5.1 Erklärungswissen – Warum handelt die Person (SpiA) in der Situation so?
Sender Empfänger Modell:
Das von Stuart Hall entwickelte Sender Empfänger Modell definiert Kommunikation als Übertragung einer Nachricht von einem Sender A zu einem Empfänger B. Damit der Sender und Empfänger die Nachricht eindeutig verstehen, müssen sie die gleiche Codierung, beziehungsweise Decodierung verwenden.
Die 7 Schritte der Kommunikation des Sender Empfänger Modells:
- Sender A hat eine Absicht
- Sender A übersetzt die Absicht in Worte
- Sender A spricht die Absicht aus
- Die Nachricht wird übermittelt
- Empfänger B empfängt die Nachricht – sie hört die Nachricht
- Empfänger B übersetzt sie
- Empfänger B interpretiert die Bedeutung
Jeder dieser 7 Schritte enthalten potentielle Kommunikationsfehler. Sender A und Empfänger B sind gleichermassen daran beteiligt, dass die Kommunikation gelingt. Sender A muss darauf achten, dass ihre Gestik und Mimik kongruent sind mit dem Gesagten und soll sich möglichst klar und unmissverständlich ausdrucken. Empfänger B muss gut zuhören und nachfragen.
Die Unterhaltung zwischen SpiA (Empfänger B) und der PA (Sender A) erfolgt ohne Kommunikationsfehler und kann aus diesem Grund optimal gelöst werden. Die SpiA (Empfänger B) und die PA (Sender A) verwenden die gleiche Codierung, beziehungsweise Decodierung. Die SpiA interpretiert die Nachricht der PA richtig. Die Gestik und Mimik waren demnach kongruent und beide Gesprächsteilnehmerinnen können sich unmissverständlich ausdrucken.
(vgl. Internet:https://www.berufsstrategie.de/bewerbung-karriere-soft-skills/kommunikationsmodelle-sender-empfaenger-modell.php, 05.07.19)
4-Ohren Modell:
Friedemann Schulz von Thun geht bei seinem Kommunikationsmodell, dem Vier-Ohren-Modell, davon aus, dass der Sender einer Nachricht mit vier “Schnäbel” spricht und der Empfänger mit vier “Ohren” hört. Bei einem Gespräch kann eine Nachricht auf vier verschiedene Weisen gesagt, respektive gehört werden, egal ob gewollt oder nicht. Somit kann die Botschaft von beiden Beteiligten unterschiedlich interpretiert werden. Jede Nachricht besteht aus vier Arten von Botschaften:
- Sachebene
Dabei wird die reine Information übermittelt - Selbstoffenbarungsebene
Hinweise zur Persönlichkeit des Senders werden gegeben. Jede Äusserung lässt Rückschlüsse auf Gefühle, Werte und Anschauungen des Senders zu - Beziehungsebene
Lässt erkennen, in welchem Verhältnis die Gesprächspartner zueinander stehen. Diese Beziehung wird sowohl verbal als auch nonverbal durch Tonfall, Gestik und Mimik kommuniziert - Appellebene
Lässt die Wirkung erkennen, die der Sender beim Empfänger erreichen möchte. Auf der Appelebene können Wünsche, Ratschläge und Anweisungen kommuniziert werden
(vgl. Schulz von Thun 2013, S. 51-64)
Die PA versucht bei dem Ausbildungsgespräch die Rückmeldung auf der Sachebene zu kommunizieren. Die SpiA scheint jedoch anfänglich die Inhalte auf der Ebene der Selbstoffenbarung erhalten zu haben. Sie könnte auf Grund des Feedbacks zum Schluss kommen, dass die PA an ihrer Fachkompetenz zweifele („die Praxisausbildnerin ist unzufrieden mit meiner Leistungen“). Als die PA aber mit den Fragen ihren Denkprozess anregte, reflektiert die SpiA die Beziehung zu der Patientin und konnte die Situation vermutlich auf der Sachebene betrachten. Die PA gab ihr am Schluss den Auftrag das Thema Nähe-Distanz präsent zu haben und bei den nächsten Ausbildungsgesprächen zu besprechen. Die wurde von der PA als Appell formuliert und kam scheinbar auch so bei der SpiA an.
