Essenssituation gestalten / Partizipation ermöglichen / Wohnheim für beeinträchtigte Erwachsene

Stichwörter:

Bei meiner Arbeit auf einer Wohngruppe, für 8 Menschen mit einer geistigen und/oder einer mehrfachen Beeinträchtigung, kommt es bei den Essenssituationen immer wieder dazu, dass einige Klienten auf Grund ihrer Beeinträchtigung weniger teilhaben können, als andere. Hier spielen verschiedenste Aspekte eine Rolle, so weisen einige BewohnerInnen schwerste mehrfache Beeinträchtigungen auf, andere haben hingegen lediglich eine leichte geistige Beeinrächtigung. In meiner Schlüsselsituation werde ich meinen Fokus auf eine Klientin (K.) legen, welche eine mehrfache Beeinträchtigung, das heisst konkret einen psychomotorischen Entwicklungsrückstand, eine Cerebralparese, Epilepsie und Spastik aufweist. Auf Grund ihrer Beeinträchtigung besitzt K. nur eine sehr limitierte Lautsprache, lediglich „Ja“ und „Nein“, zu dem ist sie auf einen Rollstuhl und eine vollumfängliche Unterstützung bei der Verrichtung ihres Alltags angewiesen.

Als das Abendessen von uns, jeweils 2 BewohnerInnen und eine PSA, auf der Wohngruppe zubereitet war, holten sich die BewohnerInnen ihr Essen und begaben sich alle zu Tisch. K. sass neben E., eine Mitbewohnerin K.’s und, mir, damit ich ihr das Essen eingeben konnte. Bereits bei der Essensausgabe konnte K. partizipieren, denn ich fragte aktiv bei ihr nach, ob sie alle Komponenten des Abendessens mag. Dies bejahte K. vehement und nickte heftig. Wir begannen zu Essen.

Als ich mich kurz mit meinem eigenen Teller beschäftigte und gerade etwas essen wollte, griff K. nach meinem Arm und forderte mich so auf, ihr doch beim Essen bzw. Trinken zu helfen. Darauf folgte ein mir schadenfreudig wirkendes Lachen, als ich das Besteck niederlegte. Ich musste erst mit geschlossenen Fragen herausfinden, was sie genau von mir wollte. Sie bejahte meine beiden Fragen nach dem Essen und Trinken. Also gab ich ihr beides ein.

Während dem Essen kamen am Tisch Gespräche über die bevorstehenden Weihnachtstage auf, K. begann sofort freudig zu lächeln und zu jubeln. Sofort stiegen einige der anwesenden BewohnerInnen darauf ein und begannen K. mit Fragen zu bombardieren. Ich bot ihr meine Hilfe und Assistenz als Dolmetscherin an, um all diese Fragen ihrer Mitbewohnenden zu beantworten. Zudem fragte ich bei ihr mit geschlossenen Fragen nach, was sie zu Beginn der Situation eigentlich erzählen wollte- K. verneinte die ersten Fragen alle, aber die Frage danach ob sie erzählen wolle, dass sie zu ihren Eltern nach Hause gehe, bejahte sie vehement und freudestrahlend. Die anderen BewohnerInnen hörten K. aktiv zu, sie fragten nach und so wurde K.  vollumfänglich in das Gespräch einbezogen. Alle genossen diesen Moment, es wurde viel zusammen gelacht, K. war in das Gespräch eingebunden und wertgeschätzt worden und die anderen BewohnerInnen konnten mehr oder weniger frei mit ihr kommunizieren. Die Funktion als Sprachrohr von K. behielt ich solange inne bis K. all meine Nachfragen verneinte, auch die, ob sie noch etwas Weiteres erzählen wolle.

Als alle am Tisch ihr Essen verspeist hatten, kam die obligate Frage nach einem Kaffee auf, auch hier konnte K. partizipieren und die Frage klar bejahen. L. eine Mitbewohnerin K.’s sprang auf und bereitete K. einen Becher Kaffee zu, welchen sie K. an den Tisch brachte und dabei gestikulierte wie ein Kellner aus einem 5-Sterne Restaurant. Nach dem Kaffeetrinken und noch etwas Kaffeeklatsch wurde die Runde aufgehoben und alle Beteiligten verrichteten ihre Ämtli oder begaben sich in Richtung ihrer Zimmer oder des Wohnzimmers. K. ist jeweils eine der Ersten, die ins Zimmer will. Nach dem langen Tag, den sie mehr oder weniger in ihrem Rollstuhl verbringt, ist sie froh sich hinzulegen und einen gemütlichen Fernsehabend zu verbringen.

Erste Sequenz

Als das Abendessen von uns, jeweils 2 BewohnerInnen und eine PSA, auf der Wohngruppe zubereitet war, holten sich die BewohnerInnen ihr Essen und begaben sich alle zu Tisch. K. sass neben E., eine Mitbewohnerin K.’s und mir, damit ich ihr das Essen eingeben konnte. Bereits bei der Essensausgabe konnte K. partizipieren, denn ich fragte aktiv bei ihr nach, ob sie alle Komponenten des Abendessens mag. Dies bejahte K. vehement und nickte heftig. Wir begannen zu Essen.

Während dieser Situation sass K. bereits an ihrem Platz am Tisch, welcher sich gut und gerne 5 Meter von der Kücheninsel, wo das Essen geschöpft wurde, befindet.

Reflection in Action

  • Emotion Klient/in: Ich fühle mich durch die räumliche Distanz zum Geschehen (Essensausgabe) etwas in meiner aktiven Teilhabe eingeschränkt. Ich werde zwar gefagt, ob ich alle Komponenten des Essens mag, habe aber die Möglichkeit nicht mir diese anzusehen, bevor mein Teller vor mir auf dem Tisch steht. Es besteht immerhin noch die Möglichkeit, dass ich zwar die verschiedenen Komponenten des Essens mag, aber nicht deren Zubereitungsart, welche nun mal von PSA zu PSA unterschiedlich ist. Ich fühle mich dadurch, dass die PSA mich fragt, was ich essen möchte, wenigstens ein wenig in die Situation einbezogen und ernst genommen.
  • Emotion Professionelle/r: Ich freue mich mit K., da sie sich anscheinend sehr auf das Abendessen freut.
  • Kognition Professionelle/r: Für mich ist diese Situation alltäglich, so wird mit K. tägtäglich das Essen ausgewählt. Mir ist teils bewusst, dass K. nur bedingt Teilhabe erleben kann, dies versuche ich aber duch das Nachfragen bei K. möglichst auszugleichen.

 

 

Zweite Sequenz

Als ich mich kurz mit meinem eigenen Teller beschäftigte und gerade etwas essen wollte, griff K. nach meinem Arm und forderte mich so auf, ihr doch beim Essen bzw. Trinken zu helfen. Darauf folgte noch ein wie mir scheint schadenfreudiges Lachen, als ich das Besteck niederlegte. Ich musste erst mit geschlossenen Fragen herausfinden, was sie genau von mir wollte. Sie bejahte meine beiden Fragen nach dem Essen und Trinken. Also gab ich ihr beides ein.

Reflection in Action

  • Emotion Klient/in: Ich finde es lustig, die PSA dabei zu stören, wenn sie selbst etwas essen will. Ich bin etwas schadenfreudig. Wenn ich nun auch noch hungrig und/oder durstig bin, will ich auch nicht warten, sondern sofort etwas essen und/oder trinken. Ich fühle mich zudem durch die PSA, welche umgehend auf meine Aufforderung eingeht, erstgenommen. 
  • Emotion Professionelle/r: Mich stört das Auffordern durch K. nicht, ich bin ja dafür da, ihr das Essen einzugeben. Das schadenfreudige Lachen, dass mir entgegenschlägt, als ich mein Besteck niederlege, hinterlässt bei mir einerseits das Gefühl veräppelt worden zu sein, andererseits freue ich mich mit K. mit. Denn diese Aktion bringt sie ins Zentrum des Geschehens und sie erhascht kurze Zeit die Aufmerksamkeit der gesamten Gruppe.
  • Kognition Professionelle/r: Ich bin mir bewusst, dass K. vollumfänglich auf meine Hilfe angewiesen ist. Für mich hat das Eingeben des Essens bei K. daher klar Priorität.

