Ausbildungsgespräch führen / Instrumente zum Aufbau einer konstruktiven Arbeitsbeziehung zur Klientin erarbeiten

Stichwörter:

Die Situation spielt sich in einem Heim für stationäre Jugendhilfe ab. Der Student begleitet seit sechs Monaten ein 16-jähriges Mädchen in der Bezugspersonenarbeit. Die Arbeit mit ihr zeigt sich als herausfordernd, da sie schüchtern und verschlossen ist und meistens vermeidendes Verhalten aufweist. Zum Beispiel hat sie in der Schule immer wieder unentschuldigte Absenzen, obwohl ihr des Öfteren gesagt wurde, dass sie nach 15 Absenzen von der Schule fliegt. Auch lässt sie sich schwer auf das Leben der Jugendwohngruppe ein und missachtet immer wieder die Rückkehrzeiten. Diese Verhaltensweisen tragen Konsequenzen. Es zeigt sich, dass das Hauptproblem der Klientin die fehlende Erkentniss für eben diese Konsequenzen ihres Verhaltens ist. Spricht man sie darauf an, entzieht sie sich dem Gespräch oder schweigt. 

Die PSA will nun mit dem Studenten einen Weg finden, der Klientin in einer anderen Art und Weise verständlich zu machen, was von ihr erwartet wird und was passiert, wenn sie nichts an ihrem Verhalten ändert. Im Gespräch werden mehrere Möglichkeiten besprochen; am Schluss kristallisiert sich die Lösung eines Mind Maps als beste Form der Vermittlung heraus. Der Student will der Klientin mit einer Mind Map Zeichnung aufzeigen, welche Folgen und Wechselwirkungen ihr Verhalten auf ihr eigenes Leben hat. Dies in den Hauptbereichen von Schule und Jugendwohngruppe. Kann sie die Schule nicht regelmässig wahrnehmen, fliegt sie raus. Der Schulausschluss hat zur Folge, dass ihr Traum, eine Lehre zu machen in die Ferne rückt. Zudem gefährdet eine fehlende Tagesstruktur ihre Platzierung auf der Gruppe. 

Ihre fehlende Teilnahme am Gruppenleben und Einhalten des Regelwerks erschweren die Arbeit mit ihr und führen dazu, dass auch hier ihre Platzierung gefährdet ist. Einen Ausschluss aus der Gruppe bedeutet, dass sie zurück zu ihrer Mutter muss. Diese Beziehung ist höchst konflikthaft und es wäre mehr als suboptimal, wenn die Klientin rückgeführt werden müsste. 

Der Student ist nach vielen gescheiterten Gesprächsversuchen entmutigt und unmotiviert.

Begrüssung, Orientierung

Nach der Begrüssung zum PA Gespräch befragt die PA den Studenten, wie sich die aktuelle Situation verhält und wo genau die Hauptproblematik liegt. 

Reflection in Action

  • Emotion SpiA: Der SpiA ist unsicher und nervös. Er hat Angst, dass er den Anforderungen nicht genügt, weil er es einfach nicht schafft, zu seiner Bezugsjugendlichen eine konstruktive Beziehung aufzubauen.
  • Emotion Professionelle/r: Die PSA ist irritiert. Sie hätte vom Student mehr Geduld und Empathie erwartet, denn dies sind die Kernkompetenzen des Berufs.
  • Kognition Professionelle/r: Die PSA ist etwas ratlos. Sie weiss gerade nicht, wie sie ihm noch verständlich machen kann, dass Jugendliche nur wenig bis gar nicht langfristig denken.

 

Analyse Problem, Auffangen der Frustration

Der Student ist nach vielen gescheiterten Gesprächsversuchen entmutigt und unmotiviert. Die PSA zeigt ihm die Perspektive der Klientin auf.

Reflection in Action

  • Emotion SpiA: Der SpiA fühlt Frustration, Resignation und keine Motivation.
  • Emotion Professionelle/r: Die PSA empfindet Ungeduld, fühlt sich aber auch empathisch dem Klient gegenüber mit dem Wissen, dass die ersten Misserfolge schwer auszuhalten sind.
  • Kognition Professionelle/r: Die PSA ist zwar etwas ratlos über die Haltung des Klienten, ist aber gewillt, ihn mit all ihren Ressourcen zu unterstützen.