5.2 Interventionswissen – Wie kann ich als professionelle Fachperson handeln?
Personenzentrierte Ansatz:
Um ein Gespräch in dieser Art adäquat führen zu können, ist es von grosser Wichtigkeit kongruent, emphatisch und wertschätzend zu sein. Der personenzentrierter Ansatz von Carl Rogers geht davon aus, dass das Individuum und nicht das Problem im Mittelpunkt steht. Das Problem zu lösen, ist nicht das primäre Ziel, sondern dem Menschen zu helfen Entwicklung zu machen, damit mit dem gegenwärtigen Problem und anderen Stolpersteinen bestmöglich umgehen kann. Der Mensch hat ein natürliches Bedürfnis zur Weiterentwicklung und zur Entfaltung seiner Fähigkeiten. Im Laufe seiner Entwicklung macht der Mensch Erfahrungen. Jede subjektive Wahrnehmung, ob bewusst oder unbewusst, trägt zu den Erfahrungen des Individuums bei. Ein weiterer Aspekt in Carl Rogers Theorie ist die Beziehungangewiesenheit des Menschen. Das bedeutet, dass sich der Mensch nur in Beziehung konstruktiv entwickeln und Fehlentwicklungen korrigieren kann. C. Rogers beschreibt drei Grundhaltungen, welche der Berater einnehmen sollte, um einen Prozess bei seinem gegenüber anzuregen:
- Kongruenz (Echtheit, Authentizität, Übereinstimmung mit sich Selbst)
- Akzeptanz (Akzeptanz, Wertschätzung, Wertung ohne Bewertung)
- Empathie (einfühlendes Verstehen, Reflektieren von Gefühlen)
(vgl. Internet: https://card2brain.ch/box/sozialpaedagogik_thema_carl_rogers_und_personenzentrierte_haltung, 11.07.19)
Die PA zeigte sich kongruent und emphatisch, in dem mit der Studierenden nach draussen ging und ihr die Freiheit liess, den Ort für das Gespräch selber auszusuchen. Die PA stellte spezifische Fragen in einer wertschätzenden Art. Mit diesen Fragen hatte die Studierende die Möglichkeit, sich besser reflektieren zu können. Da die PA und die Studierende eine Beziehung auf Augenhöhe führen, kann die Studierende die Rückmeldung der PA gut annehmen und Fehlentwicklungen adäquat korrigieren.
Feedback-Regeln:
Die PA muss Regeln kennen und anwenden können, mit denen Feedback richtig und konstruktiv gegeben werden können. Folgende Grundsätze sind dabei zu berücksichtigen:
- passender Zeitpunkt und Ort
- beschreibend
- Klare Ich-Botschaften
- Klare Aussagen, keine Verallgemeinerungen oder Übertreibungen
- Konkrete Beispiele
- bezieht sich auf Beobachtungen
- Eigene Erwartungen klar kommunizieren
- Respektvoller und wertschätzender Umgang
Als Feedbacknehmer muss folgendes berücksichtiget werden:
- aktiv zuhören und Beobachtungen vom Gegenüber akzeptieren
- Rückfragen bei Unklarheiten
- das wichtigste zusammenfassen
- keine Rechtfertigungen, Verteidigungen oder Erklärungen
Die PA wählte ein passender Ort für die Rückmeldung und ein geeigneter Zeitpunkt für die Übermittlung. Die Beobachtung wurde beschreibend und mit Beispielen untermalt und die PA machte klare Ich-Botschaften. Im Allgemeinen wurden die Feedbackregeln während dem Gespräch angewendet. Die Lernende ging nicht in Verteidigungsposition, sondern hörte aktiv zu und schien die Beobachtung von der PA zu akzeptieren. Dies verhalf zu einem positiven Verlauf des Gespräches.