 

 

Dritte Sequenz

Während dem Essen kamen am Tisch Gespräche über die bevorstehenden Weihnachtstage auf, K. begann sofort freudig zu lächeln und zu jubeln. Sofort stiegen einige der anwesenden BewohnerInnen darauf ein und begannen K. mit Fragen zu bombardieren. Ich bot ihr meine Hilfe und Assistenz als Dolmetscherin an, um all diese Fragen ihrer Mitbewohnenden zu beantworten. Zudem fragte ich bei ihr mit geschlossenen Fragen nach, was sie zu Beginn der Situation eigentlich erzählen wollte- K. verneinte die ersten Fragen alle, aber die Frage danach ob sie erzählen wolle, dass sie zu ihren Eltern nach Hause gehe, bejahte sie vehement und freudestrahlend. Die anderen BewohnerInnen hörten K. aktiv zu, sie fragten nach und so wurde K. vollumfänglich in das Gespräch einbezogen. Alle genossen diesen Moment, es wurde viel zusammen gelacht, K. war in das Gespräch eingebunden und wertgeschätzt worden. Die anderen BewohnerInnen konnten mehr oder weniger frei mit ihr kommunizieren. Die Funktion als Sprachrohr von K. behielt ich solange inne bis K. all meine Nachfragen verneinte, auch die, ob sie noch etwas Weiteres erzählen wolle.

Reflection in Action

  • Emotion Klient/in: Ich freue mich sehr auf Weihnachten, ich kann nämlich meine Eltern zu Hause besuchen und sehe meine Geschwister und deren Familien wieder einmal. Ich fühle mich von meinen Mitbewohnern geachtet, gewertschätzt und freue mich sehr, dass sie sich alle für mich und meine Situation interessieren. Ich bin zwar etwas traurig, dass ich nicht einfach so drauflos erzählen kann, bin aber froh, dass die PSA mir dabei hilft und ich so meinen Mitbewohern auch erzählen kann, dass ich zu meinen Eltern gehen kann. Ich freue mich, wenn ich in der Runde auch einmal etwas von mir erzählen kann.
  • Emotion Professionelle/r: Ich freue mich mit K. mit, ihre Freude ist spürbar und sehr ansteckend. Die gesamte Gesprächssituation erfüllt mich mit Freude und Stolz, denn die Kommunikationskultur auf der Wohngruppe war nicht immer so offen, es war ein hartes Stück Arbeit die Kommunikationskultur auf diesen Stand zu bringen.
  • Kognition Professionelle/r: In dieser Situation spiele ich als PSA eine Nebenrolle, ich bin lediglich dafür da K. eine Stimme zu geben und sie bei der Äusserung ihrer Gefühle und Gedanken zu unterstützen.

 

 

Vierte Sequenz

Als alle am Tisch ihr Essen verspeist hatten, kam die obligate Frage nach einem Kaffee auf, auch hier konnte K. partizipieren und die Frage klar bejahen. L. eine Mitbewohnerin K.’s sprang auf und bereitete K. einen Becher Kaffee zu, welchen sie K. an den Tisch brachte und dabei gestikulierte wie ein Kellner aus einem 5-Sterne Restaurant. Nach dem Kaffeetrinken und noch etwas Kaffeeklatsch wurde die Runde aufgehoben und alle Beteiligten verrichteten ihre Ämtli oder begaben sich in Richtung ihrer Zimmer oder des Wohnzimmers. K. ist jeweils eine der Ersten, die ins Zimmer will. Nach dem langen Tag, den sie mehr oder weniger in ihrem Rollstuhl verbringt, ist sie froh sich hinzulegen und einen gemütlichen Fernsehabend zu verbringen.

Reflection in Action

  • Emotion Klient/in: Ich fühle mich von L. erstgenommen, sie geht auf meinen Wunsch nach einem Kaffee ein. Ich finde es lustig, wenn L. beim Servieren des Kaffees herumalbert. Den Smalltalk den es jeweils beim Kaffeetrinken noch gibt, geniesse ich eher aus der Distanz. Nach dem Kaffee bin ich jeweils froh, wenn die PSA mich ins Zimmer begleitet, so dass ich mich hinlegen kann.
  • Emotion Professionelle/r: L. macht wieder einmal eine lustige Show. Ich geniesse es jeweils, wenn eine lockere Stimmung herrscht.
  • Kognition Professionelle/r: Dass K. sich immer ruhiger verhält, veranlasst mich dazu vorwärts zu machen, so dass ich sie bei der ersten Willensäusserung K.’s, sie wolle ins Zimmer, begleiten kann.

5.1      Erklärungswissen – Warum handeln die Personen in der Situation so?

Was beeiflusst K. beim Treffen von Entscheidungen?

  • Selbstbestimmung:
    Rudi Sack (2009, S. 105f) beschreibt Selbstbestimmung als einen dialogischen Prozess. So kann unter Selbstbestimmung nicht eine reine egoismusorientierte Haltung verstanden werden, bei der jeder tun und lassen kann, was er will. Wäre eine Gesellschaft in dieser Weise orientiert, käme das Darwinistische Prinzip zum tragen, woraus Menschen mit einer Beeinträchtigung sicher keine Vorteile ziehen könnten. So heisst Selbstbestimmung zum einen von anderen so akzeptiert zu werden wie man ist, so dass Individuen keinen fremdbestimmten Änderungsinteressen unterworfen werden. Zum anderen heisst Selbstbestimmung auch sich in einen wechselseitigen Interessenaustausch zu begeben, der sowohl das eigene, aber auch das Wohl anderer Individuen berücksichtigt. Laut Sack muss hier bei der Beziehung von PSA zu den BewohnerInnen eine Modifizierung vorgenommen werden. Denn die BewohnerInnen sind die Kunden der PSA und somit sind deren Wünsche klar denen der PSA übergeordnet.
    → K. hat in den Jahren, in denen sie in unserer Institution lebt, langsam gelernt selbstbestimmter zu leben. In dieser Situation kann  K, klar äussern was sie essen will. K. hat bezüglich des eigenen “Geltungsbereichs” ihrer Selbstbestimmung einen guten Mittelweg gefunden. So erkennt sie auf Grund ihrer Empathiefähigkeit trotz ihrer geistigen Beeinträchtigung gut, wo ihre persönlichen Wünsche mit den Wünschen anderer BewohnerInnen kollidieren und kann dann jeweils gut abschätzen, ob ihr Wunsch in Anbetracht dessen umsetzbar ist oder eben nicht.

Was veranlasst K. in der Schlüsselsituation so zu agieren und reagieren?

