei einer anderen Institution wie Amt für Erwachsenenschutz und Beistandschaften, etc.).

Aus der Falldokumentation geht hervor, ob auf eine Ablösung, Veränderung, Orientierung oder Stabilisierung der individuellen Situation hingearbeitet wird.

Falls im Unterstützungsverlauf deutlich wird, dass Ziele zu hoch oder zu niedrig angesetzt worden sind, werden sie erkennbar angepasst.

Indikator für die Prüfung einer zielgerichteten Fallführung ist die folgende:

 

o      Unter Beachtung der zentralen Prinzipien der Sozialhilfe nimmt die Zielsetzung im Einzelfall Bezug auf die individuellen physischen, psychischen und sozialen Ressourcen bzw. Einschränkungen von Klientinnen und Klienten sowie deren Motivationslage und Perspektiven.

 

 

Kohärente Fallführung (vgl. ebd.: 10)

 

Die Fallführung ist in sich schlüssig, d.h. die Aktivitäten der Sozialhilfe nehmen Bezug auf die im Einzelfall festgelegte Zielsetzung. Damit wird eine logische und auch für Dritte nachvollziehbare Fallführung angestrebt. Insbesondere bedeutet dies, dass die auf der Basis der vereinbarten Ziele festgelegten Handlungsschritte für Fallverantwortliche und Klientinnen und Klienten verbindlich sind.

Indikatoren für eine in sich schlüssige Fallverantwortung sind die folgenden:

o      Die über die Grundsicherung hinausgehenden materiellen und immateriellen Leistungen sind auf die individuelle Zielsetzung abgestimmt.

o      Ausgerichtete Integrationszulagen stehen in einem nachvollziehbaren Zusammenhang mit der Zielsetzung.

o      Wenn in einer mündlichen (festgehalten im Hauptprotokoll) oder schriftlichen Auflage oder Weisung Sanktionen bei Nichterfüllung auferlegter Pflichten angedroht worden sind, werden sie, sofern nicht nachvollziehbare Gründe dagegensprechen, durchgesetzt.

o      Im Fall einer offenkundigen Kooperationsverweigerung werden die in den Fall investierten personellen sowie, nach Massgabe des Einzelfalls, auch die finanziellen Ressourcen reduziert.

Relationierung

Die Inhalte des Konzeptes bedeuten für die Situation, dass in erster Linie die Ressourcen des KL den Weg zum vereinbarten Ziel einer beruflichen Integration vorgeben. Die gemeinsam mit dem Klienten methodisch definierten Ziele und Herangehensweisen, die auch deckungsgleich mit denen der Sozialhilfe sind, sollen im Rahmen der Möglichkeiten auch von anderen in den Fall involvierten Personen weitergetragen werden, um eine kohärente Fallführung sicherstellen zu können. Als verantwortliche PSA sollen die Ziele verständlich dokumentiert werden und andere involvierte Personen darüber unterrichtet werden. Die Strategie, wie das Ziel erreicht werden soll, gehört folglich auch zu einer kohärenten Fallführung und ist mit den fallinvolvierten Personen abzusprechen. In Folge dessen sind involvierte Fachpersonen angehalten, die definierten Ziele weiterzuverfolgen und im Falle von Unstimmigkeiten, eine entsprechende Zieldefinitionsklärung mit der PSA und der Klientel anzustreben. Ist die Klärung der unterschiedlichen Strategien und Ziele nicht erfolgreich und besteht nach wie vor Uneinigkeit, entscheidet die PSA als Fallführung und Fallverantwortliche in letzter Konsequenz über die Vorgehensweise und Ziele.

 

 

5.4.3 Schnittstelle Existenzsicherung und Sozialberatung (ES) und Arbeitsintegrationszentrum (AIZ) – Nils

Leitfaden für Anmeldende ins Arbeitsintegrationszentrum (AIZ)

Der Leitfaden soll für Aussenstehende einen Einblick darüber ermöglichen, welche die Zuständigkeitsbereiche des AIZ sind und welche nicht. Es stellt den generellen Arbeitsablauf dar.

Zielgruppen (Leitfaden für Anmeldende ins AIZ: S.1) “Zur Zielgruppe zählen arbeitsfähige Personen, z.B.:

·         Arbeitsmarktnahe Personen

·         Personen mit mangelnden Sprachkenntnissen Junge Erwachsene von 18 bis 25 Jahren Erwachsene ohne Erstausbildung Alleinerziehende Personen

·         Personen mit fraglicher Motivation und ungenügender Mitwirkung Personen mit unklarer gesundheitlicher Situation

·         Personen mit prekären Einkommen

·         Personen, deren Arbeitsmarktfähigkeit fraglich ist

 

“Bei einer reduzierten Arbeitsfähigkeit (z.B. aufgrund Krankheit, Unfall, Invalidität, Ausbildung, laufendem Arbeitsverhältnis, usw.) sollte mindestens ein 50%-Pensum bei voller Arbeitsleistung möglich sein (bei WiedereinsteigerInnen nach Familienarbeit und Alleinerziehenden mindestens 30% ).