 

Lösungsorientierte Vorschläge

Die PSA will nun mit dem Studenten einen Weg finden, der Klientin in einer anderen Art und Weise verständlich zu  machen was von ihr erwartet wird und was passiert, wenn sie nichts an ihrem Verhalten ändert.  

Reflection in Action

  • Emotion SpiA: Der SpiA fühlt sich besser verstanden und etwas erleichtert.
  • Emotion Professionelle/r: Die PSA fühlt sich ernst genommen und entsprechend wieder motiviert
  • Kognition Professionelle/r: Die PSA kann in der neuen, leichteren Atmosphäre des Gesprächs konstruktive Lösungsansätze anbieten

 

Positives Resultat

Für den Student ist es ein kleines Erfolgserlebnis. Auch wenn er sich wünscht, dass die Entwicklung schneller voran geht, so kann er sich nach dem Gespräch mit seiner PSA in die Klientin hineinversetzen und ihr die benötigte Zeit für ihre Schritte geben. Da nun ein kleiner Fortschritt ersichtlich ist, kommt auch seine Motivation in der Bezugspersonenarbeit etwas zurück.  

Reflection in Action

  • Emotion Spia: Der Spia fühlt sich stolz und motivierter.
  • Emotion Professionelle/r: Die PSA fühlt sich ebenfalls stolz und hat Freude.
  • Kognition Professionelle/r: Die PSA kann Lob aussprechen und die neu entfachte Motivation damit nähren.

 

5.1      Erklärungswissen – Woraus entsteht der Konflikt zwischen SpiA und Klientin? Warum scheut die Klientin ein offenes Gespräch, respektive eine Konfrontation?

  • Übertragung – Gegenübertragung : alte Muster von schwierigen Beziehungserfahrungen werden allenfalls getriggert. Die Konstellation Mann/Frau kann im Falle von Beziehungsabbrüchen und schwierigen Konfrontationen in dieser Konstellation zur Übertragung und Gegenübertragung führen. Theoretischer Aspekt aus dem Vortrag von H.Holderegger (2014): Die Übertragung verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart und macht verständlich, welchen Einfluss vergangene Konflikte und Traumata auf unser tägliches Leben haben. Die Trauma-Übertragung zeigt deutlich, dass abgespaltene, dissoziierte innere Szenen immer wieder ins aktuelle Leben einzubrechen drohen, im Sinne eines Drangs nach Weiterentwicklung erstarrter Affekte und innerer Bilder.Es gibt kein aktuelles Erleben ohne Verbindung zur Erinnerung; vergangene Erfahrungen werden in die aktuell erlebte Gegenwart übertragen und die entsprechende Reaktion, die Gegenübertragung von davon betroffenen Beziehungspartnern, steht damit in mehr oder weniger engem Zusammenhang. Es geht also bei einer Übertragung um die Neuinszenierung von Erinnerung unter veränderten äusseren Bedingungen, um einen Vorgang, der unbewusst abläuft und sich ständig wiederholt (Barwinski, 2010). 

 In der gegebenen Situation ist es konkret sicht- und spürbar, dass die Jugendliche sich männlichen Autoritätspersonen kaum öffnen kann. Ihre Kindheit und die Beziehung zum Vater sind sehr unklar, sie hat kaum Kontakt zum Kindsvater. Allenfalls fanden dort Enttäuschungen, Abweisung oder gar Verletzungen statt. So wäre ihre Vermeidung und Misstrauen gegenüber dem Spia erklärbar, dass sie eine alte Erinnerung oder ein altes Muster im Zusammenhang mit der Vaterfigur auf den Spia überträgt. Es ist möglich, dass sie grundsätzlich bei männlichen Gegenübern ihre vergangenen Erfahrungen mit solchen in die Gegenwart und auf die aktuell betroffene Beziehungsperson überträgt.