  • Lernen am Effekt / operantes Konditionieren:
    Unter Lernen am Effekt verstehen Nolting und Paulus (2009, S.79) eine Lernart, deren entscheidenden Bedingungen in den Effekten (Konsequenzen) des Verhaltens zu finden sind. Aufgrund der positiven oder negativen Effekte einer Handlung, werden bestimmte Handlungsweisen mehr oder weniger häufig gezeigt. Laut Nolting und Paulus können die Effekte an denen gelernt wird in fünf Typen unterschieden werden: 
  1. ein positiver Effekt tritt ein: Es findet eine positive Bekräftigung statt.
    → K. hat gelernt, dass ich mich wieder ihr und ihrem Essen zuwende, wenn sie mich am Arm packt. Sie hat also mit ihrem Verhalten, bei mir eine gewünschte Reaktion erzielt, was sie dazu veranlasst dieses Verhalten mir gegenüber immer wieder zu zeigen. 
  2. ein negativer Zustand hört auf oder wird vermieden: Es findet eine negative Bekräftigung statt, sie wird ebenfalls als positiv erlebt, denn es erleichtert die aktuelle Situation.
    → K. ist hungrig und durstig, ihre Handlung mich am Arm zu packen führt dazu, dass ihre Bedürfnisse Essen, Drinken und Kommunizieren befriedigt werden.
  3. ein negatives Ereignis tritt ein: Es findet eine aversive Bestrafung statt.
    → K. wird von einigen PSA gebeten zu warten bis diese selbst zu Ende gegessen haben. Geschieht dies mehrmals bei der selben Person, so zeigt K. ihr Verhalten bei dieser Person nicht mehr oder zumindest weniger häufig.
  4. etwas positives wird entzogen: Es wird ein Verlust herbeigeführt.
  5. ein Verhalten bleibt ohne Effekt: Es findet eine Nichtbekräftigung oder Löschung statt.
    → Einige PSA reagieren nicht oder nur sehr verzögert auf das Verhalten K.’s. Auch in diesem Fall verschwindet das Verhalten bei K. zusehens, jedenfalls in der Interaktion mit den ignorierenden Personen. In diesen Situationen beginnt K. vermehrt zu krampfen, sie weint und/oder zieht ein Gesicht wie 7 Tage Regenwetter.

Welche Eigenschaften von Seiten K.’s beeinflussen die Situation?

  • Ausstattung und Macht (nach Silvia Staub-Bernasconi) : Hier lehne ich mich an ein Arbeitshilfsmittel von Salvator Cruceli, Dozent der BFH Soziale Arbeit (2011) an, dies da Staub- Bernasconi  meiner Meinung nach die Ganzheit eines Individuums in ihrer Denkfigur erfasst.

Ausstattung
Jeder Mensch ist individuell mit Faktoren ausgestattet, welche sowohl Ressource als auch Problemursache sein können. Ich gehe hier ganz kurz auf die einzelnen Aspekte ein:

  1. Körperliche Ausstattung (Umwelt innen): Gesundheit, Geschlecht, Körpergrösse, Gewicht, Alter, Hautfarbe, physische Attraktivität.
    → Gesundheit: K. hat eine mehrfache Beeinträchtigung, ist ansonsten aber gesund.
    → Geschlecht: K. ist weiblich.
    → Körpergrösse: K. ist ca. 1.65 m gross
    → Gewicht: K. ist 55 kg schwer.
    → Alter: K. ist 45 Jahre alt.
    → Hautfarbe: K. hat eher eine blasse Hautfarbe.
    → physische Attraktivität: K. ist eine attraktive Frau, welche die ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen weiss.


  2. Sozioökonomische Ausstattung (Umwelt aussen): Bildung, Arbeit, Beschäftigung, Einkommen, Vermögen und die daraus resultierende gesellschaftliche Position.
    → Bildung: K. hat eine Heilpädagogische Tagesschule besucht.
    → Arbeit: K. arbeitet heute in einem Atelier unserer Institution, also in einer geschützten Arbeitsstätte.
    → Beschäftigung: K. geht einer leichten handwerklichen Beschäftigung nach, wobei K. stets Handführung braucht.
    → Einkommen: K. bekommt eine IV Rente, welche zur Finanzierung des Heimplatzes dient. K. erhält aus ihrer Arbeit im Atelier einen kleinen Lohn zu ihrer freien Verfügung.
    → gesellschaftliche Position: K. hat auf Grund der oben genannten Faktoren eine eher niedrige gesellschaftliche Position.


  3. Sozioökologische Ausstattung (Umwelt aussen): Wohnsituation, infrastrukturelle Ausstattung der Wohnumgebung, Merkmale des Arbeitsplatzes, des Bildungsplatzes und der stationären Einrichtung.
    → Wohsituation: K. wohnt mit sieben anderen Menschen mit einer kognitiven oder mehrfachen Beeinträchtigung zusammen in einer Wohngemeinschaft.
    → Infrastrukturelle Ausstattung der Wohnumgebung: Die Wohngruppe in der K. lebt befindet sich zusammen mit zwei weiteren Wohngruppen an einer Aussenstelle unserer Institution. Diese Aussenstelle liegt etwas ausserhalb eines kleinen Dorfes. 
  • Freizeit: In der näheren Umgebung gibt es (fast) keine Freizeitangebote, welche K. besuchen könnte. Lediglich das Naherholungsgebiet bietet K. einige Wege, welche K. mit Hilfe einer PSA nutzen kann.
  • Konsum: Das Nachbardorf bietet mehrere Einkaufsmöglichkeiten, mehrere Kaffees und Restaurants. Diese Angebote liegen jedoch alle ca. 15 Geh- und 5 Fahrminuten von der Wohngruppe entfernt.
  • medizinische Versorgung: K.’s Hausarzt praktiziert im Nachbardorf. Der Neurologe befindet sich in der nächsten Stadt, ca. 20 Fahrminuten entfernt. Das nächste Spital befindet sich ebenfalls ca. 20 Fahrminuten entfernt.
  • kulturelle Versorgung: Will K. ein Kino, ein Theater oder ein Konzert besuchen, muss sie ebenfalls mindestens 15 Minuten Weg auf sich nehmen.
  • verkehrstechnische Versorgung: Die nächste Bushaltestelle befindet sich ca.  5 Gehminuten von der Wohngruppe entfernt, wobei der Weg teils an einer stark befahrenen Strasse vorbeiführt.
  • Merkmale des Arbeitsplatzes: K. arbeitet in einem internen Atelier der Stiftung, wo leichtere handweckliche Arbeiten ausgeführt werden.
  • Merkmale der stationären Einrichtung: K. lebt auf einer der 3 Aussenwohngruppen der Stiftung, auf welcher 10 PSA mit der Pflege und Begleitung der 8 BewohnerInnen betraut sind.

     

     


4. Ausstattung mit Erkenntniskompetenzen: Hierbei handelt es sich um Eigenschaften der Informationsverarbeitung, Aufnahme von Informationen, ordnen und Sinn erzeugen und die Erkenntniskompetenzen als Produkt des Prozesses der Informationsaufnahme durch Sinnesorgane und der Informationsverarbeitung im Gehirn .
→ Eigenschaften der Informationsverarbeitung: K. besitzt folgende Eigenschaften der Informationsverarbeitung:

  • Empfinden
  • Erleben
  • Mitgefühl
  • Emotionen
  • Denken
  • Lernen
  • Aufmerksamkeit
  • Wahrnehmung

→ Aufnahme von Informationen, ordnen und Sinn erzeugen: Auch diese Kompetenz besitzt K., wenn auch nur in einem limitierten Rahmen, welcher komplexe  Zusammenhänge ausschliesst.

→ Erkenntniskompetenzen als Produkt des Prozesses der Informationsaufnahme durch Sinnesorgane und der Informationsverarbeitung im Gehirn: K. hat eine Schädigung des Gehirns, die es ihr verunmöglicht komplexe Situationen vollumfänglich wahrzunehmen und im Gehirn zu verarbeiten. 

→ Bei den Erkenntniskommpetenzen können drei Ebenen (Grundorientierungen) unterschieden werden:

 

  • sinnlich-emtional: Diese Ebene wird sicher K.’s Grundorientierung sein, denn K. ist eine sehr emotionale Person und fällt sämtliche Entscheidungen nach dem Prinzip Lust vs. Unlust.
  • normativ: Auch diese Ebene spielt bei K. eine Rolle, sie kann klar zwischen richtig und falsch unterscheiden.
  • kognitiv: Diese Ebene spielt bei K. eine passive Rolle, sie ist eher ein Bauchmensch und entscheidet nicht rational.