Bei einer wiederholten Zuweisung muss dargelegt werden, was sich seit der letzten Rückmeldung verändert hat und ob die Empfehlungen des AIZ umgesetzt werden konnten.”

Eingangsabklärung (Leitfaden für Anmeldende ins AIZ: S.2)

 

Das AIZ prüft vertieft, ob und wie es den/die Klienten/in unterstützen kann und legt das weitere Vorgehen fest.

Ergibt die Eingangsabklärung, dass der/die Klient/in voraussichtlich innert 12, in Ausnahmefällen bis zu 36 Monaten, eine Arbeitsmarktfähigkeit (siehe Anhang „Grundsätze Arbeitsmarktfähigkeit“) erreichen kann, beginnt der nachfolgend beschriebene Integrationsprozess.”

Integrationsprozess (Leitfaden für Anmeldende ins AIZ: S.3)

Sind die Voraussetzungen (die Punkte aus der Eingangsabklärung) gegeben, wird der Klient/die Klientin im AIZ abgeklärt, beraten und begleitet:

    Fähigkeiten und Potential werden überprüft.

    Lebensumstände werden hinsichtlich förderlicher und hinderlicher Faktoren für die Arbeitsintegration erörtert.

    Motivation und Mitwirkungsbereitschaft werden abgeklärt und gefördert.

    Individuelle Integrationspläne werden erstellt und durchgeführt. […]

Relationierung

Für diesen konkreten Fall bedeutet das, dass Klient zur Zielgruppe gehört und als Ausnahmefall (Alleinerziehender Elternteil) zu Beginn nur ein 30% Pensum erreichen müsste. Ausserdem hätte Klient Zeit, die erwartete Arbeitsmarktfähigkeit innerhalb von 36 Monaten zu erreichen. Des weiteren hätte PSA wegen der wiederholten Zuweisung eine kurze Rücksprache mit dem AIZ halten müssen, um aufzuzeigen, was sich bei der Situation des Klienten seit dem letzten Fallabschluss verändert hat.

 

5.4.4 SKOS Richtlinien Nils/Valeria

In den SKOS Richtlinien gibt es verschiedene Anhaltspunkte die der PSA helfen, ihre Position zu vertreten und somit die Zusammenarbeit im Grosssystem erleichtern.

Beispielsweise die Angebote zur beruflichen und sozialen Integration (SKOS A.2. c) Ziele der SH)

“Jede Person nimmt Verantwortung für sich selber wahr und trägt nach ihren Kräften zur Bewältigung der Aufgaben in Staat und Gesellschaft bei (Art. 6 BV). Die Sozialhilfe fördert die Eigenverantwortung durch Hilfe zur Selbsthilfe.

Die Sozialhilfe bietet aber auch Hilfestellungen, um individuelle Notlagen zu bewältigen und deren strukturelle Ursachen zu kompensieren. Wo die individuellen Ressourcen zur Verhinderung oder Überwindung einer Notlage fehlen, werden kompensierende Angebote zur Förderung der beruflichen und sozialen Integration bereitgestellt.” (https://rl.skos.ch/lexoverview-home/lex-RL_A_1: 4)

Relationierung

Für den konkreten Fall gibt dieser Punkt der PSA einen Grund um mit Coach darüber zu diskutieren, dass Sie als Mitarbeiterin der Arbeitsintegration ebenso an die SKOS Richtlinien gebunden ist und somit dem Klienten kompensierende Angebote bereitstellen muss, sodass dieser die Notlage überwinden kann.

 

 

das Individualisierungsprinzip (SKOS A.3. Prinzipien der SH)

“Nicht nur die wirtschaftliche Hilfe ist auf den Einzelfall anzupassen, sondern auch die persönliche Hilfe. Sie beinhaltet eine sorgfältige Situationsabklärung, Planung, Evaluation und den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses. Dies kann auch zum Ergebnis führen, dass auf Auflagen zur beruflichen Integration verzichtet wird, weil keine realistische Aussicht auf eine nachhaltige berufliche Integration besteht.” (ebd.: 7f)

Relationierung

Für diesen konkreten Fall heisst dies, dass Coach versucht sein muss ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und eine sorgfältige Situationsabklärung zu machen.

