Die Sozialarbeiterin in Ausbildung ist auf einem städtischen Sozialamt tätig. Von einem austretenden Mitarbeiter erhält sie einen neuen Fall. Die Informationen die sie zum Fall erhält sind nicht sehr umfassend, sie weiss lediglich, dass der Klient als Folgeerscheinung eines langen Spitalaufenthaltes unter einer Morphinabhängigkeit leidet und dass er vom zuvor fallführenden Sozialarbeiter mehrere hundert Schweizer Franken als Vorleistung erhalten hatte, die durch Kürzungen bei den zukünftigen Auszahlungen wieder zurückbezahlt wurden und noch werden müssen.
Bevor die SAIA mit dem Klienten Kontakt aufnehmen und die neue Zuständigkeit besprechen kann, meldet sich der Klient am Sonntag 27. Mai in einem ausführlichen Schreiben an die SAIA. Der Abdruck dieser Mail ist aufgrund des Umfanges von einer guten A4-Seite und der zahlreichen persönlichen Inhalte nicht möglich. Es wird anstelle eine Paraphrase wiedergegeben:
Der Klient beschreibt detailreich und ausführlich, wie er die die letzten Wochen vergeblich versucht hatte, einen Platz in einer Klinik zu erhalten, damit er seine Morphinabhängigkeit behandeln kann. Dadurch, dass der Klient nicht wie geplant eintreten habe können, sei seine Kalkulation mit dem Geld nicht aufgegangen. Er beschreibt, dass die Situation für Ihn nun unglaublich frustrierend sei und er nicht mehr weiter könne. Er beschreibt, dass er ausserdem an Panikattacken und Angstzuständen leide. Diese würden das Warten auf einen Klinikeintritt zusätzlich erschweren. Er spiele deshalb mit dem Gedanken, sich von einem Auto anfahren zu lassen, damit er wenigstens endlich in eine Klinik könne. Er bittet um eine Vorleistung der Sozialhilfe, damit er die Verzögerung bis zum Therapiebeginn überbrücken kann. Abschliessend verneint er explizit suizidale Absichten oder damit zu drohen.
Die SAIA ist Montag und Dienstag abwesend, weil sie Vorlesungen an der Fachhochschule besucht. Bevor sie auf die Mail vom Sonntag antworten kann, erhält sie vom Klienten am Dienstagmorgen, 29. Mai nochmals eine Mail:
In dieser handelt es sich um eine Weiterleitung einer Mail an seinen Hausarzt, in der er diesen um einen Termin bittet und darauf hinweist, dass er von einer neuen Sozialarbeiterin betreut wird. Er richtet sich auch direkt an die SAIA und entschuldigt sich für die intensive Benachrichtigung. Er informiert sie in drei Zeilen, dass er “unglaublich nervös” sei und seit Tagen nicht schlafen könne. Er würde in der nächsten Woche in die Klinik gehen und benötige noch ein letztes Mal ausserordentliche Hilfe.
Die SAIA antwortet dem Klienten 20 Minuten später in drei kurzen Sätzen:
Guten Morgen Herr X
Entschuldigen Sie die Verzögerung meiner Antwort. Die Fallübergabe hat erst heute Morgen stattgefunden.
Ich bitte Sie darum, heute um 15.30 Uhr kurz zu mir zu kommen (Büro XY). Vielen Dank für Ihre rasche Bestätigung.
Freundliche Grüsse
Darauf antwortet der Klient nochmals in einer kurzen Mail, in der er auf die Dringlichkeit der Vorleistung von CHF 100.- hinweist, worauf die SAIA entgegnet, dass sie keine Vorleistungen mehr gewähren könne, sondern höchstens Caritas Gutscheine ausbezahlen dürfe.
Schliesslich schreibt die SAIA nach zwei Stunden dem Klienten eine Mail, in dem sie ihm mitteilt, dass sie den Termin absagen möchte:
Die SAIA erklärt, dass sie den Termin absagen möchte. Sie denkt, dass ein Gespräch weder für den Klienten noch für sie selber förderlich sei. Zum einen erklärt sie, sie und der Klient würden sich in einer Dilemma Situation befinden, weil sie keine Vorschüsse mehr geben könne. Zum anderen würde sie seine Mails als Drohung empfinden, welche sie in eine “extrem schwierige und heikle Lage versetzen” würden.
Der Klient antwortet darauf mit einer E-Mail von wiederum etwa einer A4-Seite Umfang, in der er erläutert, dass er mit der Vorleistung gerechnet hatte, weil dies mit dem zuvor fallführenden Sozialarbeiter so abgesprochen wurde.
Ab diesem Punkt kommt die SAIA mit dem Fall zum PA, weil sie nicht mehr weiss, wie sie auf diese E-Mail antworten soll.