5. Symbolische Ausstattung (Modell):
Bei der symbolischen Ausstattung handelt es sich um Deutungsmuster, Symbolsysteme, Erwartungen, usw. Dabei spielen verschiedene Wissenformen, wie Bilder, Alltagstheorien, Werte, Verhaltensnormen, Denk- und Handlungsanweisungen, Sinnkonstruktionen und Orientierungen im Alltag, Motivation, Zukunftspläne, Selbstbewusstsein und Identiät eine Rolle.

→  In dieser Rubrik hat K. nicht viele Ressourcen. Sie hat klare Erwartungen und Werte, welche sie auch druchsetzen kann. Ihre Identität findet K. erst langsam, sie war früher sehr durch ihre Eltern geprägt, aus diesem Grund findet dieser Schritt erst heute und nur in einem limitierten Rahmen statt.

 


6. Ausstattung mit Handlungsweisen (Aktion): Hier können drei Handlungsarten unterschieden werden:

→ routiniertes Verhalten (dem Bewusstsein nicht (mehr) zugänglich): Diese Handlungsart ist bei K. im Alltag oft zu finden.

→ rollenbezogenes Verhalten: K. als Hauptpeson wird oft in ihre Rolle als Beeinträchtigte gedrängt. So zeigt K. oft Verhaltensweisen nur aufgrund der Erwartungen der PSA oder weil diese Verhaltensregeln der Wohngruppe so vorgeschrieben sind.

→ in hohem Mass kognitiv gesteuertes, inovatives Handeln: Diese Handlungsart zeigt K., wenn auch nur in einem limitierten Rahmen, was der Beeinträchtigung geschuldet ist. Sie zeigt oft Kreativität beim Versuch sich anderen mitzuteilen und kann wohl in einem gewissen Mass reflektieren, ob diese Handlungsmuster zielführend sind oder eben nicht. Zudem ist K. eine Person die immer versucht Handlungsspielräume auszuloten.

 

Mitgleidschaften und Beziehungen: Hier werden zwischen Zwangsmitgliedschaften und freiwillig gewählten Beziehungen und Mitgliedschaften unterschieden.

→ Zwangsmitgleidschaften: Bei K. lassen sich folgende Zwangsmitgliedschaften feststellen:

 


7. Familie

  • nationale Zugehörigkeit
  • Beziehung zu Mitbewohnern
  • Beziehung zu BewohnerInnen anderer Wohnrguppen
  • Beziehung zu anderen BewohnerInnen im Atelier
  • Beziehung zu PSA auf der Wohngruppe
  • Beziehung zu PSA im Atelier

→ freiwillig gewählte Beziehungen und Mitgliedschaften:

 

Freundschaft zu E. (Mitbewohnerin)

Freundschaft zu F. (Mitbewohner)

 

 

Macht:

  1. Staub Bernasconi unterscheidet zwischen Begrenzungs- und Behinderungsmacht.
  • Bei der Begrenzungsmacht geht es um die Begrenzung von Spezialisierung, zu grossen Machtkonzentrationen und stabile Zuweisung unattraktiver Aufgaben. Begrenzungsregeln dienen der Legitimation von Schichtung, Arbeitsteilung oder Kotrollhygiene. Dabei gibt es folgende Regeln:
  • Verteilung von Ressourcen (faire Schichtung)
  • Bedürfnisbefriedigungsprinzip
    → Diese Regel wird wohl am ehesten auf K. zutreffen.
  • Prinzip der gleichen Chancen
  • Sorge-, Solariditätsprinzip
    → K. erfährt diese Begrenzungsregel oft von ihren Mitmenschen.
  • Prinzip der Begrenzung von Ansprüchen
    → Auf der Wohngruppe können nicht alle Wünsche K.’s jederzeit befriedigt werden, so besteht beispielsweise ein Menüplan, der nicht immer K.’s Ansprüchen standhält.
  • Leistungs-, Wettbewerbsprinzip/ Anerkennung von besonderen Leistungen
  • Prinzip der Ausbalancierung von Freiheit und Obhut
    → Auch diese Begrenzungsregel spielt im Leben von K. eine Rolle, wo kann K. selbst entscheiden, wo ist fürsorgerisches Handeln und Denken angebracht.
  • Prinzip der Ausbalancierung von Neigung, Eignung und funktionalen Erfordernissen
  • Prinzip der Durchlässigkeit der Struktur
  • Prinzip der Ausbalancierung von Kooperation und Wettbewerb
    → Diese Begrenzungsregel ist für K. auch von Relevanz, so beispielsweise in Bezug auf die Aufmerksamkeit der PSA, K. buhlt oft um unsere Aufmerksamkeit, begibt sich also in einen Wettbewerb mit ihren Mitbewohnenden.
  • Prinzip des Gleichgewichts zwischen Rechten und Pflichten
  • Prinzip der partizipativen Führungsstruktur
  • Gewaltenteilungsprinzip

2. Behinderungsmacht:
Bei der Behinderungsmacht gibt es folgende Strukturierungsregeln im Zusammenhang mit der Ressourcenverteilung:

  • Prinzip der ungleichen Chancen
  • → Diese Strukturierungsregel hat bei K. einen sehr hohen Stellenwert. Durch ihre Beeinträchtigung hat K. im Vergleich zu ihren Mitbewohnenden sehr viel weniger Ressourcen. Sie ist durch ihre limitierte Lautsprache sehr eingeschränkt und hat so beispielsweise nicht die selben Chancen, wie die anderen Bewohnerinnen auf sich und ihre Bedürfnisse, Wünsche, usw. aufmerksam zu machen.
  • Unfaires Knappheitsprinzip
  • Entsolidarisierungsprinzip
  • Nutzenmaximierungsprinzip

Daraus können soziale Probleme, wie Benachteiligung/Bevorzugung beim Zugang von Gütern, Lernchancen und beim Zugang von sozialen Beziehungen und Mitgliedschaften entstehen. Dies ist bei K. definitiv auch der Fall, sie ist an sich eine sehr offene und kommunikative Person, leider steht ihr hier ihre Beeinträchtigung im Wege.

3. Stau- Bernasconi definiert folgede Machtquellen:

  • Körpermacht: Hier wird der Körper als Machtquelle eingesetzt.
    → K. hat hier ihre grösste Machtquelle. Sie kann beispielsweise Menschen mit ihrem Äusseren und ihrem Auftreten beeinflussen. Sie kann mit ihrem Körper aber auch Streiken, beispielsweise die Essensaufnahme verweigern oder sich bei den Transfers sperren, wenn sie lieber nicht transferiert werden möchte.
  • Güter- und Ressourcenmacht: Hier wird durch die Kontrolle, das Gewähren oder Vorenthalten von Gütern Macht ausgeübt.
    → In dieser Kategorie hat K. nur wenige Ressourcen.
  • Artikulationsmacht: Hier sind Erkenntniskompetenzen die Machtquelle, das heisst die Möglichkeit Ereignisse zu thematisieren und/oder zu  interpretieren.
    → Hier hat K. auf Grund der Beeinträchtigung nur sehr limitierte bis keine Ressourcen.
  • Definitionsmacht/Rollenmacht: Wissen als Machtquelle. Hier geht es darum andere von sich und seinem Wissen abhängig zu machen.
    → Hier hat K. nur bedingt Ressource. Sie hat lediglich Erfahrungswissen und ist bei der Durchsetzung dieser Kompetenz vollumfänglich von den PSA anhängig.