  • Sozialisation und Handlungskompetenz Jugendlicher mit Migrationshintergrund: Laut Prof.Dr.Leonie Herwatz-Emden und Dieter Küffer (2006) haben Jugendliche mit einem Migrationshintergrund zusätzlich zu den altersadäquaten Entwicklungsaufgaben sehr spezifische Leistungen zu erbringen. Dazu zählt nicht nur die neue Sprache sondern auch spezifische Wissensbereiche oder der Erwerb von Kulturtechniken (z.B. Lesen und Schreiben in der zweiten Sprache) sowie das Erlernen und Verstehen von Werten, Normen, Symbolen und Verwaltungsstandards, welche in das bereits existierende, heimische Werte – und Normsystem integriert werden müssen. Dies bildet die Grundlage für eine gelingende und bikulturelle Identitätsentwicklung welche kulturelle Gegensätze positiv verarbeiten kann. Wie bereits erwähnt hat die Zweitsprache und die Beherrschung dieser einen zentralen Einfluss auf das Leistungsbild und der damit verbundenen Akzeptanz der Mitmenschen, was schlussendlich zu einem guten oder – bei Defiziten in der Sprache des Aufnahmelandes – zu einem mangelnden Selbstwertgefühl führen kann (vgl. Hopf 2005). Hier können Jugendliche mit Migrationshintergrund im schulischen wie auch im ausserschulischen Kontext ein sogenanntes negatives ‘Social Mirroring’ erfahren; wenn ihnen ihre soziale Umwelt in vielfältigen Interaktionen nicht den angemessenen Respekt bezeugt, bzw. sie mangeldne Akzeptanz erfahren oder gar Diskriminierung aufgrund ihrer Unterschiede (Auernheimer u.a. 1998; Gomolla/Radtke 2000; Suarez-Orozco 2000). Der Sozialisationsrahmen den die Aufnahmegesellschaft ihnen bietet scheint damit aus den genannten Gründen fürJugendliche mit Migrationshintergrund eingeschränkt zu sein. Mangelnde Handlungskompetenz in den verschiedenen Handlungsfeldern – möglicherweise weil die kulturellen Skripte, die Kinder gelernt haben, andere sind – führt wiederum zu Defiziten und einem mangelnden Selbstwertgefühl (vgl Schwarzer/Jerusalem 2002).

In der gegebenen Situation ist eine Sprachbarriere vorhanden und das Unverständnis für die Erwartungen, Regeln, Normen und Werte im neuen Land. Die Jugendliche lebt erst seit drei Jahren in der Schweiz und trotz ihres einwandfreien Schweizerdeutschs ist ihr Wortschatz sehr klein und Personen, die komplexes Hochdeutsch sprechen versteht sie nicht. Dies wagt sie aber nicht zu kommunizieren, sondern entzieht sich den Situationen einfach. Ein ähnliches Unverständnis besteht womöglich mit den kulturellen Unterschieden und dem Sozialsystem. Die Jugendliche berichtet oft von der offenen und direkten Art und Weise der Menschen in Venezuela und von dem farbigen Leben dort, das sich vor allem spielend und tanzend auf den Strassen abspielt. Sie kennt die Regeln und Normen ihres Landes und ist mit den Werten ihrer venezolanischen Familie aufgewachsen. Die Reserviertheit und Verschlossenheit der Schweizer und Schweizerinnen ist ihr fremd und verunsichert sie zutiefst. In der Annahme, dass die Menschen hier unfreundlich sind und sie nicht wollen, zieht sie sich zurück und öffnet sich nur ganz wenigen Menschen. Hier zeigt sich deutlich das verminderte Selbstwertgefühl und eine stark eingeschränkte Handlungskompetenz aufgrund von mangelnden positiven Rückmeldungen ihrer Mitmenschen oder  aber Diskriminierungen von Teilen der Lehrerschaft. Das Sozialsystem der Schweiz ist ihr absolut fremd, weil sie mit ihren 16 Jahren und aus einem fremden Land keine Idee davon hat und in ihrer Handlungsfähigkeit noch nicht reif genug ist um die Selbstverantwortung zu verstehen geschweige denn wahrzunehmen. Sie ging in Venezuela zur Schule und mehr war nicht Thema. Das Erwachsenwerden zusammen mit ihrem Migrationshintergrund scheint sie zu überfordern und zu verängstigen – ihre Bewältigungsstrategie ist die Vermeidung.