 

 

das Leistungs- und Gegenleistungsprinzip (SKOS A.3. Prinzipien der SH)

“Sozialhilfe hat neben ihrer subsidiären Funktion als unterstes Auffangnetz auch die Aufgabe zur Förderung der beruflichen und sozialen Integration beizutragen. Dazu werden besondere Arbeits- und Integrationsangebote zur Verfügung gestellt (Leistung). Die Teilnahme an geeigneten Angeboten kann verlangt werden (Gegenleistung).” (ebd.: 8)

Relationierung

Mit diesem Wissen kann PSA aufzeigen, dass Klient unter einer gewissen Verpflichtung steht und die Arbeitsintegration von der SH verlangt wird. Des weiteren kann erklärt werden, dass dementsprechend ein nicht wahrgenommener Termin nicht ausreicht um die Integrationsangebote einzustellen.

das Prinzip der Professionalität und Qualität (SKOS A.3. Prinzipien der SH)

“Sozialhilfe orientiert sich an einem positiven Menschenbild und an den Ressourcen der unterstützten Personen. Im Fokus steht die Maxime von angemessenem Fördern und Fordern. Dies setzt voraus, dass die Hilfe von Fachpersonen, namentlich der sozialen Arbeit, ausgerichtet wird und unterstützte Personen bedarfsgerecht beraten und begleitet werden.

Um die Anforderungen an einen professionellen Sozialdienst erfüllen zu können, ist den Vollzugsorganen ein ausreichender Ermessensspielraum zuzugestehen und sie müssen mit ausreichend personellen, finanziellen und strukturellen Ressourcen ausgestattet werden.” (ebd.: 9)

Relationierung

Für den konkreten Fall heisst das, dass die Ressourcen des Klienten berücksichtigt werden sollen und diesem eine konkretere Beratung und Begleitung zur Verfügung gestellt werden muss.

 

 

Beratung, Begleitung und Vermittlung (SKOS B.3. a) Inhalt, Art und Umfang persönlicher Hilfe)

“Die persönliche Hilfe ist grundsätzlich nicht beschränkt und kann neben Gesprächen auch Schreibhilfen, Unterstützung bei Arbeits- und Wohnungssuche, administrative Korrespondenz mit Sozialversicherungen bis hin zu aufwändigen Abklärungen umfassen.” (ebd.: 25)

Relationierung

Für die konkrete Situation bedeutet das, dass Coach nach dem nicht wahrgenommenen Termin, des Klienten, weitere Angebote anbieten muss. Sodass die persönliche Hilfe gewährleistet ist.

 

 

Berufliche und soziale Integration (SKOS C.6.7. Integrationszulage für Nichterwerbstätige (IZU))

“Die berufliche und soziale Integration ist unter Berücksichtigung der persönlichen Situation der Betroffenen zu planen und umzusetzen. Im Einzelfall, insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, ist eine professionelle Einschätzung (Potentialabklärung) einzuholen.” (ebd.: 70)

Relationierung

Dies bedeutet, dass Coach die persönliche Situation (in unserem Fall die Rolle als Vater) zu berücksichtigen hat und somit Termine und zeitliche Kapazitäten daran anzupassen sind.

 

 

Integrationsangebote (SKOS C.6.7. Integrationszulage für Nichterwerbstätige (IZU))

“Bei der Förderung der beruflichen und sozialen Integration wird den individuellen Ressourcen Rechnung getragen.

Die Sozialhilfeorgane sorgen dafür, dass den hilfesuchenden Personen geeignete, den lokalen und kantonalen Gegebenheiten angepasste Angebote zur Verfügung stehen und vermittelt werden (A.3). Geeignet ist ein Angebot, das den beruflichen Voraussetzungen, dem Alter, dem Gesundheitszustand, den persönlichen Verhältnissen und den Fähigkeiten der hilfesuchenden Person Rechnung trägt, ihre berufliche und soziale Integration ermöglicht oder fördert und dadurch den gesellschaftlichen Ausschluss verhindert.

Eine nachhaltige Förderung Betroffener kann nur dann gelingen, wenn eine breite Palette von Integrationsangeboten zur Verfügung steht. Massnahmen für die berufliche Integration sollen den Erwerb von Grund- und Schlüsselkompetenzen ebenso ermöglichen wie Arbeitstrainings in der Wirtschaft oder das Erlangen von anerkannten Ausbildungsabschlüssen.” (ebd.: 70f)

Relationierung

Für diesen konkreten Fall heisst dies, dass dem Klienten angepasste und geeignete Angebote zur Verfügung gestellt werden müssen und das Coach eine Verpflichtung hat, um die berufliche Integration zu fördern.

Diese Prinzipien geben der PSA Grundlage für ihr Handeln. Sie kann sich gegenüber dem Coach des AIZ auf die SKOS Richtlinien berufen. Aufgrund der individuellen Lage des Klienten können die Richtlinien und Voraussetzungen des AIZ angepasst werden, um die individuelle Förderung des Klienten zu garantieren.

 

5.4.5 Methodisch reflektierte Herangehensweise (Sozialhilferecht Guido Wizent) Nils/Valeria

Inbezugnahme des Individualisierungsprinzip ist im Buch Sozialhilferecht von Guido Wizent die Wichtigkeit der methodisch reflektieren Herangehensweise erläutert.