→ K. hat also nur sehr limitierte Ressourcen. Ihre Ausstattung ist stark durch ihre mehrfache Beeinträchtigung geprägt, so kann keiner der Ausstattungsaspekte als vollkommen normalisiert bezeichnet werden. Bei der körperlichen Ausstattung liegt durch den psychomotorischen Entwicklungsrückstand und die Cerebralbarese klar ein Defizit vor, diese beiden Aspekte bedingen wiederum auch Defizite in der symbolischen, sozioökonomischen und der sozioökologischen Ausstattung, denn K. hätte ansonsten die Regelschule besucht und würde ihrem Alter angemessen alleine oder mit ihrer Familie zusammenleben, aber sicher nicht in einer Wohngemeinschaft, welche ein Dritter zusammengestellt hat. Betreffend der Ausstattung mit Erkenntniskompetenzen weist K. zwar Defizite auf, diese sind aber weit weniger gravierend als ihre mehrfache Beeinträchtigung eigentlich vermuten lassen würde, denn hier weist sie einige wichtige Aspekte auf, so hat sie ein rasches Auffassungsvermögen und eine gute Beobachtungsgabe. Dabei weist K. klar eine sinnlich-emotionale Grundorientierung auf, wobei sie eine Person mit starken Werten und Normen ist, das heisst, sie erkennt Recht und Unrecht, dies lässt sich auch hier bei der Ausstattung mit Erkenntniskompetenzen erkennen. Die mehrfache Beeinträchtigung K.’s lässt sich auch bei der Ausstattung erkennen, so zeigt sie sowohl routiniertes und rollenbezogenes Verhalten, als auch in hohem Mass kognitiv gesteuertes, innovatives Verhalten, wobei die ersten auf Grund der Beeinträchtigung klar verstärkt auftreten. Auch in Sachen Mitgliedschaften besteht bei K. ein klares Defizit, sie hat nur einen sehr limitierten Rahmen, in dem sie neue Bekanntschaften finden kann, der sich auf die Institution in der sie lebt und auf ihre Familie begrenzt.

 

→ Die mehrfache Beeinträchtigung lässt bei K. die Machtquellen nur sehr bedingt auftreten, so ist K. sowohl der Begrenzungs- als auch der Behinderungsmacht vollumfänglich ausgesetzt und hat nur wenige Ressourcen die dagegenhalten. Ergo beibt K. nur die Körpermacht, welche sie vollumfänglich selbst ausüben kann.

 

 

 

5.2      Interventionswissen – Wie kann ich als professionelle Fachperson handeln?

Welche Konzepte werden in der Schlüssensituation angewendet?

 

Funktionale Gesundheit:
Gemäss INSOS Schweiz (2009) erstellte und veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO)  2001 die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF), eine Klassifikation zur Beschreibung des funktionalen Gesundheitszustands, der Behinderung, der sozialen Beeinträchtigung sowie der relevanten Umweltfaktoren von Menschen. Wörtlich in die deutsche Sprache überletzt, hiesse das Konzept “Die internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit”. Die offizielle Bezeichnung im Deutschen “Funktionale Gesundheit”, weicht von der wörtlichen Übersetzung dahingehend ab, dass der Begriff Behinderung ausgespart wurde. Somit bleibt die mit Stigmen behaftete Bezeichnung “Behinderung” aussen vor.
Der Begriff “Funktionale Gesundheit” sagt jedoch nur wenig über die Inhalte des dahinterstehenden Kozeptes aus, welches auch den Titel ” Das Konzept der kompetenten Teilhabe” tragen könnte. Denn beim Konzept der Funktionalen Gesundheit steht immer die kompetente Teilhabe der Menschen mit einer Beeinträchtigung im Zentrum. Das Leitziel lautet, möglichst kompetente und gesunde Teilhabe an möglichst normalisierten Lebenssituationen zu ermöglichen.
Die Konzeptualisierung der Funktionalen Gesundheit wurde durch Prof. Dr. Daniel Oberholzer für die Behindertenhilfe erschlossen und so für Organisationen, welche Menschen mit einer Beeinträchtigung begleiten, Instrumente zur Prozessgestaltung und zur Weiterentwicklung der Teilhabe geschaffen.
So hat die WHO den Begriff und Prof. Dr. Daniel Oberholzer das Konzept geschaffen.
Das Konzept der Funktionalen Gesundheit sieht den Menschen als bio-psycho-soziales Geschöpf, welches sich in der aktiven Auseinandersetzung mit seiner Umwelt sein ganzes Leben lang weiterentwickelt.

Die Funktionale Gesundheit setzt sich aus folgenden Faktoren zusammen:

 

  • selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe und Teilnahme in Gesellschaft und Umwelt (Partizipation)
    → K. hat in diesem Punkt auf Grund ihrer Beeinträchtigung Nachteile, so benötigt sie bereits Hilfe um überhaupt an den Ort des Geschehens zu gelangen.
  • individuelle und kompetente Handlungen eines Menschen, die zur Partizipation nötig sind (Aktivitäten)
    → K. benötigt vollumfängliche Hilfe bei der Ausführung der für Partizipation notwenigen Anktivitäten. Sie benötigt bei der Partizipation die vollumfängliche Unterstützung der PSA oder eines Mitbewohnenden, lediglich Berührungen wie Händchenhalten oder ein kurzes Streicheln einer anderen Person kann K. mit sehr viel Mühe und Aufwand selbst bewerkstelligen.
  • Körper
    → K. ist körperlich durch die Spasmen stark eingeschränkt. Auch ihre geistige Beeinträchtigung ist auf eine körperliche Ursache zurückzuführen, sie leidet seit einem Fieberkrampf in der frühen Kindheit an einer Hirnschädigung.
  • Persönlichkeit (personenbezogene Faktoren)
    → K. ist an sich eine sehr selbstbewusste, kommunikative und fröhliche Person, die es stets versteht, aus allen Situationen etwas Positives zu ziehen. Sie wird daher von ihren Mitbewohnenden sehr gemocht, geschätzt und auch geachtet.
  • externe Gegebenheiten (Umweltfaktoren)
    → K. lebt auf einer Wohngruppe mit sieben anderen beeinträchtigten Menschen. Sie wird duch uns PSA unterstützt, gefördert und gefordert. Ihre Mitbewohnenden helfen K. wo sie nur können, denn obwohl die Wohngruppe barrierefrei ist, kann sich K. aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht alleine fortbewegen.
  • Zu Hause bei den Eltern wird K. stark beeinflusst, dies ist jeweils merkbar, in dem sie jeweils nach den Besuchen zu Hause in ihren Äusserungen betreffend ihren Meinungen. Wünschen und Bedürfnissen jeweils sehr diffus wirkt..
  • mögliche Gesundheitsprobleme
    → K. hat neben ihrer Beeinträchtung keinerlei gesundheitliche Einschränkungen.
  • Zusammenspiel und Entwicklung dieser Faktoren.
    → K. entwickelt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten stetig weiter, so bringt sie sich vermehrt in die Gruppe ein und wird mutiger ihre eigene Meinung zu äussern.

Bei uns in der Stiftung arbeiten wir nach dem Leitsatz: Wenn du zu uns kommst, schauen wir, dass du möglichts kompetent und möglichst gesund an normalisierten Lebenssituationen teilhaben kannst. 
Das heisst unsere BewohnerInnen sollen möglichst viel Teilhabe in alltäglichen Situationen erleben, das heisst, die BewohnerInnen sollen MITWISSEN, MITENTSCHEIDEN, MITTUN und MITERLEBEN!

 

 

Hilfekonzept:

Unsere Stiftung (2005) arbeitet in Bezug auf die Hilfe, welche wir den BewohnerInnen bieten, nach dem Credo: Stets so viel Hilfe wie nötig und so wenig wie möglich.
Dabei gilt es die Hilfestellungen der PSA, den jeweiligen Kompetenzen der BewohnerInnen anzupassen. Dabei berücksichtigen wir sowohl die personenbezogenen, die raumbezogenen als auch die hilfebezogenen Kompetenzen einer jeden Hauptperson. Ziel hierbei ist es, durch unsere Hilfestellungen die Kompetenzen der BewohnerInnen weiterzuentwickeln. Dabei orientieren wir uns an folgenden Konzepten:

  • Agogik: Das heisst konkret die Unterschiede der beteiligten Personen zu berücksichtigen, die Zusammenarbeit so zu gestalten, dass jede Person ihre Stärken einbringen kann, und auf diesem Wege gemeinsam ein Ziel erreichen.
  • Empowerment und Selbstbestimmung: Das Ziel jeder Hilfestellung ist die Autonomie und Selbstbestimmung eines Menschen zu erhöhen, ihn zu ermächtigen Dinge selbst zu tun und Verantwortung übernehmen zu können.