 

5.2      Interventionswissen – Wie kann ich als professionelle Fachperson eine konstruktive Arbeitsbeziehung aufbauen?

  • In ‘Didaktik und Evaluation in der Psychologie’ (Krampen/Zayer, 2006) beschreibt Hans-Jürgen Balz das Mindmapping als ein Instrument, welches als Ziel hat, Unterstützung für den Verstehens – und Aneignungsprozess zu bieten. Diese Prozesse werden durch die Visualisierung, welche das Mindmap bietet, gefördert. In der Gedächtnisforschung hat sich in Folge der Untersuchungen von Sperry (1968) und Gaszungia (1970) die Vorstellung durchgesetzt, dass die Modalität des Lernmaterials (semantisch, numerisch, visuell) wesentlichen Einfluss auf die Informationsverarbeitung hat. Zudem kann neben der Aneignungs- auch die Unterstützung von Memorierungsstrategien durch Visualisierungsmethoden als belegt gelten. Buzan und Buzan (2002) beschreiben das Mindmap als graphische Technik zur Steigerung der geistigen Speicherkapazität, der Erinnerungsleistung und der Kreativität von Denkprozessen.

In der gegebenen Situation dient das Mindmap als Hilfsmittel für die Jugendliche um bildlich darzustellen, wo sie in ihrem System steht und welchen Einfluss ihre Taten und Verhaltensweisen auf ihre Umwelt haben. Beispielsweise steht sie als Jugendliche in Verbindung mit der Schule, welche sie nicht regelmässig besucht. Diese Absenzen haben zur Konsequenz, dass sie allenfalls von der Schule fliegt. Dieses Geschehnis hätte zur Folge, dass sie ihrem Traum, eine Lehre zu machen, einen Stein in den Weg legt. Als nächste Wechselwirkung wäre die Gefährdung ihrer Platzierung auf der Jugendwohngruppe, weil diese eine anerkannte Tagesstruktur voraussetzt. Diese Visualisierung soll ihr behilflich sein, die Auswirkungen und Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Säulen und vor allem von ihr ausgehend zu verstehen und in Erinnerung zu behalten. Es ist eine Unterstützung des Verstehens und des Aneignens von Selbstverantwortung, die sie in der aktuellen Situation anfangen muss wahrzunehmen. 

  1. Der Prozess der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg besteht aus vier Komponenten: 1. Beobachten / 2. Gefühle / 3. Bedürfnisse / 4. Bitten
  2. Bei der ersten Komponente, dem Beobachten geht es darum, die Situation von aussen zu betrachten und zu sehen was tatsächlich geschieht, ohne zu bewerten oder zu beurteilen. Übertragen auf die Situation ist es hier für den Spia wichtig, dass er das Verhalten der Jugendlichen ohne Bewertung beobachtet und erst mal Raum lässt, um zu verstehen was eigentlich passiert, ohne sie zu verurteilen. Dies gibt ihr umgekehrt Raum, sich nicht überrumpelt, bewertet oder verurteilt zu fühlen und sie kann die Situation von ihrem Standpunkt aus beobachten.
  3. Bei der zweiten Komponente, den Gefühlen geht es darum, die Gefühle zu formulieren, welche aus der Beobachtung entstehen. Wenn der SpiA mit der Klientin über die Beziehung arbeitet, dann kann er ihr gut seine Gefühle mitteilen. Allenfalls ergibt sich daraus ein Gespräch, bei welchem sie sich sicher genug fühlt, um auch ihre Emotionen zu formulieren. Dies hilft, das Vertrauen zu vertiefen und eine Atmosphäre zu schaffen, bei welcher sich beide Gesprächspartner wohlfühlen.
  • Bei der dritten Komponente, den Bedürfnissen geht es darum mitzuteilen, welche Bedürfnisse hinter diesen Gefühlen stehen. Der SpiA kann dabei beispielsweise formulieren, dass er durch ihr Vermeidungsverhalten verunsichert ist und dass sein daraus resultierendes Bedürfnis mehr Offenheit von ihrer Seite wäre. Die Klientin kann auf der anderen Seite sagen, dass sie die Gespräche überfordern und sie dann das Bedürfnis hat, in Ruhe gelassen zu werden. Aus diesen Bedürfnissen kann vorerst gegenseitiges Verständnis und Einsicht geschaffen werden.
  • Die vierte Komponente – das Bedürfnis – bezieht sich darauf, was wir vom anderen wollen, dass unser beiden Leben schöner wird. Was kann er oder sie konkret tun um unsere Lebensqualität zu verbessern? Somit geht es in der GFK darum, meine vier Informationsteile zu vermitteln und im Gegenzug zu erfahren, was mein Gegenüber fühlt und braucht um sich besser zu fühlen. Diese Methode wird in der benannten Situation von grosse Bedeutung sein, da sich deutlich zeigt, dass beide Gesprächspartner voneinander irritiert sind und nicht das vom anderen bekommen, was sie brauchen um sich wohlzufühlen. Der SpiA kann mitteilen, dass er sich wünscht, dass sie sich ihm und ihren Gesprächen gegenüber offener zeigt und versucht, sich im Prozess mit einzubringen. Dies wäre der erste Schritt einen Teil Selbstverantwortung zu übernehmen. Umgekehrt kann sie ihrer Bezugsperson mitteilen, dass sie sich zwar bei weiblichen Personen wohler fühlt, aber versuchen wird sich auf ihre Arbeitsbeziehung einzulassen unter der Bedingung, dass er nicht jedes Mal, wenn er in den Dienst kommt, mit ihr ein Bezugspersonengespräch führen will. Schaffen sie es, sich gegenseitig die vier Komponenten mitzuteilen, ist die Chance gross, dass sie einen gemeinsamen Weg in ein konstruktives und fruchtbares Gespräch und somit zu einer kooperativen Arbeitsbeziehung finden.  