Wichtig für einen adäquaten Umgang mit dem Individualisierungsprinzip ist eine methodisch reflektierte, transparente und überprüfbare Herangehensweise. Dies sichert die rationale Diskussion der Ermessens- und Abwägungsentscheidungen. Es ist also wichtig, alle Entscheidungen die auf dem Individualisierungsprinzip basieren, immer sehr sorgfältig zu erarbeiten, transparent und fachlich zu begründen und alles zu protokollieren (vgl. Wizent 2020: 166f.).

Relationierung

Für die PSA bedeutet dies, dass ihr diese Herangehensweise hilft, ihre Ansichten und Entscheidungen, die die Förderung des Klienten betreffen, für Coach im AIZ transparent darzulegen. Dies ermöglicht Coach die Herangehensweise der PSA zu verstehen und nachzuvollziehen und ermöglicht ihr darauf eingehen zu können.

 

5.5    Fähigkeiten – Was muss ich als professionelle Fachperson können?

 

Welche Fähigkeiten unterstützen die PSA, mit dem AIZ adäquat zusammen zu arbeiten und dabei ihre Position zu vertreten?

·         Voraussetzungen und Rahmenbedingungen kennen, konkret:

·         Kenntnisse in Bezug auf Handlungslogik des AIZ sowie Rahmenbedingungen der Arbeitsintegration kennen und Handlungsspielräume zu Gunsten des Klienten ausloten können

·         Bewusstsein über die Verantwortung als Fallführende

·         Bewusstsein darüber haben, dass Involvierte in den Fall aus verschiedenen Disziplinen kommen

·         sich dem Auftrag der Sozialhilfe gegenüber dem Klienten bewusst sein (Rechte und Pflichten, Individualisierungsprinzip)

·         Weg finden, die Hilfe im Rahmen der Möglichkeiten den Bedürfnissen des Klienten anzupassen

·         Transparenz und Klarheit sowohl bezüglich interdisziplinärer Zusammenarbeit wie auch über den Unterstützungsprozess des Klienten schaffen können

·         Aufbau von Arbeitsbeziehungen sachlich bleiben und Ruhe bewahren Einfühlend verstehen und verhandeln können

 

Relationierung

Das Wissen über Voraussetzungen und Rahmenbedingungen hilft der PSA ihre Handlungen fachlich begründen zu können und gibt ihr eine Legitimation für ihre Entscheidungen.

Das Bewusstsein darüber, dass die Fallverantwortung bei der PSA liegt, hilft der PSA, dass sie ihre Führungsposition wahrnehmen kann. Es gibt der PSA sowie dem Coach Orientierung in der Entscheidungsbefugnis. Transparente Kommunikation fördert den Beziehungsaufbau und das Verständnis für den Verhandlungspartner. So können sich beide Seiten besser verstehen.

Es ist wichtig für die PSA zu verstehen, dass nicht alle Involvierten mit dem Hintergrund der Sozialen Arbeit in den Fall kommen. Das Bewusstsein darüber hilft ihr, Coach besser zu verstehen und wichtige Informationen über die Handlungslogiken der Sozialhilfe geben zu können. Am Besten ist es, wenn sich alle Involvierten über ihren Arbeitsauftrag bewusst sind. Allerdings kann auch schon PSA alleine mit diesem Wissen argumentieren und dem Coach Handlungsanweisungen geben. Mit dem Wissen über die Handlungslogiken der Sozialhilfe und des AIZ kann die PSA Handlungsspielräume im Interesse des Klienten aushandeln.

Die Arbeitsbeziehung aufzubauen und zu pflegen führt, wie aus dem Erfahrungswissen abgeleitet werden kann, zu einer angenehmeren und effizienteren interdisziplinären Zusammenarbeit. Dabei ist wichtig auf sein Gegenüber einzugehen und es verstehen zu wollen, um so die eigene Position in einer sachbezogenen Verhandlung vertreten zu können.

 

5.6    Organisationale, infrastrukturelle, zeitliche, materielle Voraussetzungen – Womit kann ich handeln?

 

Welche Ressourcen hat PSA zur Verfügung, um mit Coach zusammenzuarbeiten, zu verhandeln und ihre Position zu vertreten (um im Sinne der vereinbarten Ziele des Klientel zu arbeiten)?

·         Checkliste Sitzungsräume

·         Nutzung der Ermessensspielräume und des Individualisierungsprinzips, Standards des Verwaltungsverfahrens und der Fallführung

·         Vereinbarungen mit Klientel Dreiergespräche mit Klientel und Coach

·         Fallbesprechungen mit Vorgesetzten und Kolleg*innen, um Strategie und Herangehensweise rückversichern zu können —> 4-Augen Prinzip

 

 

Relationierung

Eine Checkliste hilft beim Gespräch alle wichtigen Punkte abzuarbeiten.