Oberstes Ziel unserer Hilfe ist stets die kompetente Teilhabe der BewohnerInnen.
Die PSA der Stiftung unterscheiden folgende Formen der Hilfe:

  • Assistenz: Hilfe auf Wunsch der BewohnerInnen
    → K. kann diese Form der Hilfe alleine nicht ausüben.
  • Mediation: Hilfe durch Vermittlung bei verschiedenen Kulturen.
    → K. kann diese Hilfeform alleine nicht ausüben. Die PSA kann jedoch durch aktives Nachfragen kulturelle Differenzen aufdecken und dann in die Mediation übergehen.
  • Kultur- und Wertevermittlung: Hilfe durch Vorleben und Vermitteln von Regeln, Sitten und Werten unserer Kultur.
    → K. ist für diese Hilfeform stets offen. Sie geniesst es wenn Kulturvermittlung stattfindet. Hier kann sie sich mit Unterstützung der PSA auch etwas einbringen.
  • Beratung: Hilfe indem Lösungswege, Arbeitsschritte usw. aufgezeigt werden.
    → K. kann diese Form der Hilfe nur bedingt nutzen, denn sie braucht für alle Aktivitäten Handführung.
  • Begleitung: Hilfe in dem die PSA bei Handlungen mit Worten und Präsenz beteiligt ist.
    → K. kann auch diese Form der Hilfe nur eingeschränkt nutzen. Sie kann sehr einfache Aktivitäten, wie ein Papier in den offenen Mülleimer zu werfen, mit mündlicher Anleitung erledigen, werden die Aktivitäten jedoch nur minim komplexer, sind sie für K. nicht mehr zu bewältigen.
  • Betreuung: Hilfe, wenn zuvor gefragt wurde, ob die Hilfe erwünscht sei.
    → Dies ist im Fall von K. wohl die häufigste Form der Hilfe. Die PSA fragt jeweils mit geschlossenen Fragen bei K. nach ob und in welcher Form sie Hilfestellungen wünscht.
  • Fürsorge: Hilfestellungen geben ohne zuvor zu fragen.
    → Diese Form der HIlfestellung wird in der Stiftung gemieden. Auch K. mag diese Form der Hilfe überhaupt nicht und reagiert jeweils stark, wenn fürsorgerische Handlungen geschehen.

 

Was beeinflusst die Kommunikation mit K.?

 

  • Paul Watzlawick (www. paulwatzlawick.de) definierte 5 pragmatische Axiome der menschlichen Kommunikation und deren Paradoxen.
  1. Man kann nicht nicht kommunizieren.
    Jede Kommunikation, egal ob verbal, paraverbal oder nonverbal, ist Verhalten und gemäss Watzlawick kann man sich nicht nicht verhalten.
    → K. kann sich auf Grund ihrer Beeinträchtigung primär nur nonverbal ausdrücken, das heisst mit Mimik, Gestik, Blicken, Habitus und Haltung. Auch die paraverbale Kommunikation beherrscht K. im weitesten Sinne, sie hat zwar nur eine sehr limitierte Lautsprache, kann aber mittels Stimmlage, Lautstärke, Betonung, dem Sprachtempo und der Sprachmelodie den wenigen Worten, die sie beherrscht eine gewichtige Bedeutung geben.

  2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.
    Gemäss Watzlawick bestimmt der Beziehungsaspekt dabei aber den inhaltlichen, welcher die Aufgabe hat Informationen zu vermitteln. Der Beziehungsaspekt gibt aber Aufschluss darüber, wie diese vom Empfänger der Botschaft aufgefasst wird. So gibt es keine rein informative Kommunikation, denn jede Äusserung enthält immer auch eine Beziehungsaussage. So werden durch Mimik, Gestik und Tonfall bei dem Empfänger immer Reaktionen ausgelöst. Zum einen kann ein und dieselbe Aussage als Bestätigung/Kompliment, Verwerfung oder als Entwertung aufgefasst werden.
    Eine negative Beziehung kann, wenn sie auf der Inhaltsebene ausgetragen wird, zu einer gestörten Kommunikation führen.
    → K. kann nicht mit allen PSA in der selben Qualität kommunizieren. Es ist augescheinlich, dass K. sich mit einigen PSA besser versteht als mit anderen und von denen dann auch besser verstanden wird.

  3. Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung.
    Watzlawick definiert hier folgende Regeln:
  • Jeder Teilnehmer einer Interaktion gibt der Beziehung eine Struktur.
  • Auf jeden Reiz folgt eine Reaktion.

Jeder Reiz ist zugleich auch Kommunikation, da eine Kommunikation kreisförmig verläuft, es gibt also faktisch keinen Anfangspunkt.

Bei einer Störung geht einer der Kommunikationspartner davon aus, dass der andere die gleiche Information besässe wie er selbst. Diese subjektive Wahrnehmung verursacht dann meist auch, was der gestörte Kommunikationspartner bereits prophezeit hat. Es entsteht ein Ursache-Wirkung-Zusammenhang
→ Wenn K. mit ihrer Mitbewohnerin E. kommuniziert, kommt es oft zu solchen Missverständnissen. E. setzt aufgrund ihrer Beeinträchtigung meist voraus, dass ihre Mitmenschen immer alle Informationen besitzen, die sie selbst auch besitzt. Wenn die beiden nun zusammen in Interaktion treten, ist K. am Ende meist weinerlich, da E. nur insofern auf sie eingeht, dass ihre eigene Theorie/Ansicht bestätigt wird. K. fühlt sich dann missverstanden und E. in ihrer Meinung bestärkt, dass man mit K. nicht diskutieren kann.

 

 4. Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten.
Es gibt in der Kommunikation gemäss Watzlawick zwei Möglichkeiten Objekte darzustellen. Zum einen können sie durch Analogien zum Ausdruck gebracht oder benennt werden. Hier teilt nicht nur das gesprochene Wort etwas mit, auch nonverbale Äusserungen, wie ein Lächeln können etwas mitteilen.

Bei der digitalen Kommunikation geht es rein um den inhaltlichen Aspekt einer Nachricht, es wird (komplexes) Wissen übermittelt und Verknüpfungen und Negationen werden ausgedrückt. Bei der analogen Kommunikation spielt der Beziehungsaspekt einer Nachricht eine Rolle.
Die digitale Kommunikation verfügt über eine komplexe und logische Syntax, entbehrt aber in Bezug auf die Beziehung jeder Bedeutung. Die analoge Kommunikation verfügt über eben diese Bedeutung, entbehrt aber einer Syntax, welche eine eindeutige Definition der Natur einer Beziehung leisten könnte. So wird mit analogen Elementen die Beziehungsebene und mit digitalen Elementen die Inhaltsebene vermittelt. 
→K. kann auf Grund ihrer Beeinträchtigung vorallem auf der analogen Ebene kommunizieren. Um auf der digitalen Ebene etwas mitteilen zu können benötigt sie die Hilfe ihrer Mitmenschen.

 

5.Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär.

