Anschliessend werden die Wissensressourcen beschrieben, welche für die Funktion der PA im Bereich der Beurteilung hilfreich sind. Somit werden keine Ressourcen beschrieben, welche den direkten (Lern-) Prozess mit dem SpiA fokussieren.
5.1 Erklärungswissen – Warum handeln die Personen in der Situation so?
Worauf bezieht sich eine professionelle Leistungsbeurteilung?
- Die Praxisausbildung findet in der Schweiz und somit in der westlichen Gesellschaft statt, wo sie den Gesetzen einer Leistungsgesellschaft unterliegt. Insofern ist sich die PA bewusst, dass die Bewertung die weitere berufliche Laufbahn des SpiA‘s mitgestalten wird. Gleichzeitig ist sie sich ebenfalls bewusst, dass eine zentrale Aufgabe ihrer Funktion als PA darin besteht differenziert zu bewerten und nicht alles gut zu heissen.
- Die Beurteilung hat drei Funktionen, eine formative (Beratung), eine summative (Beurteilung), sowie eine prognostische (Eignung). Mit dem Bewusstsein um die verschiedenen Funktionen der Beurteilung kann die PA eine umfassende Bewertung vornehmen.Dabei sind folgende Leitfragen zu den einzelnen Funktionen elementar, damit die Beurteilung möglichst objektiv, zuverlässig und fair erfolgen kann:
Sozialnorm: Wie sieht der Lernstand in Bezug auf die Berufsgruppe aus? Ist eine Abweichung von der Norm vorhanden?
Individualnorm: Wie sieht der Lernzuwachs aus? Vergleich gestern – heute, welche individuellen Fortschritte konnten erzielt werden?
Idealnorm: Wie sieht der Lernstand in Bezug auf die gesetzten Standards bzw. Lernziele aus? (vgl. FHNW, Handout Praxistagung 2015).
In der aufgeführten Schlüsselsituation können die verschiedenen Funktionen der Bewertung aufgezeigt werden. Anhand von regelmässigen und differenzierten Beobachtungen, sowie schlüssigen Beispielen kann der Lernstand (Sozialnorm) für Dritte nachvollziehbar gemacht werden. U.a. durch den Vergleich mit der Leistungsbeurteilung in der Hälfte seiner Ausbildung schafft die PA den Lernzuwachs (Individualnorm) aufzuzeigen. Dank den differenzierten Lernzielen mit konkreten Erfolgsindikatoren kann der Lernstand in Bezug auf die Standarts/Ziele (Idealnorm) eruiert und ausgewertet werden.
Durch den Einbezug der verschiedenen Leitfragen ist es der PA gelungen eine differenzierte Beurteilung vorzunehmen, welche professionell begründet ist und dem SpiA und seiner erbrachten Leistung gerecht wird.
5.2 Interventionswissen – Wie kann ich als professionelle Fachperson handeln?
Wie kann die PA möglichst objektiv und wertfrei eine faire Beurteilung vornehmen?
- Die PA weiss um die Selbst- und Fremdeinschätzung. Damit sich der SpiA möglichst realistisch selbst einschätzen kann, zeigt sie ihm sowohl den (Lern-) Prozess, wie auch das Produkt auf (vgl. E. Müller, C. Roth 2014).
- Während seiner gesamten Ausbildungszeit fanden regelmässig Gespräche statt, bei welchen sich die Selbst- und Fremdeinschätzung gegenüberstanden und thematisiert wurden.
Aufgrund der interpersonellen Wahrnehmung kann es zu Fehlbeurteilungen kommen, da es verzerrende Einflussfaktoren gibt, die die Beurteilung durch die PA beeinflussen. Es ist wichtig diese zu kennen um ihren Einfluss möglichst gering zu halten. Dabei werden nach Müller/Roth (2014) unterschiedliche Faktoren aufgeführt:
Pygmalion-Effekt (auch Rosenthal-Effekt oder sich selbst erfüllende Prophezeiung): Die eigenen Erwartungen in Bezug auf das Verhalten anderer Menschen bewirken, dass sich das Gegenüber in der Realität tatsächlich in der erwarteten Richtung zu verhalten beginnt.
Halo oder Hof-Effekt (auch Heiligenschein oder Sympathie-Effekt): Die allgemeine Einstellung zum SpiA oder ein einziges positiv wahrgenommenes Merkmal überstrahlt eine Reihe anderer Eigenschaften. Insbesondere werden sympathische Menschen positiver bewertet, als Menschen die unsympathisch erscheinen.
Massstabfehler: Hierbei macht man macht sich selber zum „Mass aller Dinge“. Die PA vergleicht den SpiA mit sich selber.