Da Sitzungsräume in der Sozialhilfe vorhanden sind, kann man diese nutzen um ein Gespräch, statt am Telefon, vor Ort zu führen. Ein Gespräch, bei dem sich beide Parteien sehen, hilft dem Beziehungsaufbau und fördert die Verständigung.

Die PSA hat viele Freiräume bei Entscheidungen und kann selbstständig eine Fallstrategie festlegen und diese Ermessensspielräume im Gespräch nutzen. Grundlegend dafür sind die genannten Handlungsweiser.

In jeder Situation ist es der PSA möglich sich mit der Teamleitung oder Kolleg*innen zu besprechen um Entscheidungen ad hoc treffen zu können.

 

5.7    Wertewissen – Woraufhin richte ich mein Handeln aus? Welches sind die zentralen Werte in dieser Situation, die ich als handelnde Fachperson berücksichtigen will?

 

Welche Werte sind für die PSA in dieser Situation handlungsleitend? In Bezug auf Zusammenarbeit/eigene Position vertreten.

 

 

Berufskodex Avenir Social – Valeria

Der Berufskodex dient Sozialarbeitenden als Orientierungshilfe, ihre Arbeit auf ethische Weise zu begründen. Er hält ethische Richtlinien (Werte) für das moralische berufliche Handeln in der Sozialen Arbeit fest (vgl.

AvenirSocial 2010: 5). Er dient den Sozialarbeitenden dabei, ihre Berufsauffassung zu entwickeln und Prinzipien des professionellen und berufsethischen Handelns vertreten zu können.

Der Berufskodex basiert auf internationalen Übereinkommen der UNO (vgl. ebd.: 6). Somit sind die Prinzipien der Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit für die Soziale Arbeit elementar (vgl. ebd.: 9). Basierend auf der Achtung der Menschenwürde und den Menschenrechten leiten sich folgende Grundwerte ab: Gerechtigkeit (Verpflichtungen zur: Zurückweisung von Diskriminierung, Anerkennung von Verschiedenheiten, gerechten Verteilung von Ressourcen, Aufdeckung von ungerechten Praktiken, Einlösung von Solidarität), Gleichheit, Freiheit, Gleichbehandlung, Selbstbestimmung, Partizipation, Integration, Ermächtigung, Wertschätzung, Vertrauen (vgl. ebd.: 9-11).

Leitende Grundsätze bezüglich der interprofessionellen Kooperation:

 

Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist für eine allumfassende Lösung von komplexen Problemen elementar

PSA stellen gewonnene Erkenntnisse aus ihrem fachspezifischen Standpunkt dar um gemeinsam bestmögliche Lösungen auszuhandeln

PSA fordern in der interprofessionellen Arbeit die Einhaltung von Rahmenbedingungen und Richtlinien (vgl. ebd.: 15).

 

 

Organisationale Werte – Grundlagenkonzept – Valeria

Im Grundlagenkonzept hält die Sozialhilfe folgende Grundwerte fest:

·         Wahrung der Menschenwürde

·         Chancengleichheit

·         Autonomie

·         Ausgehen von einem positiven Menschenbild (keine Werteurteile)

·         Auf Respekt und Akzeptanz basierende (interdisziplinäre) Zusammenarbeit

SKOS Richtlinien – Nils

Individualisierungsprinzip (SKOS A.3. Prinzipien der SH)

“Nicht nur die wirtschaftliche Hilfe ist auf den Einzelfall anzupassen, sondern auch die persönliche Hilfe. Sie beinhaltet eine sorgfältige Situationsabklärung, Planung, Evaluation und den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses. Dies kann auch zum Ergebnis führen, dass auf Auflagen zur beruflichen Integration verzichtet wird, weil keine realistische Aussicht auf eine nachhaltige berufliche Integration besteht.” (https://rl.skos.ch/lexoverview-home/lex-RL_A_1: 7f)

das Prinzip der Professionalität und Qualität (SKOS A.3. Prinzipien der SH)

“Sozialhilfe orientiert sich an einem positiven Menschenbild und an den Ressourcen der unterstützten Personen. Im Fokus steht die Maxime von angemessenem Fördern und Fordern. Dies setzt voraus, dass die Hilfe von Fachpersonen, namentlich der sozialen Arbeit, ausgerichtet wird und unterstützte Personen bedarfsgerecht beraten und begleitet werden.

Um die Anforderungen an einen professionellen Sozialdienst erfüllen zu können, ist den Vollzugsorganen ein ausreichender Ermessensspielraum zuzugestehen und sie müssen mit ausreichend personellen, finanziellen und strukturellen Ressourcen ausgestattet werden.” (ebd.: 9)

 

 

Relationierung

Der Berufskodex von Avenir Social und einzelne Punkte aus bereits erwähnten Dokumenten wie den SKOS Richtlinien und dem Grundlagenkonzept geben der PSA sowohl einen Ermessensspielraum vor, den sie auszuloten hat in Bezug auf die Bedarfslage des Klienten. Gleichzeitig bilden sie auch eine Vorgabe, die die PSA einzuhalten hat, insbesondere die Chancengleichheit und das Individualisierungsprinzip. Dies bedeutet, dass die PSA verpflichtet ist, bei der Verletzung dieser Werte bzw. bei Anzeichen von Ungleichbehandlung zu handeln.