Gemäss Watzlawick basieren Beziehungen von Partnern entweder auf Gleicheit oder Ungleichheit. Bei komplementären Partnern ergänzen sich die unterschiedlichen Verhaltensweisen und bestimmen so den Interaktionsprozess. Der Unterschied zwischen den Partnern ist hier Beziehungsgrundlage. Diese Unterschiede drücken jedoch häufig eine Unterordnung aus, das heisst zwischen den Partner besteht meist eine hierarchische Beziehung.
Die symmetrische Beziehungsform zeigt sich darin, dass die Partner sich bemühen Ungleichheiten zu minimieren, es wird nach Gleichheit gestrebt. 
→ K. kann ohne Hilfe von aussen lediglich den schwächeren Part einer komplemetären Beziehung einnehmen. Bekommt sie jedoch Hilfestellungen von Aussen, dann kann sie durchaus die stärkere Position einnehmen. 

 

 

 

5.3      Erfahrungswissen – Woran erinnere ich mich, was kenne ich aus ähnlichen Situationen?

Welche Erfarungen der PSA lassen sich in der Schlüsselsituation erkennen?

 

  • Die Kommunikation mit K. läuft immer in der selben Form ab. Die PSA stellt an K. geschlossene Fragen oder zeigt ihr Wahlmöglichkeiten auf. An guten Tagen antwortet K. klar mit “Ja” oder “Nein”. Ist K. müde oder hat keine Lust, kann sie aber nicht verbal kommunizieren. In diesem Fall ist es die Aufgabe der PSA dies zu erkennen und K. aufzufordern bei der nächsten Aufzählung der Wahlmöglichkeiten zu nicken, wenn die PSA richtig liegt, oder einen zugeordneten Gegenstand/die zugeordnete Hand zu greifen. Dieser Fall setzt voraus, dass die PSA K. kennt und weiss, wo die Wahl K. tendentiell hingeht.
  • Es ist in aller Regel ratsam, dass die PSA mit K. früh genug Aktivitäten, Essensauswahl, Sitzplatzwahl, usw. vorbespricht. Denn K. benötigt in der Regel etwas mehr Zeit bei der Auswahl.
  • Wenn K. aus dem Atelier oder von den Eltern zurückkommt, ist es in aller Regel ratsam, dass sich die PSA kurz mit ihr zurück zieht, um bei K. unter vier Augen nachzufragen, wie die Arbeit oder der Ausflug war. So kann sich K. besser auf die Fragen der PSA konzentieren und die PSA bekommt einen ersten Eindruck, was K. später am Tisch erzählen möchte. Dieses Vorwissen ist hilfreich, so dass bei der Interaktion beim Essen lange (Warte-) Pausen in K.’s Erzählungen vermieden werden können.
  • Die PSA sollte sich am Tisch mit eigenen Erzählungen zurückhalten, wenn K. und ihre Mitbewohnenden untereinander kommunizieren und interagieren. Oft erliegen die Interaktionen bei Tisch, wenn die PSA sich all zu internsiv daran beteiligt. 

 

 

5.4      Organisations- und Kontextwissen – Welche Rahmenbedingungen beeinflussen mein Handeln?

Welche institutionellen, rechtlichen und sozialen Gegebenheiten finden sich in der Schlüsselsituation?

 

  • Die PSA wird durch das Konzept der Funktionalen Gesundheit gelenkt, welches in der Stiftung omnipräsent ist. Die PSA gibt Hilfestellungen, wo es nötig ist, hält sich aber ansonsten eher im Hintergrund auf. Die PSA versucht Gespräche und Interaktionen zwischen den BewohnerInnen anzuregen, gelingt dies, interveniert sie nur bei Verstössen gegen die Werte und Normen der Gesellschaft bzw. der Regeln der Gruppe.
  • Die soziale Schichtung der Gesellschaft zeigt sich auch auf der Wohngruppe. A., eine Mitbewohnerin K.’s, hebt und grenzt sich klar von den anderen BewohnerInnen ab. Sie äussert sich oft negativ über die “Behinderten” auf der Wohngruppe, damit meint sie konkret K. und einen weiteren MItbewohner, welcher auf den Rollstuhl und somit auf mehr Hilfestellungen durch die PSA angewiesen ist. Diese Haltung gilt es durch geschickte Interventionen und Gesprächsführung von seiten der PSA aufzufangen.
  • Für K. wurde durch die KESB eine vollumfängliche Beistandschaft zu Gunsten der Eltern errichtet. Sie handeln in manchen Dingen, wie beispielsweise dem neuen Rollstuhl den K. bekommen hat, aber klar gegen den Willen ihrer Tochter. So haben sie über den Kopf hinweg den Sitzkissenbezug für ihre Tochter ausgewählt- K. mag diesen aber leider überhaupt nicht und lehnt nun den neuen Rollstuhl ab. Dies wiederum hat Einfluss auf den gesamten Alltag K.’s, da der neue Rollstuhl besser auf ihre Sitzposition angepasst ist und sie so länger und bequemer sitzen könnte. Sie könnte abends länger aufbleiben und mehr Teilhabe geniessen.

 

 

5.5      Fähigkeiten – Was muss ich als professionelle Fachperson können?

Welche Fähigkeiten sollte die PSA in der Schlüsselsituation mitbringen?

 

  • Ehrlichkeit und Kongruenz: Die PSA sollte stets kongruent zu ihren Gefühlen und zu ihrer Meinung sein. Die BewohnerInnen bemerken Inkonguenz relativ schnell und verstehen dies, dann als Lügerei und persönlichen Angriff.
  • Empathie: Die PSA sollte sich in die Situation der BewohnerInnen versetzen können, gerade bei Menschen, welche keine klare Lautsprache besitzen, ist diese Eigenschaft elementar wichtig, denn sie führt zu einer besseren Verständigung. 
  • Offenheit: Die PSA sollte eine offene Person sein, denn im Bereich der Behindertenarbeit hilft eine offene Persönlichkeit enorm den Zugang zu den BewohnerInnen zu finden.
  • Nähe und Distanz: Im Bereich der Behindertenarbeit ist es elementar wichtig, sowohl Nähe zu zulassen, aber in den richtigen Momenten auch Distanz zu wahren. Alles im richtigen Mass, so dass die Beziehungen auf einer professionellen Ebene Bestand haben.
  • Kommunikationsfreudigkeit: Die PSA muss bei der Arbeit auf einer Wohngruppe mit beeinträchtigten Menschen, stets die Bereitschaft zur Kommunikation und Interaktion mit den BewohnerInnen signalisieren und diese auch gerne pflegen.
  • Kooperationsbereitschaft: Eine PSA muss in diesem Arbeitsfeld stets zu Kooperation bereit sein, sei es mit den BewohnerInnen, deren Angehörigen oder Arbeitspartner anderer DIsziplinen, wie im Falle von K. Ärzte und Orthopäden.
  • Bereitschaft zur Reflexion: In der Arbeit der Behindertenhilfe ist eine gute Refelxionsfähigkeit wichtig. Es gilt immer wieder sich selbst, aber auch Aktivitäten mit der Wohngruppe oder einzelnen BewohnerInnen und Interventionen zu reflektieren.

 

 

5.6      Organisationale, infrastrukturelle, zeitliche, materielle Voraussetzungen – Womit kann ich handeln?

Welche Barrieren und Pushfaktoren beinflussen die Schlüsselsituation?

 

  • Der Arbeitsplan lässt es nicht zu, dass wir Interaktionen unter den BewohnerInnen unbeschränkte Zeit laufen lassen können. Denn K. kann während angeregten Gesprächen nicht essen, da sie wohl fürchtet etwas zu verpassen. Zudem müssen die PSA nach maximal einer Stunde die Tischsituation aufheben, jedenfalls für die pflegeintensiveren BewohnerInnen, wie beispielsweise K.
  • Die Tischkonstellation (alle Tische im Esszimmer sind zu einer grossen Insel zusammengestellt) ist für eine gelingende Interaktion nicht förderlich. Diese Tischkonstellation ist aber von den BewohnerInnen gewählt.
  • Auf der Wohngruppe hat es in den letzten drei Jahren drei Wechsel bei den BewohnerInnen und mindestens sechs Wechsel bei den PSA gegeben. Jeder dieser Wechsel führte zu einer Irritation der Gruppe, denn jedes neue Mitglied, sei es Hauptperson oder PSA bewirkt eine Änderung der Gruppendynamik.