Milde-Effekt: Hier tendiert die PA aus unterschiedlichen Gründen eher zu einer milderen und positiveren Beurteilung. Möglicherweise tut sie dies aus Angst vor der (fantasierten) Reaktion des SpiA’s, oder wenn sich die PA allgemein unsicher fühlt. Im Kontrast dazu steht das Konzept der Strenge, wobei ein (zu) strenger Massstab zu einem hohen Anspruchsniveau führt.
Nikolaus-Effekt (auch Recency-Effekt oder Zeit-Effekt): die letzten Eindrücke bleiben besser haften und werden daher bei der Beurteilung stärker gewichtet.
Kumpel-Effekt: Je intensiver die Beziehung zwischen SpiA und PA, desto besser fällt die Beurteilung aus.
Primacy-Effekt: Er beschreibt den typischen Ersteindruck. Dieser beeinflusst bewusst oder unbewusst die weiteren Eindrücke des Gegenübers.
Attribution: Lücken werden durch Zuschreibungen oder Interpretationen gefüllt.
Stereotypisierung: Aufgrund einzelner Zuschreibungen oder Merkmalen wird das Gegenüber mit bestimmten Urteilen oder Eigenschaften in Verbindung gebracht. Dies kann positive oder negative Auswirkungen haben.
Förderer-Effekt: Die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Diesem Umstand wird Rechnung getragen, indem nicht die volle Leistung verlangt wird, sondern Luft nach oben gelassen wird (vgl. E. Müller, C. Roth 2014).
In der aufgeführten Schlüsselsituation erkennt die PA, dass sie bei der Bewertung ihres aktuellen SpiA`s besonders die Stolpersteine der Wahrnehmungsfehler „Halo“; „Milde-“; „Nikolaus-“ sowie „Kumpel-Effekt“ beachten muss.
„Halo-Effekt“: Weil der SpiA sich und seine Leistung wortgewannt und differenziert darstellen kann, muss die PA bei ihrer Bewertung darauf achten, dass sie sich bei ihrer Fremdeinschätzung nicht blenden lässt.
„Milde-Effekt“: Die PA hält sich für streng und hat hohe Ansprüche an sich selber. Mit dem Wissen ihrer hohen Erwartung, schwächt sie ihre Erwartungshaltung gegenüber dem SpiA ab. Dabei besteht die Gefahr, dass ihre Beurteilung zu milde ausfällt.
„Nikolaus-Effekt“: Die PA bezieht sich bei ihrer Beurteilung vorwiegend auf aktuelle Ereignisse. Es besteht die Gefahr, dass sie den Entwicklungsverlauf zu wenig berücksichtigt.
„Kumpel-Effekt“: Die PA und der SpiA arbeiten in einem kleinen Team. Bereits vor Abschluss des Studiums ist geklärt, dass der SpiA dem Team erhalten bleibt. Aufgrund der guten Beziehung besteht die Gefahr, den SpiA positiver zu bewerten, als dies die Leistung vorgibt.
Durch die bewusste Überprüfung der Leistungsbeurteilung auf wahrnehmungsverzerrende Effekte ist es der PA gelungen, eine objektive, wertefreie und faire Beurteilung vorzunehmen.
5.3 Erfahrungswissen – Woran erinnere ich mich, was kenne ich aus ähnlichen Situationen?
- Die PA war in ihrem Studium selbst in der Rolle der Auszubildenden und hat Erfahrung mit ihrer PA, der Gesprächsführung, sowie der Bewertung gemacht. Dieses biographisch erworbene Wissen fliesst in ihre Arbeit der Tätigkeit als PA mit ein. Was hat mir in der Ausbildung geholfen, was war toll? Wie auch, was war weniger hilfreich? Was hat gefehlt? Dieses Wissen fliesst – ist es bereits reflektiert- bewusst, oder auch unreflektiert also unbewusst in die eigene Arbeit ein.
- Während ihrem eigenen Studium in Sozialer Arbeit wurde ihre Reflexionsfähigkeit geschult und anhand des studentischen Portfolios professionalisiert. Es ist der PA bewusst, dass es für eine möglichst objektive Bewertung ebenfalls eine Reflexion zu ihrer eigenen Person und ihrer Rolle braucht. Auch sollte sie sich ihrer gegenwärtigen Stimmungslage bewusst sein.
- Erfahrungen mit dem SpiA bezüglich Gesprächsführung, Ausführung von Aufträgen, sowie dessen Anspruch an seine Leistungen etc. fliessen in den Prozess des Kompetenzerwerbs und dessen Beurteilung mit ein.
- Die PA vergleicht ihre Bewertung mit den Erfahrungen und der Bewertung ihrer Vorgängerin. Dies ermöglicht ihr einen Abgleich, kann sie jedoch auch verunsichern, wenn die Bewertung stark von der eigenen Wahrnehmung des SpiA abweicht.