 

5.3      Erfahrungswissen – Woran erinnere ich mich, was kenne ich aus ähnlichen Situationen?

  • Schöpfen aus der Erfahrung, dass Konfrontation Verweigerung auslösen kann 
  • Kleinziele setzen und regelmässig überprüfen – PA mit SpiA und SpiA mit Klientin
  • Rolle/Erwartungen klären: Erwartungen des SpiA an sich selber – an die Klientin – ans Team. Umgekehrt die Erwartungen der PA und des Teams an den SpiA
  • Haltung klären als Grundstein, Kontext geben für Verständnis für die Situation der Klientin → weniger ist mehr!
  • Die Erfahrung machen und daraus lernen, dass es eine Fehlerkultur gibt, dass Selbstüberschätzung oftmals zu Frust führt. Sich ‘erlauben zu lernen’ und regelmässig Selbstreflexion anwenden

 

5.4      Organisations- und Kontextwissen – Welche Rahmenbedingungen beeinflussen mein Handeln?

  • Leitbild der Institution: Die Institution arbeitet unter anderem mit den Werten Schutz von Würde und Integrität, Wertschätzung, Authentizität und Beteiligung. In der Arbeit mit den Jugendlichen und spezifisch in der gegebenen Situation ist es wichtig, diese Werte in das Handeln einfliessen zu lassen und damit zu arbeiten. Die Jugendliche soll spüren, dass sie an einem sicheren Ort ist und hier geschützt und wertgeschätzt wird, ungleich ihres Eindrucks im neuen Land, dass sie eine Aussenseiterin sei.  Zum Aufbau der kooperativen Arbeitsbeziehung gehört Authentizität dazu – beide Seiten sollen ihre Persönlichkeit mit Stärken und Schwächen zeigen können. Dies verbessert das gegenseitige Verständnis und die Wertschätzung des Gegenübers. Ausserdem ist die Beteiligung ein wertvolles Instrument für den Aufbau der Beziehung. Einseitiges Interesse und Initiative sind suboptimal und führen zum Vermeidungsverhalten. Die Klientin bekommt das Gefühl, dass der SpiA sie immer zu Gesprächen zwingen will. Sie soll selber das Interesse finden, den Austausch anzunehmen und zu ihren Gunsten zu nutzen. Die Jugendliche wird somit mit dem Wert der Beteiligung aufgefordert sich ebenso einzubringen, ihre Wünsche und Gedanken äussern zu dürfen und damit den Weg zum Ergebnis mit steuern zu können.
  • Zeitliche und Leistungsvorgaben der Fachhochschule: Der SpiA hat zusammen mit seiner PA zu Beginn des Semesters die Kompetenzerwerbung geplant. Dabei ist ein Schwerpunkt die Bezugspersonenarbeit; spezifisch die Zielsetzung mit der Klientin und die Ausarbeitung der Teilschritte im Kontext einer vertrauensvollen Arbeitsbeziehung mit der Bezugsjugendlichen. Es geht im aktuellen Fall nicht darum, dass alles harmonisch abläuft und der SpiA die perfekte Arbeitsbeziehung präsentieren kann. Vielmehr geht es darum, wie er in einer schwierigen Phase wie dieser einen konstruktiven und professionellen Umgang mit der Situation und der Jugendlichen findet. Es ist wichtig, dass der SpiA aufzeigen kann, welche Methoden er in der Situation anwendet und wie er bei Schwierigkeiten damit umgeht. Da es eine zeitliche Vorgabe der Fachhochschule gibt, ist es unabdingbar, dass er sich auch schwierigen und unangenehmen Situationen umgehend stellt und diese nicht hinausschiebt.