 

 

5.7      Wertewissen – Woraufhin richte ich mein Handeln aus? Welches sind die zentralen Werte in dieser Situation, die ich als handelnde Fachperson berücksichtigen will?

Welche Werte und Normen auf Seiten der PSA  beeinflussen die Schlüsselsituation?

 

  • Gemeinsame Haltung im Team: Die BewohnerInnen versuchen immer wieder die Grenzen ihres Handelns auszuloten, auch K. versucht im Rahmen ihrer Möglichkeiten immer wieder die geltenden Regeln auf der Gruppe auszuhebeln, auch wenn es nur darin besteht bei der Essensauswahl, nur beim Dessert die Zustimmung zu geben, nur Schokolade zum Zvieri zu essen, oder das Trinken beim Essen (zwei Becher pro Mahlzeit) zu verweigern. Hier ist eine gemeinsame Haltung im Team wichtig, so dass eine gewisse Konstanz der Regeln für die BewohnerInnen erkennbar ist.

  • Berufskodex:
    “Alle Menschen haben Anrecht auf die Befriedigung existentieller Bedürfnisse sowie auf Integrität und Integration in ein soziales Umfeld. Gleichzeitig sind Menschen verpflichtet, andere bei der Verwirklichung dieses Anrechts zu unterstützen.” (AvenirSocial, 2010, S.6)

    “Soziale Arbeit hat Menschen zu begleiten, zu betreuen oder zu schützen und ihre Entwicklung zu fördern, zu sichern oder zu stabilisieren.” (AvenirSocial, 2010, S.6)

    “Soziale Arbeit hat Veränderungen zu fördern, die Menschen unabhängiger werden lassen auch von der Sozialen Arbeit.” (AvenirSocial, 2010, S.6)

 

Diese drei Zitate aus den Leitideen und Zielen des Berufskodex der Sozialen Arbeit widerspiegeln die Werte, Ziele und  Haltungen, die meiner Meinung nach in der Arbeit mit Menschen mit einer geistigen und/oder mehrfachen Beeinträchtigung wichtig sin

 

Die Situation fand in einem lockeren Setting statt und alle BewohnerInnen waren in Festtagslaune. Die PSA versuchte gemäss Berufskodex die BewohnerInnen zu fördern und fordern, ohne dabei selbst einen wichtigen Stellenwert zu besitzen. Sie ermöglichte Partizipation seitens K. und versuchte die Integration in die Gruppe voranzutreiben. Ziel dabei ist es jeweils, dass bei Gesprächssituationen K.’s mit einer anderen Hauptperson immer weniger HIlfestellungen durch die PSA benötigt werden. Daher war es auch wichtig, dass die PSA in der beschriebenen Situation unter Einbezug des Hilfekonzepts der Stiftung nur die Hilfeform bot, die K. gerade benötigte, das heisst hier als Dolmetscherin auftrat. Die PSA könnte in der Situation etwas zielorientierter handeln, in dem dass sie die anderen BewohnerInnen auffordert direkt mit K. zu kommunizieren. Die Intervention der PSA, die die vielen Fragen der anderen BewohnerInnen aufnahm und Schritt für Schritt an K. weitergab, suggerierte diesen, dass sie nun kurz innehalten und K. zuhören mussten. 

Die PSA beachtete in der Situation das Konzept der Funktionalen Gesundheit und ermöglichte es K. die Situation mitzugestalten, also mitzuwissen, mitzuentscheiden, mitzutun und mitzuerleben.

Zwischen K. und der PSA besteht eine tragfähige, konstruktive, kooperative und vertrauensvolle Beziehung, so konnte die PSA innerhalb kurzer Zeit die relevanten Dinge erfragen, erkannte bereits an der Mimik K.’s wenn sie auf dem Holzweg war und verminderte so bei K. Frust, indem sich K. verstanden und als Teil der Gruppe fühlte und sich der Gruppe mitteilen konnte. K. durfte in diesen Momenten jeweils Wertschätzung der ganzen Gruppe erfahren.

Bei der Förderung der Teilhabe K.’s an den Interaktionen bei Tisch gäbe es meines Erachtens folgende (Handlungs-) Alternativen bzw. Ideen der Verbesserung der Situation:

  • Eine andere, flexiblere Diensteinteilung wäre möglicherweise sinnstiftend, so dass Tischsituationen länger bestehen bleiben können.
  • Eine andere Tischanordnung, beispielsweise zwei Inseln. So würden die Zahl der Interaktionspartner zwar halbiert, die Situation würde für K. aber übersichtlicher.
  • Die PSA könnte die Grundthemen K.s bereits vor der Gesprächssituation abklären, so könnten Wartezeiten bei den anderen BewohnerInnen minimiert und das Interesse an der Gesprächspartnerin K. aufrechterhalten werden.
  • Bei der Essenauswahl hätte die PSA von den alten Mustern abweichen und K. zur Kücheninsel mitnehmen können, so dass K. direkt in die Aktivität “Essenschöpfen” integriert ist.
  • K. besitzt keine Kommunikationshilfsmittel, da eine frühere Abklärung ergab, dass es für K. kein passendes gebe. Eine erneute Abklärung durch ActiveCommunications wäre meines Erachtens aber ratsam, da sich zum einen K., aber auch die Kommunikationshilfsmittel weiterentwickelt haben. So könnte K. mit der Zeit eigenständiger kommunizieren, eventuell wäre auf Grund der Spastik ein Sprachcomputer mit Augensteuerung eine Möglichkeit.
  • K.’s neuer Rollstuhl beeinflusst die Teilhabe im Alltag. Meiner Meinung nach wäre eine Anpassung des Sitzbezugs zu klären.
  • Einzelne BewohnerInnen können mit K. mittels geschlossener Fragen und  Wahlalternativen (ähnlich wie die PSA) kommunizieren. Eventuell wäre es möglich bei den anderen BewohnerInnen die Hemmschwelle dahingehend zu senken, sie zu ermuntern mit K. auf diese Weise zu kommunizieren, gegebenenfalls mit der Unterstützung einer PSA.

Bücher:

  • Cruceli, Salvatore. (n.p.). Theorie II: Die prozessual-systemische Denkfigur. Berner Fachhochschule
  • INSOS Schweiz. (Hrsg.). (2009). Das Konzept der Funktionalen Gesundheit. Grundlagen, Bedeutung und Einsatzmöglichkeiten am Beispiel der Behindertenhilfe. Bern: INSOS Schweiz
  • Nolting, Hans-Peter & Paulus, Peter. (2009). Psychologie Lernen- Eine Einführung und Anleitung. (10. Aufl.). Weinheim und Basel: Beltz Verlag
  • Sack, Rudi. (2009). Normalisierung der Beziehung – Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Begleiter. In Ulrich Hähner, Ulrich Niehoff, Rudi Sack & Helmut Walther (Hrsg.),  Vom Betreuer zum Begleiter (S. 105-120). Marburg: Lebenshilfe Verlag

Internet:

  • AvenirSocial. (2010). Berufskodex Soziale Arbeit Schweiz. Ein Argumentarium für die Praxis der Professionellen. Abgerufen von: http://www.avenirsocial.ch/cm_data/Do_Berufskodex_Web_D_gesch.pdf
  • Stiftung Tannacker. (2005). Hilfe-Konzept. Kompetente Teilhabe durch kompetente HIlfe. Abgerufen von: http://stiftung-tannacker.ch/tannacker/upload/files/2015-10-25_Hilfekonzept.pdf
  • Watzlawick, Paul. (n.p.). Die Axiome von Paul Watzlawick. Abgerufen von http://www.paulwatzlawick.de/axiome.html

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