5.4 Organisations- und Kontextwissen – Welche Rahmenbedingungen beeinflussen mein Handeln?
- Die Kompetenzen welche die höhere Fachschule vorgibt, müssen bis Ende der Praxisausbildung erworben und beurteilt werden. Gemäss Ausbildungskonzept sind die Ausbildungsinhalte partizipierend und gewinnbringend in die Praxis zu integrieren.
- Die Leistungsbeurteilung erfolgt anhand der Vorgaben der besuchten Hochschule des SpiA. Dadurch hat die PA klare Vorgaben, die sie bei der Beurteilung zu beachten hat. Sie hat aber auch Interpretationsspielraum, wo sie sich auf ihre eigene Professionalität beziehen kann und muss.
- Für ihre Tätigkeit als PA erhält sie eine Funktionszulage. Die Bewertung erstellt sie neben ihren alltäglichen Aufgaben und Pflichten als Sozialpädagogin.
- Der SpiA ist ein wichtiges Teammitglied und ist in alle Abläufe und Arbeitsprozesse integriert. Da beide im selben fünfköpfigen Team arbeiten, ist es der PA möglich den SpiA in Alltagssituationen zu beobachten und auszubilden.
- Die Praxisinstitution legt Wert auf hohe Professionalität. Für den SpiA gilt der Stellenbeschrieb des Sozialpädagogen. Dabei wird berücksichtigt, dass der SpiA Lernender ist. Im Ausbildungskonzept steht, dass während der Ausbildung Qualität wichtiger ist als Effizienz und Effektivität.
- Die Kompetenzen welche die höhere Fachschule vorgibt, müssen bis Ende der Praxisausbildung erworben und beurteilt werden. Gemäss Ausbildungskonzept sind die Ausbildungsinhalte partizipierend und gewinnbringend in die Praxis zu integrieren.
- Die Leistungsbeurteilung erfolgt anhand der Vorgaben der besuchten Hochschule des SpiA. Dadurch hat die PA klare Vorgaben, die sie bei der Beurteilung zu beachten hat. Sie hat aber auch Interpretationsspielraum, wo sie sich auf ihre eigene Professionalität beziehen kann und muss.
- Für ihre Tätigkeit als PA erhält sie eine Funktionszulage. Die Bewertung erstellt sie neben ihren alltäglichen Aufgaben und Pflichten als Sozialpädagogin.
- Der SpiA ist ein wichtiges Teammitglied und ist in alle Abläufe und Arbeitsprozesse integriert. Da beide im selben fünfköpfigen Team arbeiten, ist es der PA möglich den SpiA in Alltagssituationen zu beobachten und auszubilden.
- Die Praxisinstitution legt Wert auf hohe Professionalität. Für den SpiA gilt der Stellenbeschrieb des Sozialpädagogen. Dabei wird berücksichtigt, dass der SpiA Lernender ist. Im Ausbildungskonzept steht, dass während der Ausbildung Qualität wichtiger ist als Effizienz und Effektivität.
5.5 Fähigkeiten – Was muss ich als professionelle Fachperson können?
- Beobachtungsgabe und Wahrnehmungsfähigkeit von erbrachten Leistungen, Erkennen des Potenzials zur Weiterentwicklung.
- Das Handeln des SpiA‘s adäquat beurteilen können.
- Kommunikationsfähigkeit und Fähigkeit zur Gesprächsführung, um die Beobachtungen und Bewertungen verständlich nieder zu schreiben und dem SpiA annehmbar mitzuteilen.
- Fähigkeit zur Kooperation mit dem SpiA, der Praxisinstitution, sowie der Hochschule. Fähigkeit zur Ausübung des Mehrfachmandats.
5.6 Organisationale, infrastrukturelle, zeitliche, materielle Voraussetzungen – Womit kann ich handeln?
- Zeitliche Ressourcen für die Praxisausbildungsarbeit in Form von Gesprächen und Zeitfenstern für eine umfassende Wahrnehmung und Bewertung.
- Kapazität im Team, um eine angemessenen Feedbackkultur gestalten und leben zu können, so dass die PA bei Bedarf aktiv Rückmeldung zur Arbeit und Entwicklung des SpiA einholen kann.
5.7 Wertewissen – Woraufhin richte ich mein Handeln aus? Welches sind die zentralen Werte in dieser Situation, die ich als handelnde Fachperson berücksichtigen will?
- Verständnis von Fairness
- Ressourcenorientierte Haltung: Lernfelder anstelle von Fehlern erkennen
- Wertschätzung
- Anerkennung und konstruktive Kritik sind entwicklungsfördernd
- Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Bewertung