(vgl. Internet: https://organisationsberatung.net/feedbackregeln-feedback-geben/, 11.07.19)
Aktives Zuhören
Durch aktives Zuhören (paraverbale Zuhörsignale, Blickkontakt, kurzes Zusammenfassen des Gesagten) kann der Inhalt eines Gespräches besser verarbeitet werden (vgl. Widulle 2012: S. 104). Voraussetzungen für das aktive zuhören sind, dass man dem Gesprächspartner die volle Aufmerksamkeit schenkt, keine Ergänzungen zum Gesagten macht, die Zusammenhänge der Äusserungen versteht und seine eigene Wahrnehmung kritisch überprüft. Das wichtigste beim aktiven zuhören ist das Wiederholen der sachlichen (paraphrasieren) und der emotionalen (verbalisieren) Aussagen. (vgl. Crisand 1982, S.73)
Die SpiA und die PA hören einander aktiv zu. Sie halten adäquaten Blickkontakt und schenken einander die volle Aufmerksamkeit. Die PA paraphrasiert und verbalisiert die Aussagen der SpiA. So wird der SpiA klar, dass sie befürchtet, dass die Patientin den Kontakt/ Beziehung zu ihr abbrechen könnte, wenn sie sich ihr gegenüber anders verhalten könnte.
5.3 Erfahrungswissen – Woran erinnere ich mich, was kenne ich aus ähnlichen Situationen?
- Die PA war selbst in einer ähnlichen Situation als ehemalige Praktikantin
- Im Kontext der Psychiatrie ist es wichtig zu wissen, wie mit Nähe-Distanz umzugehen ist. Zu viel Nähe kann Rollenvermischungen und Loyalitätskonflikte auslösen. Wenn die Studierende zu distanziert ist, ist die Beziehungsgestaltung erschwert
- Die PA begleitet schon längere Zeit Auszubildende und besitzt somit Erfahrung in Führen von Praxisausbildungsgesprächen
5.4 Organisations- und Kontextwissen – Welche Rahmenbedingungen beeinflussen mein Handeln?
- In der psychiatrischen Klinik ist darauf zu achten, dass die Mitarbeiter eine gesunde Nähe-Distanz zum Klientel haben und dass sie eine professionelle Rolle einnehmen. Wenn dem Studierenden das nicht immer gelingt, ist es der Auftrag von der PA, die Studierende darüber aufzuklären
- Vorgegebene Arbeitsabläufe der Institution beeinflussen das Handeln der PA
- Das Ausbildungskonzept der Institution hat Einfluss auf das Handel
- Vorgaben und Erwartungen der Fachhochschule an die Studierende
- Vorgaben und Erwartungen der Fachhochschule an die Praxisausbildnerin
- Alle zwei Wochen finden Praxisausbildungsgespräche von jeweils 60 Minuten statt. In diesen Gespräch können unter anderem solche Themen angeschaut werden
5.5 Fähigkeiten – Was muss ich als professionelle Fachperson können?
- Die PA soll emphatisch und wertschätzend auf sein Gegenüber reagieren können
- Die professionelle Fachperson muss sein/ ihr eigenes Handeln reflektieren und entsprechend anpassen können – beispielsweise Wortwahl anpassen
- Fähigkeit Entwicklungsprozesse bei den Lernenden anzuregen
- Die PA soll authentisch und ehrlich bleiben
- Die PA soll Beobachtungen auf den Punkt bringen
- Die PA sollte diverse Kommunikationstheorien und Kommunikationsmethoden kennen und sinnvoll einsetzen können
5.6 Organisationale, infrastrukturelle, zeitliche, materielle Voraussetzungen – Womit kann ich handeln?
- Die PA-Gespräche sind zeitlich beschränkt
- Infrastrukturen können angepasst werden → Möglichkeit raus und Spazieren zu gehen
- offene Fehler und Feedback-Kultur
- Die Praxisausbildungsgespräche werden von den Lernenden protokolliert → Die Inhalte können jederzeit abgerufen werden
5.7 Wertewissen – Woraufhin richte ich mein Handeln aus? Welches sind die zentralen Werte in dieser Situation, die ich als handelnde Fachperson berücksichtigen will?
- Offenheit
- Vertrauen und Beziehung
- Ehrlichkeit und Transparenz
- Respektvoller und wertschätzender Umgang
- Empathie
- Reflexionsfähigkeit
- Authentizität
- Orientierung am Ausbildungskonzept und Leitbild der Organisation