Für die PSA in der Situation sind die Werte betreffend der interdisziplinären Zusammenarbeit wichtig. Die diesbezüglich im Berufskodex festgehaltenen Werte spiegeln sich auch im Grundlagenkonzept der Sozialhilfe wieder. So wird noch einmal hervorgehoben, wie wichtig die Sicherstellung einer profesionellen interdisziplinären Zusammenarbeit ist. Diese stellt sicher, dass für das Klientel die bestmöglichen Lösungen erarbeitet werden. Sie soll auf Respekt und Akzeptanz basieren. Handlungsleitend hier ist die Haltung der PSA, dem Klientel mit einem positiven Menschenbild zu begegnen, was sie auch seitens Coach einfordern soll.

Die Grundsätze und Verpflichtungen, die aus den Werten im Berufskodex abgeleitet werden, sind für die Arbeit der PSA handlungsleitend, in dieser Situation insbesondere die Gleichbehandlung, die Wertschätzung, das Einhalten der Rahmenbedingungen seitens Coach sowie der Grundsatz der Ermächtigung. Die PSA tritt in der Zusammenarbeit mit Coach für diese Grundsätze ein, da sie wahrnimmt, dass seitens Coach diese nicht eingehalten wurden.

 

Inwiefern ist der PSA der Q Standard gelungen?

 

 

Der PSA gelingt eine beziehungssensible Kommunikation und stellt den dafür angemessenen Raum für Verhandlungen mit anderen in den Fall involvierten Fachkräften zur Verfügung.

Teilweise erfüllt: PSA nimmt in der Situation wahr, dass es nicht der richtige Moment ist um emotional zu werden und versucht somit die Position der Vermittler*in zu bewahren. Ausserdem ist PSA versucht die Verhandlung voranzutreiben und möchte Coach Raum geben um Ihren Standpunkt zu vertreten. PSA äussert auch Verständnis für Coach.

 

 

Die involvierten Akteur*innen zeigen Motivation und Interesse, zielgerichtet gemeinsam Lösungen für die komplexen Probleme der Klientel auszuhandeln.

Teilweise erfüllt: PSA ist motiviert eine Lösung zu finden und versucht ihrem Klienten eine weitere Möglichkeit zu erhandeln. Ausserdem ist PSA versucht den Hintergrund des KL aufzuzeigen um so präventiv einen Abbruch der Arbeitsintegration zu verhindern. Das bedeutet, dass PSA nicht nur ihre eigene Motivation unter Kontrolle hat sondern auch, dass sie die Motivation und das Interesse anderer Professionellen ins Auge nimmt. Allerdings scheint es, dass die Motivation sich für den Klienten einzusetzen, von Coach, nicht wirklich verbessert wird.

 

 

Die PSA ist sich ihrer Position als fallführende Fachperson bewusst und kommuniziert transparent mit allen in den Fall involvierten Personen um die Zusammenarbeit zu sichern.

Teilweise erfüllt: PSA scheint sich nicht ganz darüber bewusst zu sein, dass sie als fallführende Fachperson die Entscheidungsmacht in ihren Händen hat. PSA ist jedoch umso mehr darum versucht transparent mit allen Parteien zu kommunizieren. PSA zeigt somit ihr Interesse um das Problem möglichst schnell zu lösen und die Zusammenarbeit zu realisieren.

 

 

Die PSA erkennt die unterschiedlichen Perspektiven der Akteur*innen und ist in der Lage, die unterschiedlichen Interessen abzuwägen und eine eigene fachliche Position einzunehmen.

Erfüllt: Die PSA hat die Interessen und Befürchtungen des Klienten eingeholt und mit der Beiständin abgesprochen. Mit dem Telefonat versucht sie die Beweggründe der Coach herauszufinden. Somit ist PSA daran, sich ein eigenes Bild von der Situation zu machen, um so die eigene fachliche Position einzunehmen.

 

 

Die PSA vertritt die Rahmenbedingungen und Pflichten der Sozialhilfe gegenüber der Klientel und den involvierten Partner*innen und berücksichtigt dabei das Individualisierungsprinzip.