 

5.5      Fähigkeiten – Was muss ich als professionelle Fachperson können?

Empathie, Selbstregulation, Wissen um Wissensbeschaffung

  • Improvisation innerhalb der Gesprächsführung 
  • Richtiges Einsetzen und Abrufen der Wissensressourcen
  • Vertrauen schaffen 

 

5.6      Organisationale, infrastrukturelle, zeitliche, materielle Voraussetzungen – Womit kann ich handeln?

  • Konzepte
  • Infrastruktur für ein ungestörtes und konstruktives Gespräch in ruhiger Atmosphäre schaffen
  • Zeitrahmen einplanen und verbindlich einhalten

 

5.7      Wertewissen – Woraufhin richte ich mein Handeln aus? Welches sind die zentralen Werte in dieser Situation, die ich als handelnde Fachperson berücksichtigen will?

  • Wohlwollen und Unterstützung dem Klientel gegenüber
  • Beziehung/Vertrauen und damit verbunden konsequentes Handeln (positiv wie negativ)
  • Gegenseitige Verlässlichkeit  

Einstellung und Haltung zum Rollenbild und Fehlerkultur des Studenten ungenügend oder zu spät geklärt – hier müssen die Erwartungen im Spannungsfeld HS, Praxisausbildungsplatz, PA und Studi von Anfang an klar besprochen werden.

Methoden und Gefässe zur Selbstreflexion wurde zu wenig genutzt. Nähere Begleitung von Anfang an durch die PA um die Reflexionsfähigkeit zu fördern. PA als Gestalterin des Lernprozesses mehr in die Verantwortung gehen.

Stagnation wurde zeitnah erkannt, worauf schnell reagiert werden konnte. Lernanregungen wurden diskutiert (Mindmap) und intergiert.

Thematisierung und Klärung der Haltung und des Rollenbilds inklusive Fehlerkultur zu Beginn der Zusammenarbeit und/oder bei Bedarf 

Erwartungen und Haltungen sind thematisiert und werden anhand eines Lernjournals, mit Einbezug von Theorien, dokumentiert/reflektiert und überprüft.

Austausch auf Teamebene in Bezug auf Haltungen, Möglichkeiten und Grenzen der Profession im stationären Kontext, Hinzunahme von Supervision

PA geht mit dem Student die bis anhin erlernten Theorien durch und sortiert aus, welche in diesem Fall von Nutzen sein können und zur Anwendung kommen können. Es werden entsprechende Handlungsschritte geplant, nah begleitet und überprüft. Im Prozess können weitere/andere Methoden oder Theorien hinzugefügt und angewendet werden.

Klarere Theorie-Praxis-Relationierung muss stattfinden. Was kennen wir von der Theorie, welche Ansätze/Methoden sind möglich und wie können sie vom Student in der Praxis, in der Gesprächsgestaltung mit der Klientin angewendet werden? Allenfalls praktizieren in einem Rollenspiel.

  • Holderegger, H. (2014). Die Bedeutung der Übertragung und der Gegenübertragung im Alltag und in der Psychotherapie. Psychotherapie-Wissenschaft, Bd.4, Nr 1 (2014), 35-42. Abgerufen von https://www.psychotherapie-wissenschaft.info/index.php/psywis/article/view/161/204
  • Herwartz-Emden, L.; Küffner, D. (2006). Schulerfolg und Akkulturationsleistungen von Grundschulkindern mit Migrationshintergrund. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft Volume 9 (2), 4-5. Abgerufen von https://www.deepdyve.com/lp/springer-journals/schulerfolg-und-akkulturationsleistungen-von-grundschulkindern-mit-nvPRyT1N0w?
  • Krampen, G.; Zayer, H. (2006). Didaktik und Evaluation in der Psychologie. In H-J. Balz,  Mindmapping zur Selbstanalyse im Lernprozess, (309). Göttingen: Hogrefe Verlag GmbH & Co.KG
  • Rosenberg, M.B. (2013). Gewaltfreie Kommunikation (11. Auflage). Paderborn: Junfermann Verlag.

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