Teilweise erfüllt: Die PSA ist gewillt, die Rahmenbedingungen und Pflichten der SH umzusetzen und erledigt Verhandlungsarbeiten zwischen dem AIZ und Klientel wenn dies nötig ist. PSA arbeitet nach dem Individualisierungsprinzip und versucht dieses auch bei Mitarbeitenden zu stärken. PSA geht auf die individulle Situation des Klientels ein. Sie kennt die persönliche Situation des Klienten und konnte so ein Vertrauensverhältnis aufbauen, in dem sie mit KL gemeinsam sorgfältig passende Lösungsansätze und Kleinziele erarbeitet hat. PSA versucht auch Verständis für Klienten bei Coach zu erzeugen.

 

Jedoch ist sich PSA nicht ganz im Klaren über die Rahmenbedingungen des AIZ. So kennt PSA (und auch Coach ) nicht alle Punkte des Leitfadens für Anmeldende ins AIZ. Wie zum Beispiel die Anforderung, dass KL 12 (allenfalls sogar 36) Monate Zeit hat, die Arbeitsmarktfähigkeit zu erreichen.

Was kann PSA tun um die Standards besser zu erreichen?

 

 

Der PSA gelingt eine beziehungssensible Kommunikation und stellt den dafür angemessenen Raum für Verhandlungen mit anderen in den Fall involvierten Fachkräften zur Verfügung.

Um die beziehungssensible Kommunikation gezielter zu gewährleisten, könnte PSA versuchen Coach noch besser zu verstehen. In dem PSA nach Äusserungen des Coach beispielsweise nachfragt: “Habe ich das richtig verstanden, dass…?”. So werden Missverständnisse vermieden. Ausserdem könnte PSA die Potenziale der Metakommunikation nutzen, um eine gelingendere Kommunikation anzustreben. Dies beinhaltet beispielsweise das Kommunizieren von eigenen Emotionen oder dem Empfinden über die laufende Verhandlung. Mit diesem Schritt zurück kann die PSA die Verhandlung oder generell ein Gespräch besser leiten und mögliche Störungen ansprechen und so möglicherweise aushandeln. Diese Klarheit hilft Verhandlungen und Aushandlungen durchzuführen.

PSA kann sich auch überlegen, ob es sinnvoll sein könnte, ein bevorstehendes Gespräch vor Ort und nicht am Telefon durchzuführen (und allenfalls Klienten miteinzubeziehen). So kann Kommunikationsstörungen auf der Beziehungsebene vorgebeugt werden und es ist besser möglich eine beziehungssensible Kommunikation zu gestalten.

 

 

Die involvierten Akteur*innen zeigen Motivation und Interesse, zielgerichtet gemeinsam Lösungen für die komplexen Probleme der Klientel auszuhandeln.

 

PSA ist motiviert im Interesse des Klientel zu handeln. Sie stösst dabei jedoch seitens Coach auf Desinteresse. Hier ist es wichtig, dass PSA ihre Frustation offen anspricht und auch die Metakommunikation al sMittel zur Hilfe nimmt und ihre Wahrnehmung des Desinteresses als Störfaktor konkret anspricht.

Um zusätzlich auch das Interesse bei anderen Involvierten Personen erfolgreicher anzuregen, bietet das Harvard Konzept einige Handlungsanweisungen. In der Vorbereitung auf die Verhandlung, ist es wichtig, dass PSA sich mit ihren eigenen Vorstellungen auseinandersetzt um hier mögliche realitätsferne Wünsche und Störfaktoren aufzudecken.

Zu Beginn einer solchen Zusammenarbeit ist es wichtig den Fokus auf die zwischenmenschliche Beziehung zu setzen. Hierbei helfen kurze Smalltalks zum Einstieg der Gespräche, um das Gegenüber besser kennenzulernen und gleichzeitig eine gute Stimmung zu schaffen, sodass die Verhandlung mit möglichst optimalen Bedingungen beginnen kann. Ausserdem kann Mensch dabei versuchen, Informationen bezüglich der Interessen und Emotionen der/des Verhandlungspartnerin/s herauszufinden. Im Wissen darüber kann PSA allfällige Störungen auf der emotionalen Ebene auflösen.

In der weiteren Verhandlung ist es wichtig, dass beide Seiten sich wirklich verstehen (in die andere Person einfühlen). Hier kann es helfen explit nachzufragen und Äusserungen des Gegenübers nochmal wiederzugeben. So werden Missverständnisse verringert.

Indem PSA die für sie handlungsleitenden Dokumente zur Unterstützung beizieht, kann sie auf diese verweisen und zusammen mit Coach AIZ eine Basis gemeinsamen Verstehens bezüglich Rechten und Pflichten aller Involvierten erarbeiten.

Um den Raum für die gemeinsame Verhandlung noch mehr zu öffnen, kann PSA auch konkret nach Lösungsvorschläge der Gegenseite fragen.

Die PSA ist sich ihrer Position als fallführende Fachperson bewusst und kommuniziert transparent mit allen in den Fall involvierten Personen um die Zusammenarbeit zu sichern.

Im Vorfeld kann PSA sich gemäss den Grundlagenkonzepten und anderer handlungsleitender Wissensgrundlagen ein Bild darüber machen, ob sie die fallführende Fachperson ist. So kann sie im konkreten Gespräch selbstbewusst auftreten und aus einer klaren und begründbaren Position heraus kommunizieren.

Das Ansprechen von Emotionen unterstützt eine transparente Kommunikation. PSA soll in Verhandlungen ihre eigenen Emotionen wahrnehmen und ansprechen – wie auch die wahrgenommenen Emotionen des Gegenübers. Dies aktiv zu tun, verhilft beiden Anwesenden die jeweils andere Sichtweise besser zu verstehen. Ausserdem kann dieser Vorgang weitere Einflüsse auf den späteren Verlauf der Situation haben.

Beispielsweise können Störungen entdeckt werden, Verständnis für das Gegenüber geschaffen werden und zeitgleich ein möglicher Beziehungsaufbau mit dem Gegenüber stattfinden. Diese Beziehung kann nicht nur im momentanen Fall hilfreich sein sondern auch für die potentielle zukünftige Zusammenarbeit.

 

 

Die PSA erkennt die unterschiedlichen Perspektiven der Akteur*innen und ist in der Lage, die unterschiedlichen Interessen abzuwägen und eine eigene fachliche Position einzunehmen.

Auch hier ist es wichtig für PSA zu überlegen, ob es sinnvoll wäre das bevorstehende Gespräch vor Ort durchzuführen. So können die Perspektiven aller Beteiligter klar dargelegt und verstanden werden und gemeinsam ein Vorgehen ausgehandelt werden.

Dabei ist es wichtig, dass PSA sich bewusst ist, dass alle Beteiligten mit ihrer eigenen Sichtweise/Wirklichkeit in den Fall kommen. Um diese Sichtweisen einzuholen, ist es wichtig, dass PSA ihre eigene darlegt und offen (auch über ihre Emotionen) kommuniziert. Um ihre Sichtweise zu untermahlen und für andere zugänglich zu

 

machen, hilft eine saubere Dokumentation und der Miteinbezug der fallrelevanten Konzepte und Handlungsgrundlagen.

 

 

Die PSA vertritt die Rahmenbedingungen und Pflichten der Sozialhilfe gegenüber der Klientel und den involvierten Partner*innen und berücksichtigt dabei das Individualisierungsprinzip.

Das bewusste Vorbereiten und Vergegenwärtigen von Wissensgrundlagen wie Rahmenbedingungen des AIZ etc. im Vorfeld einer Kontaktaufnahme mit einer involvierten Fachperson, verhilft der PSA zu mehr Sicherheit, um im Gespräch selber anwaltschaftlich für den Klienten einzustehen und in dieser Position zu bleiben.

Das Wissen über diese Rahmenbedingungen unterstützt PSA in ihrer Argumenation und erweitert somit auch ihren Handlungsspielraum.

 

PSA ist sich auch über die mit dem Klientel vereinbarten Ziele bewusst und kann diese (anhand vom Grundlagenkonzept, Leitfaden AIZ, Individualisierungsprinzip, etc.) transparent und fachlich begründen. Dies hilft Coach, die Beweggründe von PSA besser nachzuvollziehen und darauf eingehen zu können. Den die Ziele und die Handlungsschritte, die mit dem Klientel vereinbart wurden und die deckungsgleich mit den Vorgaben der Sozialhilfe sind, sollen auch von den anderen fallinvolvierten Personen weitergetragen werden. PSA trägt die Verantwortung, dass dies geschieht und dass mit den fallinvolvierten Personen gemeinsam Strategien entwickelt werden um diese Ziele zu erreichen. Auch wird so eine kohärente Fallführung sichergestellt.

  • Erbacher, Christian E. (2010): Grundzüge der Verhandlungsführung (3. Auflage). Zürich: vdf.
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  • Götz, Erika/Käser, Nadine (2019). Verhandeln in Kooperationsprozessen. In: Amstutz, Jeremias/Kaegi, Urs/Käser, Nadine/Merten, Ueli/Zängl, Peter (2019). Kooperation kompakt: Kooperation als Strukturmerkmal und Handlungsprinzip der Sozialen Arbeit. Ein Lehrbuch (2 Auflage). Opladen, Berlin, Toronto: Barbara Budrich GmbH.
  • Müller, Mathias “Verhandlungs- und Aushandlungsprozesse: Das Harvard-Konzept URL: https://www.der- paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Schwerpunkte/Migration/doc/MBE/Verhandlungsfuehrung_2017.pdf [Zugriffsdatum: 09. April 2022]
  • Rolff, Benjamin (2021). Kooperation statt Konflikt Mit dem Harvard-Konzept kreative, kooperative Lösungen schaffen. In: Dahm, Markus H. (2021). Kooperationsmanagement in der Praxis: Lösungsansätze und Beispiele erfolgreicher Kooperationgestaltung.
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